Milcherzeugung in stürmischen Zeiten
Sibylle Möcklinghoff-Wicke fragt: Was können wir lernen?
Die 18. Konferenz des DLG-Forums Spitzenbetriebe Milcherzeugung fand dieser Tage mit 210 Teilnehmern unter dem Titel „Stabilität in stürmischen Zeiten“statt. Im Mittelpunkt des Forums stand die jährliche Betriebszweigauswertung der 240 teilnehmenden Betriebe auf Vollkostenbasis.
Die Ergebnisse der Betriebszweigauswertung sowie aktuelle und zukunftsweisende Fragenstellungen rund um die Milchproduktion werden in einem geschlossenen Kreis von Milchviehhaltern und Beratern einmal jährlich im Rahmen der Konferenz der Spitzenbetriebe vorgestellt und diskutiert.
In der diesjährigen Konferenz stellten im Arbeitskreis 1 „BZA-Intensiv – von den Besten lernen…“ zwei Milchviehbetriebe, die im Betriebsvergleich zu den zehn erfolgreichsten Betrieben gehören, erstmalig ihre Betriebsstrategien vor: Julia Hewecker, Landwirtin aus Stadtallendorf (HE) und Thorsten Reimers, Landwirt aus Großenrade (SH).
„Auf bessere Rahmenbedingungen warten, ist keine Strategie“, waren die Schlussworte von Dr. Weber, der die diesjährigen betriebswirtschaftlichen Ergebnisse (BZA) im Forum der DLG-Spitzenbetriebe vorgestellt hat.
In dem folgenden 1. Arbeitskreis stellten dann Julia Hewecker und Thorsten Reimers, die ihre Betriebe in unterschiedlichen Regionen Deutschlands haben, ihre interessanten Betriebskonzepte zur Diskussion. Was kann man von zwei Betrieben lernen, die nachhaltig erfolgreich Milch erzeugen und damit Stabilität in stürmischen Zeiten beweisen? Hier sind einige wichtige Ergebnisse:
- Wer nicht ständig und konsequent an der Optimierung des Kuhkomforts beziehungsweise des Tierwohls arbeitet, kann keine nachhaltig hohen Leistungen bei guter Tiergesundheit erzielen. Viel Strohbereiche, beste Liegeplätze, keine Überbelegung und ein Fokus auf ein gutes Transitmanagement sind nur einige Erfolgsfaktoren.
- Auch die Betriebe, die erfolgreich wirtschaften, sehen vor allem in der Politik eine der größten Herausforderungen für die Zukunft. Muss man Weidegang haben, einen Auslauf bauen, Konzepte für die kuhgebundene Aufzucht haben?
- Die Tierwohldiskussion wird in allen Regionen weiter an Fahrt aufnehmen. Das ist prinzipiell in Ordnung, denn alle Praktiker wissen, dass gute Leistungen und erfolgreiche Milchproduktion nicht ohne Tierwohl funktionieren. Es ist jedoch bedenklich, dass die Tierwohldebatte mehrheitlich von Gesellschaftsteilen geführt wird, die kein Verständnis für Landwirtschaft, Natur und Zusammenhänge haben und nur ideologisch orientiert sind. Eine Folge davon ist, dass kleine Betriebe, die politisch gewollt sind, zunehmend aus der Produktion aussteigen werden.
- Aber auch die Achillesferse jedes Betriebes wurde thematisiert: Gute Mitarbeiter für die Landwirtschaft zu gewinnen und zu halten, denn ohne Mitarbeiter können auch die familiengeführten Betriebe nicht erfolgreich sein.
Wirtschaftsfaktor Nr. 1 ist der Mensch
In der Milchviehhaltung in Deutschland gibt es viele Möglichkeiten, mit Milchkühen erfolgreich zu sein. Aber welcher Faktor ist der entscheidende?
Festzustellen ist, dass Betriebe in der Regel in den Auswertungsvierteln (++, Mittel, --) bleiben. Es gibt kaum große Veränderungen von Jahr zu Jahr – „jeder bleibt in seiner Gruppe“. Die Gruppen unterscheiden sich hauptsächlich bei den Direktkosten und den Arbeitserledigungskosten – und es gibt meist deutliche Hinweise, dass sich die Betriebsgröße positiv auf das Betriebsergebnis auswirkt.
Dennoch ist jeder Betrieb individuell, da jeder Betriebsleiter, jede Familie individuelle Stärken hat und Chancen nutzen kann und weil jeder Standort seine besonderen Stärken und Herausforderungen hat (Flächenkosten, Ertragsniveau, eigener (Grund)Futteranteil etc.). Individuelle Lösungen können darin bestehen, „besondere Milch“ zu produzieren, um Alleinstellungsmerkmale zu generieren („die klassische Nische besetzen“) oder in die Bio-Milchproduktion einzusteigen, um einen wachsenden Markt bedienen zu können.
Aber auch das ist letztendlich immer eine Frage des Managements und des Standorts. Des Weiteren gibt es kritische Kontrollpunkte (KPI), sowohl bei den produktionstechnischen Details als auch bei den Kostenpositionen, die ein Betriebsleiter im Auge haben muss. Am Ende entscheidet immer der Mensch!