Verknüpfung von Nutztier, Tierwohl und Bioökonomie
Die diesjährige 21. Arbeitstagung „Forum angewandte Forschung in der Rinder- und Schweinefütterung“ fand dieser Tage in rein digitaler Form statt und stand unter dem Rahmenthema „Tierwohl - Nutztier - Bioökonomie“.
Ergänzend zu den beiden Plenarbeiträgen „Fütterungsassoziierte Verhaltensproblemen beim Nutztier“ und „Können wir uns in Zukunft überhaupt noch Nutztiere leisten?“ wurde in den Sektionen Rind und Schwein jeweils ein Workshop „Das Nutztier im Fokus“ durchgeführt. Darüber hinaus präsentierten die öffentlichen und wirtschaftlichen Versuchseinrichtungen in insgesamt 44 Vorträgen ihre neuesten Ergebnisse.
In der gesellschaftlichen Diskussion wird die Tierhaltung derzeit eher negativ gesehen und muss sich deswegen noch stärker mit dieser Kritik auseinandersetzen. Dabei gilt es, neben den grundsätzlichen Fragen zur Tiernutzung die Tierhaltung, allgemein und auch die Fütterung im Speziellen neu zu hinterfragen. Dies erfordert, das Nutztier immer im Fokus zu haben und die Haltung und die Fütterung so gut wie möglich auf die Bedürfnisse des Tieres auszurichten. Hinsichtlich der Fütterung gilt es somit, ihren Beitrag zum Tierwohl weiter auszubauen und ebenso zu gewährleisten.
Andererseits muss aber auch die Bedeutung der Nutztierfütterung in der Bioökonomie mit dem Transfer von für den Menschen nicht direkt essbarer Biomasse in Lebensmittel berücksichtigt und stärker hervorgehoben werden.
Im Rahmen ihres Plenarvortrages ging Dr. Antje Schubbert (Friedrich-Loeffler-Institut, Institut für Tierschutz und Tierhaltung, Celle) auf die Anforderungen der Nutztiere an die Nahrungsaufnahme (Beschäftigung mit der Futtersuche sowie die eigentliche Futter- beziehungsweise Nährstoffaufnahme) und dabei insbesondere auf die „natürlichen“ Verhaltensweisen und die resultierenden Fehlverhalten bei deren Unterdrückung ein.
Als Ursache für Fehlverhalten machte sie unter anderem die fehlende Beschäftigung mit dem Futter während der Futteraufnahme sowie eine mangelnde Sättigung bei der modernen Haltung und Vorlage von nährstoffreichen und leicht verdaulichen Futtermischungen in einer reizarmen Umgebung aus.
Die Workshops vertieften dies für die Bereiche Rind und Schwein mit jeweils drei Beiträgen zu Verhalten, Haltungssystemen und Futter/Fütterung. Die Bewertung der derzeit genutzten Haltungs- beziehungsweise Fütterungssysteme erfolgt ausgehend von natürlichen Verhaltensweisen der verschiedenen Funktionskreise, wie Abliegen, Aufstehen, Futtersuche oder Nestbau, auf deren Schwächen und mögliche Verbesserungen. Dazu ist eine gesamtbetriebliche Sicht notwendig, um einzelne Bereiche gemeinschaftlich zu bewerten und zu prüfen, ob dies am Ende praktisch umsetzbar ist.
Im Einzelnen betrifft das beispielsweise mögliche Änderungen in der Wahl der Futterkomponenten und Fütterungstechnik und vor allem hinsichtlich höherer Freiheitsgrade für die Tiere bei der Futterwahl. Die praktische Fütterung arbeitet bereits mit zusätzlichen Kräutergaben bei Rindern, bei Schweinen steht eine zweite Futterstrecke mit faserreichem „Beschäftigungsfutter“ im Fokus der Betrachtung.
Im zweiten Plenarvortrag klärte Prof. Dr. Wilhelm Windisch (TUM School of Life Sciences, Lehrstuhl für Tierernährung, Freising) auf, dass ausgehend von den Herausforderungen zu Klimaschutz (Nährstoff-/Schadgasemissionen), Nahrungskonkurrenz (Trog – Teller) sowie Nahrungsmittelversorgung der steigenden Weltbevölkerung Nutztiere grundsätzlich nicht als Umweltverschmutzer anzusehen sind. Er stellte im Gegenteil dar, wie über die Tierhaltung die Biomasse-Produktion beschleunigt, absolutes Grünland und Nebenprodukte der Herstellung von Lebensmitteln sowie Lebensmittelreste nutzbar gemacht werden und darüber hinaus hochwertige Lebensmittel tierischen Ursprungs anfallen.
Die weiteren aktuellen Versuchsergebnisse entstammten im Bereich Rind den Themen „Aufzucht/Mast“, „Fütterungsstrategien und Controlling“, „Emissionen“, „N- und P-reduzierte Fütterung“, „Fütterungssysteme“, „Mineralstoffe“ und „Futterbewertung“. Im Bereich Schwein lag der Fokus auf „Protein- und Aminosäurenversorgung“, „P-Reduzierung“, „Beschäftigungs- und Sättigungsfutter“ sowie „Zusatzstoffe“. Die Versuchsansätze wurden in den einzelnen Bereichen mit den wesentlichen Ergebnissen sowie noch offenen Fragestellungen vorgestellt und ausgiebig unter den insgesamt 130 Tagungsteilnehmern diskutiert.
Das Forum angewandte Forschung in der Rinder- und Schweinefütterung ist die bundesweite Plattform für den Austausch von Versuchsergebnissen der praxisorientierten Forschung und zur Abstimmung methodischer Vorgehensweisen. Ausrichter ist der Verband der Landwirtschaftskammern (VLK) in Zusammenarbeit mit der DLG unter Mitwirkung des FLI und des VDLUFA.
Der Tagungsband kann zum Preis von 20,- Euro über die Geschäftsstelle des Verbandes der Landwirtschaftskammern (Haus Düsse 2, 59505 Bad Sassendorf, Tel. 02945/9690540, Mail k-h.gruenewald@vlk-agrar.de) bezogen werden.