Autoren:
DLG-Arbeitskreis Futter und Fütterung
- Dr. Gerhard Stalljohann,
Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Bad Sassendorf - Dr. Stephan Schneider,
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Grub - Prof. Dr. Hubert Spiekers,
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Grub - Dr. Detlef Kampf,
DLG e.V., Frankfurt am Main
Für Schweinehalter stehen neben der Ökonomie vor allem die Steigerung des Tierwohls und die Umweltentlastung im Fokus. Das Futter und die Ausgestaltung der Fütterung können für das Tierwohl und die Umweltwirkungen einen entscheidenden Beitrag leisten. Im nachstehenden Beitrag liegt der Schwerpunkt auf den Herausforderungen zur Reduzierung negativer Umwelteinwirkungen.
Die Schweinehalter haben sich bereits in den letzten 30 Jahren mit Fütterungsverfahren zur Reduktion des Nährstoffanfalls in Güllen und Misten beschäftigt und dabei stets die Gesundheit und das Wohlbefinden des Tieres, die Futtereffizienz und die Möglichkeit zur technischen Umsetzbarkeit im Blick gehabt.
Das neue bundesweit geltende Düngerecht und der biologisch-technische Fortschritt insbesondere bei Futterzusatzstoffen wie Aminosäuren und Phytasen sowie den Fütterungstechniken hat diese Stickstoff- (N) und Phosphor-(P)reduzierten Fütterungsverfahren in den letzten Jahren noch mehr in den Fokus gerückt.
Futter und Fütterung sind maßgebend für das Wachstum und den Anfall an Kot und Harn. Um das gewünschte Wachstum zu erzielen, ist eine ausreichende Versorgung mit Energie, Nähr-, Mineral- und Wirkstoffen erforderlich. Beim Eiweiß besteht ein Bedarf an essentiellen dünndarmverdaulichen Aminosäuren (Lysin, Methionin, Threonin etc.) und bei P an verdaulichem P. Die notwendige Versorgung der Schweine mit essentiellen Aminosäuren kann mit sehr unterschiedlichen Mengen an Futtereiweiß und damit an N realisiert werden. Zum einen ist eine stetige Anpassung an den Bedarf im Verlauf der Mast bzw. Leistungsphase und Ferkelzahl bei der Sau möglich. Der zweite Ansatz ist die Rationsgestaltung. Die Futtermittel unterscheiden sich stark in der Eiweißqualität und der P-Verdaulichkeit. Mit freien Aminosäuren kann die Eiweißqualität der Ration gezielt verbessert werden.
Über die Zugabe von Phytase kann ein Großteil des pflanzengebundenen P in den Futtermitteln verfügbar gemacht werden. Durch die angeführten Maßnahmen kann die Fütterung in der Ferkelerzeugung und der Schweinemast an die Erfordernisse und Möglichkeiten des Einzelbetriebs hervorragend angepasst werden.
Übersicht 1: Möglicher Einsatzbereich der Fütterungsverfahren in der Ferkelerzeugung und Schweinemast
Fütterungsverfahren | Universal | N-/P-reduziert | stark N-/P-reduziert | sehr stark N-/P-reduziert |
---|---|---|---|---|
Technisierung | gering | mittel | hoch | sehr hoch |
Eiweißfutteranteil | sehr hoch | hoch | mittel | gering |
freie Aminosäuren | gering | mittel | hoch | sehr hoch |
Auswahleinschränkungen Futterkomponenten | keine | gering | mittel | hoch |
Phytase | nein | ja |
Aktuell sind im Bereich der Fütterung vier verschiedene Fütterungsverfahren beschrieben, die alle den Bedarf der Tiere decken aber unterschiedliche Ausscheidungen insbesondere an N und P bedingen. Die Verfahren und ihre Einsatzbedingungen sind in Übersicht 1 ersichtlich. Die Universalmast ist weniger technisiert und basiert auf Futtermitteln mit eher geringer Eiweißqualität. Je weiter die Absenkung an N und P erfolgt, desto stärker ist eine Professionalisierung in der Futterwirtschaft, der Fütterung und dem Fütterungscontrolling erforderlich. Die Kosten der Fütterung hängen stark von den betrieblichen Gegebenheiten und der Marktlage, beispielsweise der Preisrelation von Eiweißfuttermitteln zu freien Aminosäuren ab. Für Ökobetriebe sind N-/P-reduzierte Verfahren nicht umsetzbar, da der Einsatz von freien Aminosäuren und Phytasen hier nicht erlaubt ist.
Weiterhin ist aus Sicht vieler Schweinehalter und Behörden sehr wichtig, dass die Möglichkeit einer möglichst einfachen und plausibel nachvollziehbaren Dokumentation für ein ausgewähltes und durchgeführtes N-/P-reduziertes Fütterungsverfahren besteht. Hierzu konnte mit dem Leitfaden der DLG (Merkblatt 418) und den laufenden Ergänzungen im www.futtermittel.net der DLG eine gute Hilfestellung geleistet werden. Dort werden die einzuhaltenden Futtergehalte bei stark und sehr stark N-/P-reduzierten Sauen-, Ferkel- und Mastschweinefuttern sowie Leitlinien zur Festlegung von Futterphasen, Leistungsniveaus, gewogener Futtergehalte sowie Dokumentationsunterlagen beschrieben – Übersicht 2 sind die Vorgaben für die Schweinemast zu entnehmen.
Im www.futtermittel.net können die Berechnungsschritte zu den N-/P-Ausscheidungen von Schweinefütterungsverfahren nachvollzogen werden.
Übersicht 2: Einzuhaltende mittlere Futtergehalte und Dokumentationsunterlagen für den Nachweis von stark und sehr stark N-/P-reduzierter Fütterung bei Mastschweinen
Mastverfahren | stark N-/P-reduziert | ||||||
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Leistungsklassen (TZ in g) | 750 g wbl./ Börge | 850 g wbl./ Börge | 950 g wbl./ Börge | 1050 g wbl./ Börge | 850 u. 950 g 50:50 wbl./ Eber | 900 u. 1000 g 0:100 wbl./ Eber | 800 u. 900 g 100:0 wbl./ Eber |
Gemittelte Gehalte (88 % TM) | |||||||
Rohprotein (g/kg) Phosphor (g/kg) | 148,5 4,3 | 153,5 4,3 | |||||
Möglichkeiten zur Dokumentation | Mitgliedschaft in einer anerkannten Beratungsorganisation ist vorteilhaft. | ||||||
Mastverfahren | sehr stark N-/P-reduziert | ||||||
Variationsmöglichkeiten zur Festlegung der Anzahl ist von der 2-Phasen- bis Multiphasenmast möglich! | |||||||
Leistungsklassen (TZ in g) | 750 g wbl./ Börge | 850 g wbl./ Börge | 950 g wbl./ Börge | 1050 g wbl./ Börge | 850 u. 950 g 50:50 wbl./Eber | 900 u. 1000 g 0:100 wbl./Eber | 800 u. 900 g 100:0 wbl./Eber |
Gemittelte Gehalte (88 % TM) Rohprotein (g/kg) Phosphor (g/kg) | 144 4,1 | ||||||
Möglichkeiten zur Dokumentation | Mitgliedschaft in einer anerkannten Beratungsorganisation ist vorteilhaft. |
TZ - Tageszunahme; TM - Trockenmasse
Quelle: Arbeiten der DLG / Band 199, 2. Auflage (2014); ergänzt durch DLG-Merkblatt 418 (2019)
Vier Intensitäten zur N-/P-Reduktion zur Wahl
Schweinehalter können mit der Einführung der im DLG-Merkblatt 418 festgelegten sehr stark N-/P-reduzierten Fütterungsverfahren nunmehr zwischen vier Intensitätsstufen entscheiden (siehe Abbildung 1). Das Universal-Verfahren orientiert sich bei Einsatz von vielfach nur einem Futter am Spitzenbedarf eines Tieres bzw. Leistungsabschnitts und überschreitet dann in oftmals viel längeren Lebens- und Entwicklungsphasen des Tieres deutlich den Nähr-, Mineral- und Wirkstoffleistungsbedarf. Durch mehrphasige Fütterungsverfahren in aufeinander folgenden Leistungs- und Wachstumsabschnitten und dem gleichzeitigen gezielten Einsatz von freien essentiellen Aminosäuren und mikrobieller Phytase bei N-/P-, stark N-/P- und sehr stark N-/P-reduzierten Fütterungsverfahren wird eine Überversorgung der Tiere immer weiter reduziert.
Die angeführten Verfahren beinhalten immer eine Reihe von Annahmen, die nicht unbedingt für den Einzelbetrieb zutreffen. Über eine jährliche Saldierung der Nährstoffim- und -exporte auf Stallebene (= Stallsaldo) kann individuell die Nährstoffausscheidung ermittelt werden. Dieses Verfahren hat sich im Betriebscontrolling bewährt und kann bei entsprechender Ausgestaltung auch als Beleg bei behördlichen Kontrollen dienen.
N-/P-Reduktionspotenzial
Die Reduktion der Nährstoffausscheidung liegt für Sauenbetriebe mit der Leistungskategorie 28 verkaufte Ferkel (bei 28 kg Ferkelverkaufsgewicht, siehe Abbildung 2) bzw. für Mastbetriebe mit der Leistungsklasse 850 g Tageszunahmen (siehe Abbildung 3) bei 9,4 % für N und 14,0 % bei P und in der Mast bei 19,0 % N bzw. 16,0 % P, wenn statt einer N-/P- eine sehr stark N-/P-reduzierte Fütterung angewendet wird.
Da die Minderung der N-Ausscheidung in erster Linie den Harnstoff im Harn betrifft, steigt somit das Potenzial der Minderung der NH3-Verluste überproportional. Entsprechend der Minderung des Anfalls an N und P reduziert sich auch die notwendige Flächenausstattung für eine ordnungsgemäße Düngeverwertung bzw. sinken die Kosten für weitere Nährstoffmanagementmaßnahmen.
Systematisches Futter- und Fütterungscontrolling
Je intensiver N-/P-reduziert gefüttert wird, desto intensiver muss das Futter- und Fütterungsmanagement betrieben werden, um Fehlversorgungen bei den Tieren ausschließen zu können. Eine Vielzahl von Maßnahmen vom Feld bis zum Trog und/oder vom Futtereinkauf bis zum Trog sind erforderlich. Dies betrifft den gezielten Anbau von proteinarmen und unbelastetem Futtergetreide sowie die sachgerechte Auswahl der Komponenten und die Rationsgestaltung. Weitere Punkte sind die Fütterungstechnik, die Tiergesundheit und Tierbetreuung sowie das Ein- und Verkaufsmanagement von Tieren, Techniken, Futter, Medikamenten, Zusatzstoffen usw. Alle Arbeiten haben mit System zu erfolgen, um Effizienz und Nachhaltigkeit stets zu optimieren.
Dies lässt sich nur durch ein systematisch geplantes und durchgeführtes Futter- und Fütterungscontrolling erreichen, zumal die Position Fütterung an den Gesamtkosten stets eine Größenordnung von über 50 %, oft über 60 %, einnimmt. In Übersicht 3 ist ein mögliches Vorgehen für ein planmäßiges/systematisches Futter- und Fütterungscontrolling aufgeführt.
Übersicht 3: Futter- und Fütterungscontrolling – Systematisch geplanter und durchgeführter Ablauf für Messen und Steuern
- Beratungsanfrage + Betriebsbesuch, Erfassung Futterwirtschaft, Tierhaltung und Fütterung nebst eingesetzter Techniken
- Erstellung eines Betriebs-Besuchsprotokolls
- Futterprobenahmen bei ausgewählten Einzelkomponenten und fertigen Mischungen und Beauftragung zur Untersuchung auf festzulegende Parameter
- Vergleich von Futterberechnung mit Untersuchungsergebnissen
- Erarbeitung von Verbesserungsmaßnahmen mit Zeitplan
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