Forschung zeigt neue Perspektiven
Die Intensität der deutschen Milcherzeugung erfährt weiterhin eine durchaus kritische Diskussion hinsichtlich der Erfüllung ausreichenden Tierwohls sowie negativer Umweltwirkungen. Um dieser Kritik und den auftretenden Herausforderungen weitreichend zu begegnen, wird auf Innovationen gesetzt, die auf dem landwirtschaftlichen Betrieb möglichst direkt und/oder auch in den vor- und nachgelagerten Bereichen erfolgreich umsetzbar sind.
Das Verbundprojekt optiKuh2 unter dem Titel "Nutzung der optiKuh-Daten zur Verbesserung der Haltung von Milchkühen durch eine aktuellere Modellierung der Futteraufnahme und Nutzung von Futtereffizienz und Robustheit in Zucht und Tiergesundheitsmanagement" geht der interdisziplinären und umfassenden Betrachtung der Bereiche Fütterung, Zucht und Tiergesundheit nach. Die Grundlage für die Bearbeitung stellen die Daten der zwölf deutschen Versuchseinrichtungen dar, die bereits im Projekt optiKuh mitgewirkt haben. In diesem Projekt stand die Ableitung von Empfehlungen zum effizienteren Einsatz von Kraftfutter, die züchterische Bearbeitung der Futteraufnahme und einem Controlling von Fütterung und Gesundheit im Vordergrund, aus denen beispielhaft die DLG-Merkblätter 443, 444 und 451 hervorgegangen sind.
Im Verbundprojekt optiKuh2 liegt nun ein Schwerpunkt auf der Aktualisierung der Schätzung der Futteraufnahme bei Milchkühen nach Gruber et al. (2004). Dadurch wird den genetischen und produktionstechnischen Entwicklungen Rechnung getragen. Beabsichtigt ist, das überarbeitete Vorhersagemodell in die gegenwärtig vom Ausschuss für Bedarfsnormen (AfBN) in Bearbeitung befindliche Neuauflage der „Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung der Milchkühe und Aufzuchtrinder“ der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (GfE) zu übernehmen.
Zusätzlich geht optiKuh2 dem Ziel nach, Innovationen zur Erweiterung der Zuchtziele um Futteraufnahme und Futtereffizienz mit Fokus auf die Entwicklungsschwerpunkte Tierwohl und Umweltwirkung weiter voranzutreiben. Dabei ist derzeit noch offen, welche Merkmale für eine fundierte Aussage zur Effizienz tatsächlich herangezogen werden können. Weitere Aufmerksamkeit wird der Entwicklung von Biomarkern und Algorithmen gewidmet, die eine prospektive Vorhersagemöglichkeit von Produktionserkrankungen erlauben und so zum digitalen Gesundheitsmanagement bei Milchkühen direkt im Betrieb beitragen können.
Im Einzelnen geht es in optiKuh2 um folgende Fragestellungen:
- Gibt es Unterschiede zwischen dem bewährtem Energiebewertungssystem und neueren Ansätzen? Welcher Ansatz führt beim Energiesaldo zu einem besseren Ergebnis?
- Inwieweit spiegeln sich die genetischen und produktionstechnischen Veränderungen in der aktualisierten Vorhersage der Futteraufnahme wider? Was lässt sich daraus für ein besseres Verständnis der Nährstoffaufnahme sowie deren Einflussfaktoren und für eine optimierte Fütterung der Milchkuh schließen?
- Welche Effizienzmerkmale sind für eine zukunftsfähige und verantwortungsvolle Züchtung geeignet? Welche Rolle spielt die möglichst gesamtheitliche Betrachtung der Milchkuh für eine Entschärfung des Energiedefizits im 1. Laktationsdrittel?
- Welche Zusammenhänge bestehen zwischen Energiesaldo und Stoffwechselstabilität der Milchkuh? Woran erkennt man robuste Kühe? Kann eine für Landwirte*innen entwickelte App der Praxis helfen, das Erkrankungsrisiko des Einzeltiers verlässlich einzuschätzen? Wie unterstützt das tierindividuelle Management dabei Tierwohl und Tiergesundheit?
- Sind die Merkmale für Futteraufnahme, Effizienz und Tiergesundheit auch für eine züchterische Bearbeitung geeignet und können dafür genetische Korrelationen und Erblichkeiten geschätzt werden?
Eine zukunftsfähige Milchproduktion in Deutschland setzt also eine Lösung dieser Probleme voraus. Drei Projektpartner widmen sich mit weiterer Unterstützung breiteren und vertiefenden Untersuchungen. Im Fachprogramm zur EuroTier wurden erste Ergebnisse präsentiert, im September soll die Abschlussveranstaltung im Rahmen eines Workshops stattfinden.
Zusätzliche Informationen erhalten Sie über die Projekt-Webseite oder das Institut für Tierernährung und Futterwirtschaft der LfL Bayern (Kontakt: Dr. Maria Ledinek, Tel.: 08161/86407426, Mail: maria.ledinek@lfl.bayern.de). Das Projekt mit einer Laufzeit vom 1. September 2019 bis 30. November 2021 wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft finanziert.