Methanverluste mindern
Die globale Erwärmung mit gravierenden Auswirkungen auf Lebensbedingungen und Ökosysteme lässt sich nicht leugnen. Dennoch ist der anthropogene Einfluss auf den klimatischen Wandel nicht in allen Fällen ausreichend zu belegen. So stehen Wiederkäuer in der Kritik, in hohem Maße an der Emission klimaschädlicher Gase wie Methan beteiligt zu sein und somit einen beträchtlichen negativen Einfluss auf die Umwelt auszuüben.
Positiv betrachtet ist die Methanproduktion im Pansen des Rindes das Resultat einer außerordentlich wirksamen und erfolgreichen, evolutionären Entwicklung und Anpassung der Wiederkäuer an die Verwertung von nicht vom Menschen direkt essbarer Biomasse. Dazu zählen insbesondere Gerüstkohlenhydrate (Faserstoffe) aus beispielsweise Gras oder allgemein aus Grobfuttermitteln. Die Methanbildung hat sich dabei erfolgreich als Entsorgungsweg für „überschüssigen“ Wasserstoff etabliert.
Dennoch stellt die Methanabgabe für den Wiederkäuer einen Energieverlust dar, weil dadurch die Futterenergie nicht vollständig genutzt werden kann. Mit weiterentwickelten Methoden der Fütterung und der Zucht könnte aber zukünftig eine effizientere und ressourcenschonendere Nutzung der Futterinhaltsstoffe ermöglicht werden.
Anlässlich der Jahrestagung der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie widmete sich der Workshop dem Thema „Methanverluste beim Rind über Fütterung und Zucht mindern?“. In insgesamt vier Beiträgen wurde dabei den folgenden Fragestellungen nachgegangen:
- Eingangs legte PD Dr. Björn Kuhla (Institut für Ernährungsphysiologie, Leibniz-Institut für Nutztierbiologie, Dummerstorf) die „Grundlagen der ruminalen Methanproduktion, deren Bedeutung für den Treibhausgaseffekt und natürliche Grenzen der Methanreduktion“ dar. Im Einzelnen stellte er fest, dass Wiederkäuer aufgrund ihres quantitativen Beitrags zu den globalen Treibhausgasemissionen mit weniger als 5 Prozent der Gesamtemissionen nicht als allgemeine Klimakiller bezeichnet werden dürfen.
Dennoch haben Wiederkäuer Anteil an den Emissionen, der über verschiedene Ansätze um mehr als 30 Prozent verringert werden könnte. Wirksamer und erstrebenswerter scheint jedoch eine Kombination von Maßnahmen zu sein, die auf eine optimierte Fütterung zur Erhaltung der Tiergesundheit abzielt und gleichzeitig eine Reduzierung von Methanemissionen und eine verstärkte Kohlenstoffbindung im Boden anstrebt. Letzteres kann durch intelligente Weidehaltungskonzepte unterstützt werden.
- Sehr aussichtsreiche Möglichkeiten zur „Nutzung von mittleren Infrarotspektren (MIR) der Milch zur Abschätzung der Methanemission von Kühen“ präsentierte Herr Prof. Dr. Nicolas Gengler (Gembloux Agro-Bio Tech, Universität Lüttich, Belgien). MIR-Spektren werden bereits routinemäßig, wiederholbar und in großem Maßstab zur Abschätzung der Feinmilchzusammensetzung erfasst. Ohne systematische Verzerrungen sollten daher MIR-basierte Schätzungen über einen längeren Zeitraum zuverlässige Aussagen zu den tierindividuellen Methanemissionen ermöglichen. Hiervon könnten langfristig das Management und die Zucht erheblich profitieren.
Aktuelle Gleichungen ermöglichen bisher aber lediglich Momentaufnahmen. Verbesserungspotenziale werden in den derzeit verwendeten Kalibrierungsmethoden gesehen. Ein Nachteil ist bislang, dass die Fütterung von Additiven, die die natürliche Methanogenese stören, wahrscheinlich auch die MIR-basierte Methanvorhersage unzuverlässiger machen.
- Zur „Rolle der Genetik für die Methanemission bei Rindern“ berichtete Prof. Dr. Hermann H. Swalve (Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle/Saale). Der Fokus lag dabei auf den genetischen Einflüssen des Wirts auf das Mikrobiom des Pansens. Die individuelle Variation der Methanemissionen wird zwischen den Kühen teilweise genetisch kontrolliert, und die genaue Messung der Methanemission beinhaltet aufgrund des hohen Aufwands große Unsicherheiten.
Die Unwägbarkeiten beziehen sich auf die beste Merkmalsdefinition, eine präzise aber kostengünstigste Messtechnik, die genetische Korrelation mit anderen Merkmalen und den Ansatz, der gewählt werden muss, wenn Methanemissionen in die Züchtungsziele einbezogen werden sollen.
Darüber hinaus ist unklar, ob ein Ansatz, der auf das Pansenmikrobiom und die relative Häufigkeit mikrobieller Arten fokussiert, oder ein klassischerer Ansatz, der auf genetische Einflüsse des Wirts und deren Assoziationen mit Methanphänotypen abzielt, die beste Strategie zur Reduktion von Emissionen durch die Züchtung ist.
- Im vierten Beitrag ging Prof. Dr. Michael Kreuzer (Institut für Agrarwissenschaften, Eidgenössische Technische Hochschule, Zürich, Schweiz) auf die möglichen Maßnahmen zur „Steuerung der Methanemission durch die Fütterung“ ein. Hier scheint die Liste an Maßnahmen, die in die „Toolbox“ zur Methanreduktion aufgenommen werden sollen, recht umfangreich, und Effizienz, Preis und Nebenwirkungen, insbesondere auf die Leistung, variieren stark. Daher ist es auch wahrscheinlich, dass es nicht die eine Maßnahme gibt oder geben wird, die für alle Betriebe gleichermaßen geeignet ist.
Vielmehr sollte nach maßgeschneiderten Lösungen für einzelne Länder, Regionen oder landwirtschaftliche Betriebe gesucht werden. Dazu müssen einzelne Minderungsmaßnahmen auch auf ihre Wirkungen auf andere Emissionen wie Stickstoff (zum Beispiel Lachgas, Ammoniak oder Nitrat) untersucht werden. Einige Produkte zeigen Effekte gegen mehr als eine Art von Emissionen (zum Beispiel Tannine), andere dagegen nicht (zum Beispiel Lipide).
Insgesamt ist es ratsam, die schnelle Umsetzbarkeit der Maßnahmen für Tierproduktionssysteme vor dem Hintergrund der wesentlich kürzeren Halbwertszeit von Methan in der Atmosphäre gegenüber Kohlendioxid mit zu betrachten, um entsprechend schnelle Auswirkungen auf beziehungsweise gegen die globale Erwärmung zu erzielen.
Die einzelnen Beiträge wurden in den Proceedings zur 75. Jahrestagung der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (16. bis 18. März 2021) abgedruckt und können beim DLG-Verlag bezogen werden (Preis: 29,90 Euro zzgl. Versand, ISBN 978-3-7690-4114-9). Weitere Informationen erhalten Sie im DLG-Fachzentrum Landwirtschaft (Kontakt: Dr. Detlef Kampf, Tel.: 069/24788-320, Mail: d.kampf@dlg.org).