Investitionsrechnung in der Landwirtschaft
DLG-Merkblatt 446
Autoren:
- Ausschuss für Wirtschaftsberatung und Rechnungswesen
- Dr. Andreas Freitag, Neue Landbuch Gesellschaft mbH & Co. KG, Verden
- Dr. Torben Tiedemann, Landwirtschaftlicher Buchführungsverband, Kiel
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung: Wozu Investitionsrechnung?
2. Zahlungen – der wichtigste Input für die Investitionsrechnung
2.1 Investition als Folge von Zahlungen
2.2 Große und kleine Investitionen und wie Sie Investitionsrechnung dabei nutzen können
2.3 Hier geht es nur um Zahlungen – nichts anderes!
2.4 Helfen die Zahlen der Buchführung?
2.5 Schwarze oder rote Zahlen: Steuern machen oft den Unterschied!
3. Weitere Inputs für die Investitionsrechnung
3.2 Die Laufzeit – der lange Atem der Investition
3.3 Rechnen Sie genau – aber nicht zu genau!
4. Die Ergebnisse der Investitionsrechnung
4.1 Zwei Zahlen genügen und Sie sehen sofort, ob Ihre Investition sich lohnt!
4.2 Alle Eventualitäten berücksichtigen: Ein Ergebnis/mehrere Ergebnisse (Szenarien)
4.3 Ganz sicher geht nur, wer gar nicht geht
4.4 Nachkontrolle tut Not – denn es kommt oft anders als man denkt
4.6 Investitionsrechnung für Fortgeschrittene – der volle Finanzierungsplan
1. Einleitung: Wozu Investitionsrechnung?
In wohl keinem anderen Wirtschaftssektor gibt es solche Einkommensschwankungen wie in der Landwirtschaft – allein von den wetterbedingten Unwägbarkeiten und Verlusten weiß jeder Landwirt ein Lied zu singen. Was aber, wenn alles gut läuft und ein gutes Einkommen erzielt wird? Soll man das Geld für private Zwecke ausgeben – sich z. B. eine Kreuzfahrt gönnen? Oder den Mitarbeitern eine Prämie zahlen? Oder sollte man lieber an den Betrieb denken und das Geld zurücklegen oder investieren?
Bei allen größeren Investitionen wird es kaum ohne Fremdkapital abgehen. Dann stellt sich noch mehr die Frage: Lohnt sich die Investition? Oder begebe ich mich aufs Glatteis und gefährde den ganzen Betrieb?
Diese Entscheidungen kann dem Unternehmer letztlich keiner abnehmen, sie hängen zu sehr von den individuellen Gegebenheiten, Wünschen und Vorlieben ab.
Jedoch können solche Entscheidungen wirksam durch geeignete Rechenverfahren unterstützt werden. Investieren ist immer mit Unsicherheit und Risiko verbunden. Wer nichts wagt, der nichts gewinnt! Investitionsentscheidungen haben oft weitreichende Auswirkungen und sollten daher nicht nach dem Horoskop oder alleine aus einem „Bauchgefühl“ heraus fallen. Die Investitionsrechnung hilft, solche Entscheidungen mit Zahlen zu untermauern und gibt damit ein Mehr an Sicherheit – nicht nur für den Betriebsleiter, sondern auch für Banken, Gesellschafter oder andere Geldgeber.
Die in diesem Merkblatt verwendeten Beispielrechnungen dienen nur zur Veranschaulichung des Verfahrens der Investitionsrechnung und liefern keine allgemeingültigen Aussagen. So hängt insbesondere der zur Veranschaulichung aufgeführte Vergleich zwischen Kauf und Miete in der Praxis immer von den Zahlen des konkreten Einzelfalls ab.
2. Zahlungen – der wichtigste Input für die Investitionsrechnung
2.1 Investition als Folge von Zahlungen
Investition kann klassisch als Umwandlung von Kapital in Vermögen angesehen werden. Statt dieser „statischen“ und allgemein gehaltenen Sichtweise wird heute im Rechnungswesen die „dynamische“ Sichtweise bevorzugt: Investition als eine Abfolge von Zahlungsströmen. Die Investitionsrechnung betrachtet demnach folgende Fragestellungen:
- Welche Zahlungen (Auszahlungen) erfordert eine Investition?
- Welche Zahlungen (Einzahlungen) erbringt eine Investition?
- Wie sind diese Zahlungen über die Jahre verteilt?
- Wie kann ich daraus ableiten, ob die Investition sinnvoll ist?
Vergleich Kauf oder Miete einer Alarmanlage – ohne Berücksichtigung von Zinsen
Investitionen sind immer mit Auszahlungen (Ausgaben) verbunden – welche Einzahlungen (Einnahmen) anfallen, ist aber oft schwer oder gar nicht zu beziffern. Beispiel: Alarmanlage für einen Stall. Ihr Nutzen ist sicherlich vorhanden – jedoch vernünftig nicht geldmäßig darzustellen. Die Alarmanlage muss aber sein, alleine schon aufgrund rechtlicher Vorschriften. Wie bei jeder Investition gibt es auch hier Beschaffungsalternativen. So auch hier: Kaufen oder Mieten? Zunächst ist es wichtig, alle in Zusammenhang mit der Investition anfallenden Zahlungsströme zu berücksichtigen. Anders als z. B. bei einer Photovoltaik-Anlage bringt die Investition in eine Alarmanlage keine laufenden Einzahlungen.
Verglichen werden also beispielsweise:
- Miete („Rundum-Sorglos-Paket“ incl. Wartung, Kontrollen durch Elektrofachkraft) und
- Kauf (einmalige Anschaffungskosten, laufende Kosten für Wartung/Kontrolle wie oben)
über einen ausreichend langen Zeitraum, hier 10 Jahre.
Die laufenden Kosten für Miete und Wartung/Kontrolle werden pro Jahr angesetzt. Hier jedes Jahr denselben Betrag anzusetzen, wäre unrealistisch. Personalkosten sind bei Wartungsanbietern der Hauptposten, so dass sich schon dadurch eine Steigerung von Jahr zu Jahr ergibt. Wenn ein Wartungsvertrag abgeschlossen wird, dann ist dessen Laufzeit gewöhnlich befristet. Daher ist damit zu rechnen, dass es im betrachteten Zeitraum von 10 Jahren nicht nur zu regelmäßigen Preissteigerungen kommt, sondern auch zu Preissprüngen. Um unser Rechenexempel möglichst realistisch, aber auch einfach zu halten, wird neben der jährlichen Steigerung auch noch ein Preissprung nach dem Jahr 5 unterstellt. Da im Unterschied zum Fall „Miete“ beim Fall „Kauf“ die Alarmanlage ins Eigentum übergeht, kann sie am Ende noch „gebraucht“ verkauft werden, so dass im letzten Jahr noch eine Einnahme zu berücksichtigen ist.
Tabelle 1: Vergleich Kauf oder Miete einer Alarmanlage – ohne Berücksichtigung von Zinsen
Wie deutlich zu sehen ist, hat der „Kauf“ über alle Jahre hinweg die geringere Zahlungssumme:
Reine Zahlungsreihen – der Kauf scheint die erheblich günstigere Alternative zu sein!
Ein solcher „Kostenvergleich“ zeigt, dass die Miete über die Jahre hinweg höhere Zahlungen erfordert als der Kauf. Aber ist der Kauf wirklich günstiger? Es genügt nicht, einfach nur „Minus“ und „Plus“ gegeneinander aufzurechnen. Denn beim Kauf wird zunächst viel mehr Kapital gebunden – das man bei der Miete anderweitig verwenden könnte, z. B. für andere Geldanlagen oder um Darlehenszinsen bei anderen Finanzierungen zu sparen.
Auch für das „gebundene“ Kapital müssen also Zinsen angesetzt werden. Ein Verfahren, um die unterschiedlichen Zahlungsströme vergleichbar zu machen, ist die sogenannte Abzinsung. Je weiter man bei einer Investition Zahlungen in die Zukunft verschieben kann, desto weniger lange wird das Kapital gebunden. Durch Abzinsung wird dieser Effekt einbezogen: Je weiter eine Zahlung in der Zukunft liegt, desto schwächer wird sie insgesamt berücksichtigt: Bei einem gewählten Abzinsungssatz von 3 % werden (gerundet) im ersten Jahr noch 97 %, im zweiten Jahr 94 %, im dritten Jahr 91 % usw. berücksichtigt. Bei unserer Alarmanlage ergibt sich dann:
Tabelle 2: Abzinsung (gerundete Werte)
Tabelle 3: Vergleich Kauf oder Miete einer Alarmanlage – mit Berücksichtigung von Zinsen
Abzinsung wirkt stärker bei der Miete – daher liegen jetzt in der Summe Belastungen bei Kauf und Miete praktisch gleichauf!
Der „Kostenvergleich“ in seiner abgezinsten Form zeigt hier, dass tatsächlich der Kauf praktisch ebenso hohe Kosten verursacht – auf Grund der Abzinsung. Der Effekt der Abzinsung beginnt bereits im ersten Jahr und wird in den Folgejahren (durch den „Zinseszins“) immer deutlicher.
Interessant ist die starke Wirkung der Abzinsung: Die unterstellte Kostensteigerung von immerhin 10 € pro Jahr wird durch eine Abzinsung von nur 3 Prozent weitgehend ausgeglichen! Investitionen sind langfristig ausgelegt – und langfristig werden Zinsen zu einem ganz entscheidenden Faktor, der bei Investitionsentscheidungen unbedingt berücksichtigt werden muss.
Wie die Abzinsung sich genau errechnet, dafür reicht es, die ersten drei Jahre zu betrachten:
Tabelle 4: Genaue Berechnung der Abzinsung
Besonders klar wird das Verfahren der Abzinsung, wenn für die Finanzierung der Investition Fremdmittel benötigt werden: denn dann muss beim Kauf gleich zu Anfang die gesamte Summe finanziert werden. Wenn dafür Fremdkapital benötigt wird, muss dieses in den Folgejahren abbezahlt werden – und die Zinszahlungen dafür fallen anfangs in voller Höhe an und sinken erst allmählich. Anders bei der Variante „Miete“, auch wenn diese fremdfinanziert werden muss, so fallen die Zinszahlungen doch erst später und insgesamt geringer aus.
Rechnerisch wird bei der Investitionsrechnung so vorgegangen:
- Zahlungen in zukünftigen Jahren werden abgezinst, also um den Zinseffekt vermindert,
- das gilt in gleicher Weise sowohl für Einzahlungen als auch für Auszahlungen,
- verwendet wird mindestens der Zinssatz, der für alternative Finanzanlagen zu erzielen wäre.
Tabellenkalkulationsprogramme wie Excel sind ideal für die Investitionsrechnung geeignet und vereinfachen die Berechnungen wesentlich. Dieses Merkblatt zeigt daher nicht nur die Grundtechniken der Investitionsrechnung, sondern auch die Umsetzung im Tabellenkalkulationsprogramm. Der Aufwand ist gering, der Nutzen groß!
2.2 Große und kleine Investitionen und wie Sie Investitionsrechnung dabei nutzen können
Die Investitionsrechnung ist auf die Zukunft ausgerichtet und unterstützt den Landwirt zum Beispiel bei folgenden Fragestellungen:
- Rentiert sich eine Einzelinvestition in eine Photovoltaikanlage?
- Ist ein Investitionspaket für einen neuen Betriebszweig „Spargel“ mit zugehörigen Spezialmaschinen wirtschaftlich sinnvoll?
- Soll besser investiert oder eine Leistung eingekauft/gemietet werden?
- Welche Investitionsalternative – Schweine- oder Hähnchenstall – ist besser?
Investitionsrechnungen können für eine Vielzahl von kleinen, mittleren und großen Investitionsentscheidungen herangezogen werden. Einen Überblick vermittelt Tabelle 5:
Ob es sich um „Erhaltungsinvestitionen“ oder um „Neuinvestitionen“ handelt spielt keine Rolle, denn für beide Fragestellungen ist die Investitionsrechnung geeignet.
Auch wenn Investitionsvorhaben für die Zukunft des Unternehmens eine wesentliche Bedeutung haben können, geht es doch nie um das gesamte Unternehmen, sondern in der Regel nur um einen Teil. Je überschaubarer die mit der Investition in Zusammenhang stehenden Zahlungsströme sind und je besser sich das Investitionsvorhaben vom Gesamtunternehmen abgrenzen lässt, desto einfacher und überschaubarer wird die Investitionsrechnung.
So ist die Investitionsrechnung ideal geeignet bei Investitionsvorhaben mit wenig oder gar keiner Beziehung zum (bisherigen) Betrieb, z. B. neue PV-Anlage: die zu erwartenden Auszahlungen (Kauf PV-Module, laufende Wartung usw.) und Einzahlungen (PV-Vergütung) lassen sich hier leicht aufstellen.
Schwieriger wird es, wenn z. B. in einem Gemischtbetrieb ein neuer Schlepper angeschafft wird: Mag es noch kein Problem sein, die Auszahlungen (Ausgaben) für den Schlepper aufzustellen, aber welche Einzahlungen (Einnahmen) erbringt er? Das zu ermitteln ist hier nur ungefähr möglich. Aber auch in solchen Fällen kann die Investitionsrechnung sehr nützlich sein, indem man für die Alternativen nur die „Kostenseite“ vergleicht: Ist es zum selben Zweck besser, einen neuen Schlepper zu kaufen (hohe Anschaffungszahlungen, geringere Wartung), einen gebrauchten (niedrigere Anschaffungszahlungen, mehr Wartung) oder gleich ganz mieten (relativ gleichbleibende Ausgaben)?
Die bisherigen Tabellen mit dem Vergleich Kauf/Miete dienten nur dazu, die grundsätzliche Bedeutung der Zinsen und daraus folgend der Abzinsung darzustellen. Inwieweit bei einer solchen Entscheidung tatsächlich eine der beiden Alternativen günstiger ist, hängt von den Zahlen des konkreten Einzelfalls ab.
Es wird aber auch hier schon deutlich, dass als wirtschaftlich sinnvoll immer gilt:
- Frühere Einzahlungen (Einnahmen) sind besser als spätere und
- spätere Auszahlungen (Ausgaben) sind besser als frühere!
Bei Handlungsalternativen, die sich über die Jahre im Wesentlichen nur durch die Verteilung der zu leistenden (Aus-)Zahlungen unterscheiden, ist daher immer die Alternative am günstigsten, bei der diese nach hinten verlagert sind. „Auf die lange Bank schieben“ kann also bei Zahlungen durchaus ein wirtschaftlich sinnvolles Verhalten sein!
2.3 Hier geht es nur um Zahlungen – nichts anderes!
Die Investitionsrechnung berücksichtigt nur die reinen Zahlungsströme, also alle Einzahlungen und Auszahlungen, die mit dem Investitionsvorhaben zusammenhängen. Betrachtet man die Investition in eine PV-Anlage, so wird der gesamte Kaufpreis im Jahr des Kaufs angesetzt – ganz anders als bei der Buchführung, wo der Kaufpreis in Form der Abschreibungen über eine hypothetische „Nutzungsdauer“ verteilt wird. Die gewisse Willkür, mit der die Festlegung der Nutzungsdauern erfolgt (oft orientiert an langen „steuerlichen“ Nutzungsdauern) wird damit in der Investitionsrechnung vermieden.
Bei der Investitionsrechnung werden ausschließlich Zahlungsströme berücksichtigt, also das, was im Zusammenhang mit einer Investition eingenommen oder ausgegeben wird. Es handelt sich dabei streng genommen um Einzahlungen und Auszahlungen.
Im Rechnungswesen werden die Begriffspaare Kosten/Leistungen (Kostenrechnung) und Aufwendungen/Erträge (Gewinn-Verlust-Rechnung) verwendet. Diese Größen beinhalten auch „kalkulatorische“ Zahlen, denen keine echten Zahlungen gegenüberstehen, z. B. zählen zu den Kosten auch Lohnansätze für (nichtentlohnte) Familien-AK oder Aufwendungen für Abschreibungen. Dadurch sind diese Größen ungeeignet für die Investitionsrechnung, in der es nur um echte Zahlungsströme geht. Daher ist in der Investitionsrechnung nur von Ausgaben/Einnahmen und Auszahlungen/Einzahlungen die Rede. Streng genommen gibt es auch hier einen (zeitlichen) Unterschied zwischen beiden Begriffspaaren. Für das Rechenwerk der Investitionsrechnung spielt dieser Unterschied aber keine Rolle, so dass in diesem Merkblatt durchgehend von Einzahlungen (+) und Auszahlungen (-) die Rede ist, in der Regel gleichbedeutend mit Einnahmen und Ausgaben.
2.4 Helfen die Zahlen der Buchführung?
Die Buchführung zählt oft nicht zu den Lieblingsbeschäftigungen der Landwirte und verdirbt so manchem die Lust, sich mit betrieblichen Zahlen zu befassen. Aber selbst wenn der Anlass für die Buchführung ein steuerlicher ist, so kann sie doch auch viele betriebswirtschaftliche Aussagen liefern – man denke an die Betriebsvergleiche, mit denen Sie Schwächen und Stärken Ihres Betriebs erkennen können.
Aber es handelt sich hier um Ist-Zahlen, also Ergebnisse aus der Vergangenheit. Bei Investitionen, die der Unternehmer gerade vorab kalkulieren will, geht es um vorwärts- und zukunftsgewandte Betrachtungen – die Ergebnisse aus der „rückwärtsgewandten“ Buchführung nützen hier nichts. Es gibt aber auch in der Buchführung zukunftsgerichtete Zahlen, z. B. zu Darlehenskonten hinterlegte Tilgungspläne oder sogar ganze Planungsrechnungen. So ermöglichen Planungsrechnungen der großen landwirtschaftlichen Softwarehäuser sogar die Erstellung von Plan-Bilanzen. So ist es möglich, zu veranschaulichen, wie sich die finanzielle Situation des Betriebes in der Zukunft entwickelt. Für die Investitionsrechnung ist von Interesse, ob Sie für geplante Investitionen viel oder wenig Fremdkapital benötigen – oder vielleicht sogar alles aus eigenen Mitteln finanzieren können. Auch die zukünftigen Gewinne – und damit die Steuer bzw. der Steuersatz – können für die Investitionsrechnung von Belang sein.
2.5 Schwarze oder rote Zahlen: Steuern machen oft den Unterschied!
Steuern führen tatsächlich zu Auszahlungen (bzw. Einzahlungen bei Rückerstattungen). Es ist daher niemals falsch, Steuern jeder Art in der Investitionsrechnung zu berücksichtigen.
Bei der Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) ist zwischen Pauschalierung und Regelbesteuerung zu unterscheiden.
Bei der Regelbesteuerung ist ggf. die Steuer zunächst in den (Ein-/Aus-)Zahlungen enthalten, verursacht also echte Zahlungsströme. Jedoch wird die Steuer dann mit dem Finanzamt verrechnet und führt zum entgegengesetzten Zahlungsstrom. Auszahlungen und Einzahlungen heben sich also kurzfristig wieder auf. Bei der langfristig ausgelegten Investitionsrechnung kann daher die Umsatzsteuer auch ganz vernachlässigt werden, so dass nur mit Nettobeträgen gearbeitet wird – das muss aber dann konsequent und durchgängig erfolgen.
Bei der Pauschalierung verhält es sich ganz einfach. Es gibt hier keine Verrechnung mit dem Finanzamt und daher sollten einfach die vollen Zahlungsbeträge, also insbesondere bei den Anschaffungs-/Herstellungskosten die gesamte Summe (Bruttobeträge), angesetzt werden.
* ND = steuerliche Nutzungsdauer, nach BMF-Tabellen sind für Alarmanlagen im Bereich der Viehhaltung 6 Jahre anzusetzen
Die Einkommensteuer ist so zu berücksichtigen, wie die in Folge der Investition zu erwartenden Zahlungen ausfallen. Sonderabschreibungen, Investitionsabzugsbeträge und ähnliche steuerliche Instrumente führen dazu, dass zunächst weniger Steuern zu zahlen sind. Allerdings sind dann später grundsätzlich im selben Umfang – im Bereich der Steuerprogression sogar in größerem Umfang – wieder mehr Steuern zu zahlen. Dieser sog. „Bumerang-Effekt“ wird allerdings durch die Abzinsung verringert.
Das bedeutet: wenn die Möglichkeit zu Sonderabschreibungen usw. besteht, dann sollte dies mit den am Anfang zu erwartenden positiven Wirkungen (weniger Steuerzahlungen) und den später zu erwartenden negativen Wirkungen (höhere Steuerzahlungen) in der Investitionsrechnung berücksichtigt werden.
Bitte beachten Sie, dass die AfA (Absetzung für Abnutzung) hier nur verwendet wird, um die jährlichen steuerlichen Aufwendungen hieraus zu ermitteln und daraus die Wirkung auf die Steuerzahlungen. Letztlich gelten in der Investitionsrechnung nur die Zahlungen – und dabei wird die Anschaffung nicht verteilt über die Jahre, sondern in voller Höhe gleich am Anfang wirksam.
Im Beispiel wird von einer linearen steuerlichen AfA ausgegangen. Bei Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen und/oder Investitionsabzugsbeträgen (IAB) käme es zu anderen Verteilungen, die die Variante „Kauf“ noch etwas günstiger machen würden – inwieweit beide steuerlichen Maßnahmen sinnvoll oder überhaupt erlaubt sind, dazu sollte man den Steuerberater fragen. Im Einzelfall hängt dieses nämlich auch von den übrigen Einkünften ab, die selbst und/oder vom Lebenspartner erzielt werden.
Es zeigt sich, dass durch die Berücksichtigung der Einkommensteuer in diesem Beispiel die Mietalternative noch interessanter wird. Dies liegt vor allem daran, dass im letzten Jahr kein Gewinn aus dem Verkauf der alten Anlage zu versteuern ist.
Im Einzelfall kommt es unter steuerlichen Gesichtspunkten stark auf die Verteilung der einzelnen Zahlungen an. Bei der Mietalternative ist der steuermindernde Betrag durch die Miete fest vorgegeben. Beim Kauf gibt es durch Investitionsabzugsbeträge oder Sonderabschreibungen größere steuerliche Gestaltungsspielräume, durch die Steuerminderungen zeitlich vorverlegt werden können.
Wenn solche steuerlichen Gestaltungen möglich sind, sollten sie zusammen mit dem Steuerberater abgestimmt und mit der Investitionsrechnung die Ergebnisse (insbesondere die Kapitalwerte, siehe 4.1) für die denkbaren Fälle verglichen werden.
Festzuhalten bleibt also:
- Auch die durch Steuern ausgelösten Zahlungsströme sollten in der Investitionsrechnung unbedingt berücksichtigt werden.
- Die Steuerwirkung muss für jedes Jahr einzeln veranschlagt werden, pauschale Berechnungen für die gesamte Dauer bringen nichts.
3. Weitere Inputs für die Investitionsrechnung
3.1 Die Abzinsung – wie hoch?
Für die Höhe der Abzinsung (= Diskontierung) ist es entscheidend, ob die Investition mit eigenen Mitteln oder mit Fremdmitteln erfolgt.
a) Finanzierung aus eigenen Mitteln
Wenn genügend eigene Mittel zur Verfügung stehen, dann stellt sich die Frage: Soll damit investiert werden oder sollen die Mittel anderweitig verwendet werden? Verglichen wird also die Investition mit einer Handlungsalternative.
Als Alternative zu einer Investition kann Geld langfristig angelegt werden. Zur besseren Vergleichbarkeit sollte die mutmaßliche Laufzeit der geplanten Investition auch für die Laufzeit der zu vergleichenden, alternativen Finanzanlage gewählt werden. Beim nachfolgenden Beispiel einer PV-Anlage, bei der man realistischer Weise von 20 Jahren Nutzungszeit ausgehen kann, sollte auch zur Abzinsung der Zinssatz verwendet werden, der bei einer so langen Laufzeit erzielbar wäre.
Bei einem erzielbaren Zinssatz von 3 % ergibt sich ein Abzinsungsprozentsatz von 97 %, also Abzinsungsfaktor = 0,97. Das heißt, die Zahlungen im ersten Jahr nach der Investition werden in der Investitionsrechnung um 3 % verringert.
Bei einer Finanzanlage gibt es durch die jährlichen Zinsgutschriften im Lauf der Jahre auch Zinseszinsen. Folglich gibt es beim Abzinsungsfaktor auch im Lauf der Jahre die „Abzinsung von der Abzinsung“, so dass im zweiten Jahr nach der Investition der Abzinsungsprozentsatz 97 % von 97 %, also gerundet 94 % beträgt usw.
b) bei Finanzierung aus Fremdmitteln
In diesem Fall geht es vordringlich darum zu ermitteln, ob die Investition auch sinnvoll ist, wenn sie fremdfinanziert werden muss – und dafür mindestens die zu zahlenden Zinsen erwirtschaftet werden. Daher verwendet man in diesem Fall als Abzinsungssatz den Zinssatz, der für das Fremdkapital (Darlehen) zu zahlen wäre. Zurzeit wären das bspw. 2 %.
Es mag erstaunen, dass hier für Fremdmittel ein niedrigerer Zinssatz angesetzt wird. Zu beachten ist jedoch, dass die Mittel eines Darlehens praktisch zweckgebunden sind. Das unterscheidet sie grundlegend von eigenen Mitteln, die frei verwendbar und daher für den Unternehmer wertvoller sind – was sich im höheren Zinsansatz widerspiegelt.
Das gilt jedenfalls für die aktuelle „Niedrigzinsphase“ – die voraussichtlich noch länger andauern wird.
c) Bei gemischter Finanzierung
Wenn ein Teil der Investition aus eigenen, ein anderer Teil aus fremden Mitteln finanziert wird, dann verwendet man einen mittleren Abzinsungssatz, je nach Anteil näher an dem aus a) oder b) ermittelten Zinssatz.
Wenn in der Laufzeit des Darlehens die Liquidität so stark schwankt, dass Ausgaben abwechselnd fremd- oder eigenfinanziert werden, dann wäre es ideal, in den „guten“ Zeiten die Abzinsung wie bei a), in den „schlechten“ Zeiten wie bei b) anzusetzen. Solche Vorhersagen sind möglich (siehe 4.6), aber schwierig. Deshalb wird man häufig einen mittleren Abzinsungssatz für die gesamte Laufzeit verwenden.
Empfehlung: Berechnen Sie beide Fälle zunächst mit dem niedrigen Zinssatz und dann nochmals mit dem höheren Zinssatz. Das sollte mit einem Tabellenkalkulationsprogramm (wie Excel) kein Problem sein. Wenn sich in beiden Fällen deutlich positive Ergebnisse (gemessen am Kapitalwert, siehe unten) zeigen, dann spricht das für eine wirtschaftlich sehr sinnvolle Investition.
3.2 Die Laufzeit – der lange Atem der Investition
Die Wahl der Laufzeit einer Investition hat erheblichen Einfluss auf das Ergebnis der Investitionsrechnung. Naturgemäß gibt es bei einer Investition anfangs hohe Auszahlungen (Ausgaben), die durch die Einzahlungen (Einnahmen) im Lauf der Zeit wieder wettgemacht werden. Besonders in der Landwirtschaft kalkulierte man früher mit überlangen Laufzeiten, so dass für Investitionsvorhaben wie bei einem Milchviehstall von einer Nutzung über 50 Jahre ausgegangen wurde. Solche „Schönrechnungen“ sollten heute unterbleiben, denn wer will schon so lange warten, bis eine Investition sich rentiert? Der Planungshorizont sollte am besten nicht über 20, möglichst nicht über 30 Jahre liegen! Von einer Investition, die bis dahin nicht genügend abwirft, sollte man die Finger lassen.
Empfehlung: Wählen Sie zunächst einen Planungshorizont von 5 bis 10 Jahren. Wenn die Investition sich damit schon deutlich positiv darstellt, sollte die Entscheidung dafür leicht fallen. Je weiter der Planungshorizont darüber hinausgeht, desto höher wird das Risiko und desto höhere Risikobereitschaft ist gefordert. Allerdings hängt das stark vom Investitionsgut ab. Wenn in Grund und Boden investiert wird, bleibt das Risiko wegen des verlässlich geschaffenen Gegenwerts begrenzt. Auch wenn die Einzahlungen (Einnahmen) vertraglich oder gesetzlich hinreichend gesichert sind – wie beim nachstehenden Beispiel „PV-Anlage“ – dürfte ein 20-jähriger Betrachtungszeitraum unbedenklich sein.
3.3 Rechnen Sie genau – aber nicht zu genau!
Wie in diesem Merkblatt durchgängig verwendet, ist bei der Investitionsrechnung eine zeitliche Gliederung in Spalten angebracht, während die einzelnen Positionen der Auszahlungen und Einzahlungen als Zeilen erscheinen. Das gilt sowohl für eine Investitionsrechnung auf dem Papier, mit einer Textverarbeitung (z. B. Tabelle in Word) als auch – wie es unbedingt zu empfehlen ist – bei einer Tabellenkalkulation (Excel, Open Office usw.).
Dieser Aufbau hat den Vorteil, dass man hinsichtlich der zu berücksichtigenden Zahlungsarten, also „nach unten“, praktisch unbegrenzt ist. In der Tabellenkalkulation ist es sinnvoll, die Auszahlungen gleich als Minus-Zahlen, die Einzahlungen als Plus-Zahlen (ohne Vorzeichen = Plus) zu erfassen. Die Ergebnisse können dann einfach ohne umständliche Formeln als Summe dargestellt werden. Nicht unbedingt erforderlich, aber augenfällig und für das Verständnis hilfreich ist es außerdem, wenn Minus-Zahlen als rot, Plus-Zahlen als grün (oder schwarz) dargestellt werden.
Für die Investitionsrechnung als Zukunftsrechnung bietet sich eine Detaillierung nach Jahren an, das heißt in der Kalkulationstabelle verwendet man für jedes Jahr eine Spalte. Da Investitionsvorhaben über mehrere Jahre in die Zukunft betrachtet werden müssen, würde eine detaillierte, z. B. monatsweise, Betrachtung nur eine „Scheingenauigkeit“ vortäuschen und zu riesigen, unübersichtlichen Tabellen führen.
Eine technisch anmutende oder haarspalterisch erscheinende Frage ist jedoch von großer Bedeutung: Soll die Abzinsung bereits im ersten Jahr beginnen? Zwar ist die Abzinsung im ersten Jahr noch gering, die Zahlungen aber bei einer Investition hoch (Kauf!) und daher hat diese Frage einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Ergebnisse. Zu bedenken ist dabei, dass auch bei einer Fremdkapitalfinanzierung (Darlehen) bereits im ersten Jahr Zinsen anfallen. Das spricht grundsätzlich dafür – egal ob Fremd- oder Eigenfinanzierung – bereits im ersten Jahr abzuzinsen. Wenn man, wie üblich, bei der Investitionsrechnung zur Vereinfachung nur ganze Kalenderjahre betrachtet, dann macht es allerdings auch einen großen Unterschied, ob die Investition bereits im Januar oder erst im Dezember erfolgt. Wer es genau nehmen will, kann für das erste Jahr monatsgenau rechnen – also die Zinsen bzw. Abzinsung anteilig nur ab dem Monat mit den ersten Zahlungen berücksichtigen.
Wichtiger als die formale Gestaltung ist, wirklich alle mit der Investition zusammenhängenden Zahlungen zu erfassen. Die Zeit, die man braucht, um zu überdenken, ob man keine Zahlungen vergessen hat, ist gut investiert! So würde die schönste Investitionsrechnung für unser vorheriges Beispiel „Alarmanlage“ wenig nützen, wenn man die Zahlungen für die jährliche Wartung nicht bedacht hat. Aber es ist auch Augenmaß gefragt: Die sicherlich minimalen Stromkosten für die Alarmanlage einzubeziehen, wäre wohl übertrieben, zumal bei einem Kostenvergleich „Kauf/Miete“ die Stromkosten in beiden Fällen über die Jahre hinweg identisch sein dürften.
4. Die Ergebnisse der Investitionsrechnung
4.1 Zwei Zahlen genügen und Sie sehen sofort, ob Ihre Investition sich lohnt!
Bisher wurde von der „Investition“ in eine Alarmanlage ausgegangen, also praktisch nur eine „Kostenvergleichsrechnung“, der Vergleich der Auszahlungen. Ihre volle Bedeutung erhält die Investitionsrechnung aber erst, wenn auch die „Einnahmenseite“ berücksichtigt wird.
Die zentralen Kenngrößen der Investitionsrechnung, insbesondere Kapitalwert und interner Zinsfuß, werden nachfolgend am Beispiel einer PV-Anlage aufgeführt.
Tabelle 7: Beispiel Investitionsrechnung für eine Photovoltaik-Anlage mit Laufzeit von 20 Jahren
Annahmen:
- Fremdfinanzierung
- Zinssatz (Abzinsung) 2 %
- Laufzeit 20 Jahre
- Kaufpreis (Investitionssumme) 200.000 €
- jährliche Wartung 5.000 € (zur Vereinfachung hier gleichbleibend angenommen)
- Einzahlungen (Einnahmen) jährlich 20.000 € (zur Vereinfachung hier gleichbleibend angenommen)
* Zur besseren Übersicht bleiben der bei PV-Anlagen im Lauf der Jahre zu erwartende Anstieg der Auszahlungen für Wartung und der aufgrund der technisch
Zur Vereinfachung werden, wie hier dargestellt, üblicherweise die einzelnen Einzahlungen oder Auszahlungen nicht separat abgezinst, sondern – rechnerisch identisch – nur die letztendliche Einzahlungs-Auszahlungs-Differenz.
Auffällig ist, dass sich bereits bei diesem mit 2 % niedrigen Abzinsungssatz ein deutlicher Unterschied bei der absoluten (+100.000) und der abgezinsten Summe (+49.193) zeigt. Das abgezinste Gesamtergebnis wird als der Kapitalwert der Investition bezeichnet.
Positiver Kapitalwert ⇒ Investition wirtschaftlich sinnvoll
Negativer Kapitalwert ⇒ Investition wirtschaftlich nicht sinnvoll
Kapitalwerte von Investitionsalternativen: Der höchste Kapitalwert bei gleicher Investitionssumme zeigt die beste Alternative.
Bei höheren Abzinsungssätzen sinkt der Kapitalwert schnell ab, da die hohen Auszahlungen am Anfang wenig und die später anfallenden Einzahlungen stark abgezinst werden. Ab einem bestimmten Abzinsungssatz wird der Kapitalwert dann sogar negativ. In der Tabellenkalkulation kann dieser Zinssatz durch „Ausprobieren“ problemlos ermittelt werden. In unserem PV-Beispiel würde ab einem Zinssatz von 4,5 % der Kapitalwert negativ. Dieser Zinssatz wird als interne Verzinsung der Investition bezeichnet. Wenn die Investition aus eigenen Mitteln finanziert wird, dann bringt sie also genauso viel, wie die Geldanlage bei der Bank mit 4,5 % Verzinsung. Oder anders gesagt, erst wenn auf dem Kapitalmarkt eine langfristige Rendite über 4,5 % zu erzielen ist, dann ist es günstiger, eigene Mittel zur Bank zu tragen, statt sie zu investieren. Bei Fremdkapitalfinanzierung würde die errechnete interne Verzinsung von 4,5 % bedeuten, dass die Investition bei Darlehenszinsen (effektive Zinsen) bis zu 4,5 % noch sinnvoll wäre.
Interessant ist auch der Zeitpunkt, ab dem die bis dahin aufgelaufenen Einzahlungen die Auszahlungen (beide abgezinst) übersteigen. Wenn man beim o. a. Beispiel alle Tabellenwerte einträgt und diese für jedes Jahr aufsummiert, ergibt sich:
Tabelle 8: Ermittlung des „Pay Off“ bei der PV-Anlage
Ab dem Pay-Off-Zeitpunkt hat sich die Investition amortisiert. Der Zeitraum bis dahin – im Beispiel wären das 15 Jahre – ist die Kapitalrückflussdauer.
Diese beiden wichtigsten Kennzahlen der Investitionsrechnung, nämlich
- der Kapitalwert (Barwert) und
- die interne Verzinsung
sind als Standardfunktionen in den gängigen Tabellenkalkulationsprogrammen enthalten.
Selbst für erfahrene Anwender von „Excel & Co“ ist es allerdings nicht einfach, diese Standardfunktionen zu nutzen. Hinzu kommt, dass diese Funktionen Rechenweisen beinhalten, die unter Fachleuten umstritten sind und die oft kaum nachvollziehbar sind.
Dabei handelt es sich, wie die Tabelle 7 zeigt (siehe erste Spalte „Rechenweg“!) um einfache Rechengänge. Es wird daher oftmals einfacher sein, sich selbst die Berechnungsformeln zu erstellen. Dazu genügen Grundkenntnisse in der Tabellenkalkulation.
Eine Grafik sagt oft mehr als tausend Worte – und auch mehr als 100 Zahlen! Dafür braucht man kein Experte zu sein. So erhält man in Excel oftmals mit einem ganz einfachen „Trick“ bereits passende, aussagekräftige Grafiken: Man markiert aus dem Excel-Blatt (Wertzeile aus vorstehender Tabelle, hier grau hinterlegt) den auszuwertenden Zahlenbereich und tippt „F11“ (Empfehlung: vorher die Excel-Tabelle speichern). Man erhält auf Anhieb eine aussagefähige Grafik:
Eckwerte einer Investition
Kapitalwert
Der Kapitalwert ist die Summe aller durch die Investition verursachten Ein‐ und Auszahlungen, die auf den heutigen Gegenwartswert abgezinst worden sind. Eine Investition ist rentabel, wenn sie mindestens einen Kapitalwert von Null erreicht, denn dann erhält der Investor neben dem eingesetzten Kapital auch mindestens eine Verzinsung in Höhe des Kalkulationszinssatzes. Beim Vergleich von zwei Investitionsalternativen mit gleicher Investitionssumme ist die Investition zu bevorzugen, die den höheren Kapitalwert ermöglicht.
Interner Zinsfuß
Der interne Zinsfuß gibt an, wie hoch die durchschnittliche Rendite einer Investition ist. Rein technisch betrachtet wird der Kalkulationszinssatz ermittelt, bei dem die Rückflüsse aus der Investition genau den Anschaffungs- und Folgekosten entsprechen und der Kapitalwert der Investition somit gleich Null ist. Eine Investition gilt dann als rentabel, wenn der interne Zinsfuß größer als der Zinssatz ist, der für die Abzinsung verwendet wird. Werden zwei Investitionen verglichen, ist in der Regel die Investitionsalternative zu wählen, die einen höheren internen Zinsfuß aufweist. Ausnahmen hiervon können unter Umständen auftreten, sofern die Investitionsmöglichkeiten eine unterschiedliche Laufzeit aufweisen.
Kapitalrückflussdauer
Mit Hilfe der Kapitalrückflussdauermethode (oder Pay‐off-Methode) wird die Zeit ermittelt, nach der sich eine Investition – unter Berücksichtigung der Abzinsungswirkung – amortisiert hat. Es wird also errechnet, nach wie vielen Jahren die Rückflüsse aus der Investition ihre Anschaffungs- und Folgekosten decken. Aussagen zur Rentabilität liefert die Kapitalrückflussdauer nur, wenn eine Amortisation während der geplanten Investitionszeit nicht erreicht wird. In diesem Fall ist auch der Kapitalwert kleiner Null. Die Kapitalrückflussdauer gibt somit nicht primär Auskunft über die Rentabilität einer Investition, sondern stellt über die notwendige Zeit bis zum Rückfluss des eingesetzten Kapitals die Flexibilität der Investitionsentscheidung in den Vordergrund.
4.2 Alle Eventualitäten berücksichtigen: Ein Ergebnis/mehrere Ergebnisse (Szenarien)
Bei Verwendung von Excel oder anderen Tabellenkalkulationsprogrammen ist es einfach, durch Veränderung der Parameter optimistische und pessimistische Varianten durchzuspielen. Dabei sind nicht nur die genannten rechentechnischen Parameter der Investitionsrechnung wie insbesondere Laufzeiten und Zinssätze, sondern auch weitere, gerade im landwirtschaftlichen Bereich schwankende Größen variierbar. Bei einem Investitionsvorhaben „Schweinestall“ können pessimistische und optimistische Annahmen für Futterpreise, Tierarztkosten, tägliche Zunahmen, Tierverluste und Erzeugerpreise gemacht werden. Wenn sowohl das „worst case“ als auch das „best case“-Szenario aufstellt wird und dazu noch ein realistisches dazwischen, ergibt sich eine gute Basis für eigene Entscheidungen und zur Veranschaulichung für Geldgeber.
4.3 Ganz sicher geht nur, wer gar nicht geht
Investitionsrechnung ist Zukunftsrechnung und daher immer mit einer gewissen Unsicherheit verbunden – die zunimmt, je weiter man in die Zukunft hinein plant. Der alltägliche Sprachgebrauch unterscheidet nicht zwischen Unsicherheit und Risiko. In der Wissenschaft hingegen ist Risiko eine genau bezifferbare, „sichere“ Wahrscheinlichkeit, z. B. beim Würfeln 1/6 für die „6“ oder beim Münzwurf 50 % für Kopf oder Zahl. Unsicherheit hingegen bedeutet, dass keine sichere Aussage über Wahrscheinlichkeiten getroffen werden kann. Wer weiß schon, wie die Zinsen sich entwickeln werden? Dennoch kann bspw. ein günstiges und ein ungünstiges Szenario aufgestellt werden, wobei davon ausgegangen wird, dass beide gleich wahrscheinlich sind – so wie beim Münzwurf.
Die Investitionsrechnung berücksichtigt auf den ersten Blick nur nackte Zahlen – die „harten Faktoren“. Die Entscheidung für oder gegen eine Investition hängt aber auch von anderen („weichen“) Faktoren ab, insbesondere vom Wagemut, der individuellen Risikobereitschaft des Investors. Auf die Investitionsrechnung lässt sich auch in dieser Hinsicht Einfluss nehmen: Wer risikobereit ist, stellt Szenarien mit niedrigeren Zinssätzen und höheren Laufzeiten auf, wer gerne „auf Nummer sicher geht“, macht es anders herum.
4.4 Nachkontrolle tut Not – denn es kommt oft anders als man denkt
Wenn – unter Zuhilfenahme einer Investitionsrechnung – bereits eine Investition stattgefunden hat, kann während der Laufzeit der Investition ständig überprüft werden, ob die geplanten Zahlen eingehalten werden. Durch laufende Anpassung der Soll-Zahlen an die ggf. bereits realisierten Ist-Zahlen wird die Investitionsrechnung immer genauer und ihre Aussagen werden sicherer – und der Investor lernt für weitere Investitionsrechnungen, diese zu optimieren.
4.5 Ende gut, alles gut!
Wer wirtschaftet, muss investieren. Das gilt nicht nur bei der Gründung eines Unternehmens, sondern im gesamten Lebenszyklus eines Unternehmens. In den USA und vielen anderen Ländern ist der Lebenszyklus landwirtschaftlicher Unternehmen nicht viel anders als der gewerblicher oder industrieller Unternehmen. In Deutschland hingegen ist es weit weniger alltäglich und oftmals mit vielen Emotionen verbunden, wenn – aus welchen Gründen auch immer – die Landwirtschaft eingestellt wird. Gerade dann gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren.
Praktisch dieselbe Situation – nur in kleinerem Rahmen – stellt sich, wenn „nur“ ein Betriebszweig aufgegeben oder eingeschränkt werden soll oder muss. Oft kann oder soll damit nicht gewartet werden, bis die betreffenden Anlagen verbraucht sind, sondern sie werden im Ganzen oder in Teilen vorher verkauft. Wenn z. B. der Zuckerrübenanbau langfristig aufgegeben werden soll, aber der Roder nicht so lange hält, dann kann sich auch hier die Frage stellen: nochmals einen neuen Roder kaufen, besser nur in einen gebrauchten investieren, lieber nur mieten oder den Betriebszweig vorzeitig beenden? Um sich einen Überblick über die optimale Staffelung der „Desinvestitionen“ zu verschaffen, wird es sinnvoll sein, alle Ein- und Auszahlungen z. B. in Excel über die Jahre zusammenzustellen. Ein kleiner Schritt ist es dann nur noch, diese abzuzinsen – um so sicher zu gehen, auch bei einer Desinvestition noch das Beste herauszuholen.
Wenn ein Betriebszweig sofort eingestellt werden soll, kann sich die Frage stellen: Soll die nun nicht mehr benötigte Anlage, z. B. eine Maschinenhalle, vermietet oder verkauft werden? Auch hier ist die Investitionsrechnung geeignet, denn durch die Gegenüberstellung abgezinster Einzahlungen (und Auszahlungen) können Sie auch hier die vorteilhafteste Variante ermitteln.
An dieser Stelle soll noch erwähnt werden, dass bei Betrachtung der Miete mit langen Mietdauern infolge der immer größeren Abzinsung der „Kapitalwert“ immer weniger wächst. Wie bei „Vollgas“ im Auto die Geschwindigkeit schließlich immer weniger anwächst und auf eine Höchstgeschwindigkeit begrenzt ist, steigt auch der Kapitalwert nicht mehr über einen bestimmten Wert (den mathematischen Grenzwert) hinaus an. Wer z. B. eine Halle langfristig zu einem bestimmten Preis mieten (bzw. vermieten) will, kann sie zu diesem „Grenz-Kapitalwert“ auch ebenso gut kaufen (bzw. verkaufen).
4.6 Investitionsrechnung für Fortgeschrittene – der volle Finanzierungsplan
Wie in den vorstehenden Kapiteln beschrieben, werden in der Investitionsrechnung auch folgende Größen einbezogen:
- Der Abzinsungsfaktor – orientiert an Zinssätzen des Kapitalmarktes
- Die Steuerwirkung – orientiert am Grenzsteuersatz des Unternehmers
Diese Größen überhaupt einzubeziehen, ist ein wesentliches Merkmal der Investitionsrechnung. Aber es geht noch genauer, indem beide Größen nicht für den gesamten Zeitraum der Investitionsrechnung vorgegeben, sondern jeweils einzeln (pro Jahr) berechnet werden.
Als Basis sind hier Planungsrechnungen aus der Buchführung geeignet, die für zukünftige Jahre sowohl jeweils Plan-Bilanzen und Plan-GuV liefern. Aus der Plan-Bilanz jeden Jahres kann abgeleitet werden, ob für die Auszahlungen des betreffenden Jahres eigene Mittel zur Verfügung stehen oder ob Fremdfinanzierung benötigt wird.
Aus der (steuerlichen) Plan-Gewinn-Verlustrechnung können für jedes Jahr das steuerliche Ergebnis und damit unter Einbezug der sonstigen Einkünfte die Steuersätze errechnet werden.
Tabelle 9: Vergleich Standardinvestitionsrechnung – Voller Finanzierungsplan
4.7 Wie Investitionsrechnung hilft, Ihre Ziele zu erreichen
Aus der Buchführung, die als „Vergangenheitsrechnung“ ausschließlich geleistete Zahlungen berücksichtigt, können Kennzahlen zur Liquidität, Rentabilität und Stabilität abgeleitet werden. Die in die Zukunft gerichtete Investitionsrechnung kann zu diesen drei Bereichen Informationen liefern:
- Wird das Unternehmen beim Investitionsvorhaben hinreichend liquide bleiben?
- Ist das Investitionsvorhaben rentabel?
- Ist das Investitionsvorhaben sicher genug, so dass das Unternehmen auch bei ungünstigen Entwicklungen nicht gefährdet wird?
Da die Investitionsrechnung Einzahlungen und Auszahlungen betrachtet, ist sie ideal nutzbar für die Liquiditätsrechnung – wo es ja auch nur um „Cash“ geht. Eine gute Liquiditätsplanung verlangt monatsgenaue oder mindestens quartalsgenaue Zahlen. In der Investitionsrechnung, die ja meist über viele Jahre in die Zukunft geht, wäre zwar eine monatsgenaue Darstellung möglich, aber unpraktikabel und unübersichtlich. Oft beruhen die in der Investitionsrechnung dargestellten Jahreszahlen – wie z. B. jährliche Mietkosten – auf monatlichen Zahlen und liegen daher monatsgenau vor. Denkbar ist deshalb, dass die Investitionsrechnung, wenn es kurzlebigere Investitionen sind, quartalsmäßig aufgebaut wird. Dann ergeben sich aus dem Rechenwerk der Investitionsrechnung auch nützliche Aussagen zur Liquiditätswirkung.
Inwieweit ein Investitionsvorhaben sich rentiert, zeigen die Kennwerte der Investitionsrechnung, allen voran der Kapitalwert und der interne Zinsfuß (siehe Abschnitt 4.1).
Wie die Rechenbeispiele dieses Merkblatts gezeigt haben, ist die Abzinsung der Dreh- und Angelpunkt der Investitionsrechnung und besonders spürbar bei längerfristiger Betrachtung und höheren Zinssätzen. Das macht die Investitionsrechnung für die Landwirtschaft, wo es mehr als anderswo um nachhaltiges Wirtschaften geht, so wichtig. Je größer ein Investitionsvorhaben, desto wichtiger wird die Investitionsrechnung. In diesem Merkblatt musste sich die Darstellung auf einfache Rechenbeispiele beschränken. Diese sollten aber genügen, um die Grundprinzipien der Investitionsrechnung erfolgreich auch auf Großinvestitionen anwenden zu können.
5. Was Sie mitnehmen sollten
- Nutzen Sie Excel & Co. mit Zahlen und Grafiken!
- Stellen Sie alle Einzahlungen und Auszahlungen der Investition auf!
- Berücksichtigen Sie auch die Steuerwirkungen!
- Die Abzinsung ist ein „Muss“, denn sie hat bereits bei niedrigen Zinssätzen über die Jahre starke, oft entscheidende Wirkung!
6. Literaturhinweise
- Brandes/Odening: Investition, Finanzierung und Wachstum in der Landwirtschaft (Ulmer, 1992)
- Seuster: Investitionsrechnung für die landwirtschaftliche Unternehmung (Vauk, 1983)
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