Strategien gegen die Geflügelpest
Informationen und Austausch zum Thema Aviäre Influenza (Geflügelpest oder Vogelgrippe) waren im DLG-Spotlight Geflügel der „EuroTier digital“ sehr gefragt. Auch das Netzwerk Fokus Tierwohl war mit drei Veranstaltungen zum Thema vertreten.
Mit welchen Maßnahmen kann das Tierwohl in Zeiten der Vogelgrippe aufrechterhalten werden? Um hilfreiche Tipps aus der Praxis ging es im Vortrag von Landwirtin Friederike Schierholz. Die Mobilstallhalterin berichtete von ihren Erfahrungen mit der Aufstallungspflicht.
Kurz vor dem Seuchenzug 2016/17 wurden auf ihrem Betrieb die ersten Legehennen in den damals neuen Mobilstall eingestallt: „An eine Stallpflicht haben wir überhaupt nicht gedacht in dem Moment als wir uns den Stall zugelegt haben“, merkte die Landwirtin an. Vor allem Neueinsteigern rät sie, diesen Fall aber unbedingt in die Überlegungen beim Stallkauf mit einzubeziehen. So hätten ihre eigenen Erfahrungen gezeigt, dass ein Wintergarten in der Phase der Aufstallung den Tieren zusätzlichen Platz biete und dadurch Stress reduziere.
Ihr Ziel sei es, den Legehennen auch während der Aufstallung ausreichend Möglichkeiten zum Scharren und Picken zu bieten. Hierzu setze sie loses Stroh, Strohpellets, aber auch unterschiedlichste Beschäftigungsmaterialien ein. Grundsätzlich sei zu beachten, dass die Beschäftigungsmaterialien für die Tiere langanhaltend attraktiv und der damit verbundene Arbeitsaufwand ebenso wie die entstehenden Kosten vertretbar seien.
Aufgrund ihrer positiven Erfahrungen setzt Schierholz derzeit unter anderem neben Pickblöcken und Luzerneballen auch zeitweise Maissilage ein. Zudem erhalten ihre Tiere vier bis fünf Mal pro Tag Hafer oder Weizen über einen automatisierten Körnerstreuer.
Unter dem Titel „Vorsorgen ist besser als Räumen“ informierte Dr. Anja Globig vom Institut für Internationale Tiergesundheit am Friedrich-Loeffler-Institut die Zuhörenden darüber, wie wichtig die konsequente Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen in der Geflügelhaltung im Hinblick auf die Verbreitung der AI ist. Allein in der derzeitigen Epidemie seien bis Mitte Februar bereits Verluste in Höhe von über 600.000 Tieren durch die Geflügelpest zu beziffern.
Ein zentraler Punkt, um die Verbreitung des Virus zu verhindern, sei laut Globig, die Eigenschaften des Virus zu kennen. Neben der direkten Übertragung von Tier zu Tier müssten insbesondere auch die indirekten Übertragungswege beachtet werden. Die Kernfrage sei: „Hat mein Betrieb eine Biosicherheitslücke?“. Zur Beantwortung dieser Frage wurde die AI-Risikoampel im Jahr 2018 von der Universität Vechta in Zusammenarbeit mit dem FLI entwickelt.
Diese umfasst einen Fragenkatalog aus 100 Einzelfragen, die Tierhalter anonym im Multiple-Choice-Verfahren für ihren Betrieb beantworten können. Ziel ist es hierbei, in der Abfrage mögliche Risikofaktoren in Hinblick auf die Sicherung des Betriebes, die Sicherung des Stalles aber auch die Arbeitsabläufe zu identifizieren. Am Ende erfolgt die Einordnung in drei Risikogruppen „grün“, „orange“ und „rot“.
Zudem erhält jeder Tierhalter Optimierungshinweise zusammen mit einer Checkliste für konkret durchzuführende Maßnahmen. Mithilfe der AI-Risikoampel können Landwirt*innen Betriebsabläufe mit Blick auf die Hygienestandards somit sicherer gestalten. Das Tool steht allen Interessierten unter https://risikoampel.uni-vechta.de/ kostenfrei zur Verfügung.
Im Interview mit Dr. Christian Lambertz vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) stellte Iris Tapphorn, Landwirtin im Netzwerk der Impulsbetriebe Tierwohl, ihre Erfahrungen im Umgang mit den Auflagen zur Geflügelpest dar. Der Gänsehof Tapphorn in Niedersachsen hat mehrere Betriebszweige, darunter eine Gänse-Elterntierzucht mit EU-Brüterei. Die Gänseaufzucht und -mast stellen weitere Betriebsschwerpunkte dar.
Auf dem Betrieb etablierte die Betriebsleiterin zahlreiche Biosicherheitsmaßnahmen zum Schutz vor einem Eintrag des AI-Erregers. Zu den risikominimierenden Maßnahmen zählen die Reduzierung der Besatzdichte und das Anbieten von Futter und Wasser ausschließlich im Stall und nicht im Auslauf. Zudem werden die Tiere regelmäßig mittels PCR-Analyse auf den Erreger H5N8 untersucht.
Die Videoaufzeichnungen der Veranstaltungen stehen für registrierte Besucher der „EuroTier digital“ bis zum 15. April 2021 im Menü Fachprogramm oder direkt unter https://eurotier.digital.dlg.org/program zur Verfügung. Noch nicht registrierte Nutzer können über den Ticketshop der EuroTier Zugang erhalten.
Das Netzwerk Fokus Tierwohl
Als Teil des Bundesprogramms Nutztierhaltung fördert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) den Aufbau des Netzwerkes Fokus Tierwohl. Das Verbundprojekt der Landwirtschaftskammern und landwirtschaftlichen Einrichtungen aller Bundesländer hat das Ziel, den Wissenstransfer in die Praxis zu verbessern, um schweine-, geflügel- und rinderhaltende Betriebe hinsichtlich einer tierwohlgerechten, umweltschonenden und nachhaltigen Nutztierhaltung zukunftsfähig zu machen. Neueste Erkenntnisse aus der angewandten Forschung, der Praxis, den Modell- und Demonstrationsvorhaben (MuD) Tierschutz und anderen Projekten werden durch die Tierwohl-Kompetenzzentren in Kooperation mit Expertinnen und Experten der Verbundpartner gesammelt und fachlich fundiert eingeordnet. Ausführliche Informationen sind unter www.fokus-tierwohl.de zu finden.