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Genau hinschauen

Joachim Pfannstiel-Wolf zu Düngeverordnung und `Bauernmilliarde´

Was haben die beiden Begriffe Düngeverordnung und `Bauernmilliarde´ gemeinsam? Beides sind Schlagworte, die den Berufsstand in diesem Winter in Aufregung versetzten und diskreditieren.

Die Düngeverordnung scheint den Landwirten schlechte Wirtschaftsweise zu unterstellen. Rote Gebiete sollen Problemzonen bei der Nitratbelastung aufzeigen. Die fachlichen Grundlagen für deren Festsetzung sind nicht immer nachvollziehbar. Vor zwei Wochen ist in NRW immerhin zumindest deutlich nachgebessert worden.

Die Wortwahl ´Bauernmilliarde` ist schon an sich eine Zumutung. Unterstellt sie doch, dass der Landwirtschaft die Subventionen wieder hinterhergetragen werden. Die Umsetzung der ersten Runde war so dilettantisch, dass man besser Lotto hätte spielen sollen.

Beide Begriffe mögen auf den ersten Blick unserer grundlegenden Einstellung zu widersprechen, gleichzeitig bieten sie aber auch Möglichkeiten – wenn man genau hinschaut.

Lassen Sie uns das mal im Detail durchdenken:

Düngeverordung:

Der Zeitaufwand für die Düngebedarfsrechnung ist nicht ganz unerheblich. Vor allem, wenn sich die Vorgaben (rote Gebiete) ändern und man wieder komplett von vorne anfangen muss.

Die Offizial-Beratung hat ihre Hausaufgaben gemacht und stellt uns hervorragende Tools für die Düngebedarfsermittlung zur Verfügung.

Trotz aller Verärgerung über den Mehraufwand, wann haben wir denn das letzte Mal wirklich jeden Schlag nach Frucht, Vorfrucht, Bodenart, Humusgehalt und Nachlieferungsvermögen auf den Kopf gestellt? Stereotype Handlungsweisen haben ausgedient.

Wenn ich von einem Kollegen gefragt werde, warum er jetzt bei Zuckerrüben nur noch 120 kg/ha düngen darf, ist es schon verwunderlich, dass die Rübe in der Vergangenheit auch mit 100 kg/N mineralischem Stickstoff gut gewachsen ist.

Plötzlich wird auch das Ziehen von eigenen N-min Proben wieder interessant.

Meistens ist es auf der eigenen Fläche eben doch anders als bei den landesweiten Proben. Es geht nicht darum, durch möglichst geringe N-min Gehalte die mineralische Düngung nach oben auszureizen. Das Einsparpotenzial liegt eher bei hohen Gehalten. Bei Probekosten von ca. 45,- Euro/Stück und Düngereinsparungen von 10,- bis 20,- Euro/ha rechnet sich das schnell.

Bei uns hat sich jedenfalls einiges bestätigt, was wir bisher vermutet haben, aber nicht immer zu 100 Prozent beachtet haben:

  • Die Zwischenfrüchte binden den Stickstoff in den oberen Schichten.
  • Nach Leguminosen sind bis zu 80 kg N-min vorhanden.
  • Gute Rübenernten lassen nicht mehr viel N-min für Getreide übrig.

Manch eine Konstellation lässt eine mögliche mineralische Düngung zu Getreide knapp erscheinen. Wenn aber zum Beispiel 160 kg N zur Möhre erlaubt sind, trägt das nicht zur Lagerfähigkeit der Kultur bei. Diese überschüssigen Mengen darf man noch im Weizen einsetzen. Gerste, Roggen und Dinkel kommen mit der Bedarfsermittlung aus.

Auch die Sommerungen, insbesondere die Leguminosen, können mit der Düngeverordnung gut leben. Die Auflockerung der Fruchtfolgen und das Verhindern von Resistenzbildung sind sowieso erforderlich.

Das richtige Verhältnis der Nährstoffe untereinander in Einklang zu bringen, wird wichtiger denn je. Wer seinen Boden in Ordnung hat, muss nichts befürchten. Der Einsatz von „Reparatur-Stickstoff“ ist nun vorbei.

Bauernmilliarde:

Seit Anfang der 90er Jahre setzt sich die innovative Agrarwirtschaft mit Precision Farming auseinander.

Die Technik ist schon lange aus den Kinderschuhen. Viele Betriebe haben Pionierarbeit geleistet. Der Ansatz einer differenzierteren Verteilung des zu Verfügung stehenden Düngers auf der Fläche kommt den Anliegen der Düngeverordnung entgegen.

Auch wenn bei den meisten von der Milliarde nichts ankommt, ist doch die Auseinandersetzung mit innovativer, umwelt- und ressourcenschonender Technik schon ein Nutzen. Wenn sich dann herausstellt, dass die Maschinen sich auch ohne Förderung im Einzelbetrieb mit seinen spezifischen Gegebenheiten rechnen, ist es umso besser.

Die DLG hat bereits im Jahr 2017 ihre 10 Thesen zur Nachhaltigkeit vorgestellt. Die These Nr. 5 lautet:

„Artenrückgang, Nährstoffüberschüsse und Resistenzen lassen sich vermindern. Sensibili­sierung der Akteure, innovative Technik, leistungsfähige Sorten, präzise Düngemittel, wirksame und umweltverträgliche Pflanzenschutzmittel helfen dabei.“

Das beschreibt das Wesentliche. Bei aller Kritik, die Verordnung zwingt uns dazu, genauer hinzuschauen. Fangen wir an!