Die Tagung Land.Technik für Profis digital
Zwar adressierte die Jubiläumsveranstaltung der Tagung „Land.Technik für Profis“ mit dem Thema „Bestellung“ sicherlich einen zentralen Punkt im Ackerbau, jedoch konnte sie mit insgesamt rund 170 Teilnehmern nicht ganz die Strahlkraft entwickeln, die die beiden letzten Ausgaben mit den Schwerpunkten „Traktoren“ bzw. „Pflanzenschutz“ mit weit über 300 Anmeldungen erreichten. Neben den reinen Vorträgen ist die Tagung seit 20 Jahren ein echter Branchentreffpunkt, der eigentlich von seiner Durchführung bei einem Hersteller vor Ort lebt. Der Dichte des Online-Vortragsprogramms tat dies aber keinen Abbruch.
Schon in ihren Eingangsstatements und Begrüßungen warfen Dr. Hartmut Matthes als Tagungsleiter und Dr. Markus Demmel, erstmals als Vorsitzender des VDI-Fachbereichs Max-Eyth-Gesellschaft Agrartechnik (VDI-MEG), bereits die ersten Aspekte auf, die die Bestellung im 21. Jahrhundert entscheidend beeinflussen, nämlich auch dass über die Technisierung oder gar Digitalisierung hinaus auch der systemische, ganzheitliche Überblick sehr wichtig ist. DLG-Präsident Hubertus Paetow hob in seinem Grußwort auf die von der WHO geforderte, nachhaltige Intensivierung der Landwirtschaft ab, und machte deutlich, wie bedeutend Aussaat und Bestellung für die Biodiversität sind.
Der DLG-Vizepräsident und Vorsitzende des DLG-Testzentrums, Prof. Dr. Till Meinel von der Hochschule Köln, gab in seinem Eingangsvortrag einen Überblick über den aktuellen Stand der Technik sowie laufende Forschungsarbeiten und Entwicklungsstrategien. Er stellte außerdem vor, welche Prüfungen im DLG-Testzentrum aktuell laufen bzw. vor kurzem fertig gestellt wurden und – am Beispiel von Hacken und Striegeln – welche Prüfthemen das DLG-Testzentrum in den Fokus genommen hat.
Ihm folgte im Themenblock „Herausforderungen in der Bestelltechnik“ Prof. Dr. Bernhard Bauer von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, der auf der fachlichen Ebene eine Zusammenfassung der Grundlagen von Bodenbearbeitung und Aussaat lieferte. Dabei ging er auf die speziellen Anforderungen der heutigen Zeit ein und warf die Frage auf, ob wir vor dem Hintergrund unseres technischen Blickes die nötigen Maßnahmen und Ergebnisse richtig einordnen oder in einer „Blase“ leben – bis hin zur richtigen Priorisierung unserer Anforderungen und Maßnahmen in der Kommunikation. Dr. Daniela Scheuermann von KWS ging auf die züchterische Verbesserung abiotischer und biotischer Merkmale durch moderne Züchtungsverfahren ein. Sie gab einen Überblick darüber, wie komplex Pflanzenzüchtung auf der molekularen Ebene heute geworden ist und welche Massen an Daten heutige, technische Phänotypisierungsmethoden liefern.
In der zweiten Session „Anforderungen im Wandel“ gaben Wulf-Hinrich Hagge aus Warnkenhagen, Thorben Holsteiner aus Lehe und Siv Biada vom Internationalen Pflanzenbauzentrum der DLG in Bernburg in ihren Vorträgen einen Überblick über verschiedene, praktische Aspekte des Pflanzenbaus. Hagge berichtete von seinem 1.000-ha-Marktfruchtbetrieb, der unter den Maßgaben der Agrarumweltmaßnahme „Förderung vielfältiger Kulturen im Ackerbau“ des Landes Mecklenburg-Vorpommern wirtschaftet. Er ließ außerdem die Erfahrungen einfließen, auf die er als landwirtschaftlicher Berater von anderen Betrieben zugreifen kann. Er äußerte vor allem den Wunsch nach pflanzenbaulich optimalen, aber gleichzeitig einfachen und bezahlbaren technischen Lösungen seitens der Landtechnik. Holsteiner hingegen wirtschaftet auf sogenannten „Minutenböden“ im Kreis Dithmarschen in Schleswig-Holstein mit einer intensiven Biogas-Fruchtfolge. Sein Hauptproblem ist – vor allem aufgrund der oft wassergesättigten Marschböden – das Thema Schlagkraft, um die kurzen Bearbeitungsfenster optimal nutzen zu können. Biada hingegen berichtete vom Langzeitversuch der DLG, der Strip-Till-Bewirtschaftung einer Mulchsaat sowie einer Direktsaat gegenüberstellt. Sie motivierte die Zuhörer, auf dem eigenen Standort auch mal neue Bestellverfahren auszuprobieren.
Am zweiten Tag standen zunächst ressourcenschonende Anbauverfahren im Mittelpunkt. Dr. Max Bouten von Kubota in Nieuw-Vennep (Niederlande) stellte die Potenziale einer platzierten Startdüngung in Reihenkulturen vor. Anschließend berichtete Dr. Eberhard Nacke von Claas über die Ergebnisse des EKoTech-Verbundprojekts, in dem die beteiligten Partner aus Wissenschaft und Industrie Kraftstoff- und damit CO2-Einsparungpotenziale bei Landmaschinen und landtechnischen Verfahrensketten identifiziert haben. Im Projekt wurde deutlich, dass das wirkliche Effizienzpotenzial in der ganzheitlichen, das heißt gemeinsamen Optimierung von Traktor und Anbaugerät steckt. Zuletzt referierten Thinus Glitz von der Rotek GmbH, Bad Driburg, und Prof. Dr. Dariusz Jaskulski von der Universität Bydgoszcz (Polen) über besonders wassersparende Anbauverfahren.
Im Themenblock „Innovationen für morgen“ wagten Vertreter der Unternehmen Amazone, Horsch, Lemken und AGCO sowie Prof. Dr. Cornelia Weltzien vom Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie in Potsdam einen Blick in die Glaskugel. Dabei wurde der Bogen von aktuellen Entwicklungen aus den Unternehmen für die verschiedenen Weltagrarregionen über technische Steuerungslösungen an den Maschinen bis hin zur Nutzung digitaler Technik und Tools als Entscheidungshilfen für Boden und Bestellung gespannt.
Die Umsetzung dieser visionären Ideen in die landwirtschaftliche Praxis diskutierten die Landwirte Max Stürzer aus der Nähe des Starnberger Sees und Georg Scheuerle aus Landsberg bei Halle (Saale) mit den Firmenvertretern Rolf Schneider (Kuhn), Mario Wessels (Amazone), Philipp Horsch (Horsch) und Lars Heier (Lemken) in einer abschließenden Podiumsdiskussion unter der Leitung von Roland Hörner, Fachgebietsleiter Landtechnik im Fachzentrum Landwirtschaft der DLG. Hier stand die Vielfalt und Flexibilisierung im Mittelpunkt, denn in der Praxis entwickelt sich der Pflanzenbau immer mehr hin zu einem Gebiet für Spezialisten, die an ihrem Standort, unter ihren einzigartigen, durch Fruchtfolge und Anbauverfahren bestimmten Anforderungen das Optimum aus ihren Nutzpflanzen herausholen wollen und können.
Schlussendlich zusammenfassend gilt für Bestellung der Zukunft die Aussage von Frau Prof. Weltzien: „Die Praxis muss prüfen, was auf ihren Betrieben vernünftig ist, und das muss durch die technischen Systeme abgebildet werden!“