„Veränderungen müssen in realistischen Schritten gemacht werden!“
Herr Lötzke, schildern Sie uns doch bitte kurz Ihren Werdegang!
Gunther Lötzke: Ich stamme aus dem Kreis Osnabrück und bin nach dem Landwirtschaftsstudium in Bonn nach Ostwestfalen gekommen. Die Stelle als landwirtschaftlicher Verwalter auf einem Demeter-Betrieb war meine erste Stelle und dabei ist es dann geblieben. Vor dem Studium habe ich Landwirt gelernt und während des Studiums auch einige Zeit als Betriebs- und Erntehelfer gearbeitet. Tendenziell sah ich meine berufliche Zukunft im Osten Deutschlands auf einem konventionellen Betrieb, weil es dort zum einen viel mehr Verwalterstellen gab und zum anderen kam ich ja aus dem konventionellen Bereich. Aber ich bin heute ganz froh, dass ich nun in dieser Region zwischen Bielefeld, Kassel, Paderborn und Höxter lebe und arbeite. Ursprünglich war die Stelle auf ein Jahr geplant gewesen. Mein Vorgänger hatte ein DLG-Trainee angetreten und ich sollte ihn für diese Zeit vertreten und nun sind es schon 24 Jahre.
Und wie stellte sich dann der „Wechsel“ in den ökologischen Landbau dar?
Lötzke: Ich hatte schon während des Studiums „Organischer Landbau“ bei Professor Köpke gehört, das hat mich interessiert. Die Chance, einen Biobetrieb zu leiten, ist dann an mich herangetragen worden. Es war eine große Herausforderung. Ich habe noch viel dazulernen dürfen! Natürlich stellte sich mir die Frage: Wo liegen die Gemeinsamkeiten zwischen der konventionellen und der ökologischen Bewirtschaftungsweise? Es gibt auf jeden Fall Brücken im Bereich der Bodenbearbeitung, der Unkrautregulierung und in der Fruchtfolge. Aber es gibt aber Unterschiede im Detail. Ob ich die Unkrautregulierung dabei mit Glyphosat erledige oder mechanisch durchführe, ist ein grundsätzlich anderer Ansatz. Wir unterhalten uns über dieselben Stellschrauben, haben aber andere Lösungen.
Und wo gibt es Unterschiede?
Lötzke: Ein Unterschied ist zum Beispiel, dass der Ökolandbau den Boden schon immer als Ökosystem verstand, was in der konventionellen Landwirtschaft erst langsam Gehör fand. Das Bodenleben zu fördern, ist wiederum auch ein Ziel der „Regenerativen Landwirtschaft“. Doch auch hier bestehen Unterschiede im Detail , etwa in der Unkrautregulierung. In der Stoppelbearbeitung arbeiten wir alle mit dem gleichen Ziel. Ich würde gern auf den Pflug verzichten, der im Ökolandbau nach wie vor einen hohen Stellenwert hat, aber auf unserem Standort, mit der Trockenheit der letzten Jahre, würden wir rasch Probleme mit Wurzelunkräutern wie Quecken und Disteln bekommen. Also mache ich reinen Tisch, um die Unkräuter zu stören. Um im Ökolandbau komplett auf den Pflug zu verzichten, müsste man noch mehr konzeptionell umdenken. Ich diskutiere auf Messen über die Stoppelbearbeitung mit den Verkäufern der Bodenbearbeitungsgeräte-Hersteller, was Stoppelbearbeitung überhaupt ist und leisten muss. Meist wird nur eine Komponente vom konventionellen Grubber weggelassen und das ist dann der „Öko-Grubber“. Die großen Hersteller produzieren nicht extra für uns. Wenn wir aber konzeptionell an die Stoppelbearbeitungsgeräte rangehen, also Geräte zur Verfügung hätten, mit denen unter unterschiedlichen Bedingungen verschiedene Ziele der Unkrautregulierung verfolgt werden könnten, ohne das Thema Strohmanagement zu vernachlässigen, dann gäbe es einen viel größeren Markt, der für ökologische und konventionelle Betriebe von Vorteil wäre. Wahrscheinlich wäre es dann auch im Ökobetrieb möglich, teilweise auf den tiefwendenden Pflug zu verzichten.
Wie sind Sie denn überhaupt zur DLG gekommen?
Lötzke: Als ich mein Studium 1997 abschloss, gab es eine Prämie für gute Studienabsolventen, ein Jahr Mitgliedschaft in der DLG. Dabei ist es dann geblieben und ich bin von den Vorteilen der DLG überzeugt. In den DLG-Mitteilungen finde ich fachlich hochwertige Artikel, das Niveau ist sehr gut. Schon während meiner Diplomzeit habe ich Artikel von dort verwendet. Auch von den Wintertagungen nahm und nehme ich immer wertvolle Anregungen mit. Die Vorträge dort sind informativ und stichhaltig. Allerdings muss ich auch klar sagen, dass ich mich in den ersten Jahren meiner Mitgliedschaft zunächst in der DLG als Ökolandwirt nicht wiedergefunden habe. Das hat sich allerdings mit der Gründung des Ausschusses für Ökolandbau geändert.
Wie nehmen Sie die Arbeit im DLG-Ausschuss für Ökolandbau wahr?
Lötzke: Es hat eine Weile gebraucht, aber jetzt sind wir dort angekommen, wo wir auch wahrgenommen werden und wir haben unserem Platz in der DLG gefunden. Unser Wunsch ist, dass der Ausschuss etwas in der Branche hinterlässt, und das erfordert von allen Seiten die Offenheit, sich mit anderen Sichtweisen auseinanderzusetzen. Früher, hatte ich so den Eindruck, war die DLG auf umsatzstarke Großbetriebe ausgerichtet, die sie vor allem über Zahlen als Unternehmen wahrgenommen hat. Heute interessiert man sich auch für die Randgruppen und weiche Faktoren des Unternehmertums. Wir wollen mitgestalten und mitdiskutieren, ohne durch Verbandsdenke eingeschränkt zu sein. Wichtig ist mir vor allem, dass wir fachliche Inhalte und wichtige Themen, wie zum Beispiel auch die CRISPR/Cas-Methode, wertfrei diskutieren. Unter dem Dach der DLG besteht für uns die Möglichkeit dazu, das ist ein großer Vorteil. Über die DLG können wir an die gesamte landwirtschaftliche Branche etwas zurückgeben. Unser Positionspapier (siehe Kasten) ist meiner Meinung nach gut formuliert und umgesetzt. Wir machen damit ein Angebot an die gesamte Landwirtschaft und kommen miteinander ins Gespräch, darum geht es mir.
Was bringt die Zukunft Ihrer Meinung nach in und für die Landwirtschaft?
Lötzke: Ich denke, die gesamte grüne Branche muss ökologisiert werden, da führt kein Weg daran vorbei. Wie viel Prozent Ökolandbau das nachher sind, ist für mich eher zweitrangig, denn da spielen viele Aspekte, wie die Verarbeitung, das Verbraucherverhalten oder auch die politische Unterstützung, mit rein. Es gibt viele Arbeitsfelder zu beackern und ich möchte einen Beitrag dazu leisten, dass sich die gesamte Landwirtschaft positiv entwickelt. Natürlich bin ich überzeugt von dem was ich mache, aber ich bin kein Dogmatiker. Veränderungen müssen in realistischen Schritten gemacht werden. Über die DLG haben wir eine Chance, das umfangreiche Wissen des Ökolandbaus in die Breite zu bringen.
Herr Lötzke, ich danke Ihnen für das Gespräch!
Die Fragen stellte Angelika Sontheimer, Agrarjournalistin aus Winsen (Aller).
Zur Person
Gunther Lötzke ist Gutsverwalter von Gut Holzhausen, das zur Freiherr von der Borch’sche Verwaltung in Nieheim im Kreis Höxter gehört. Gut Holzhausen betreibt ca. 440 ha Landwirtschaft (400 ha Ackerbau und 40 ha Grünland) sowie 800 ha Forstwirtschaft. Die Landwirtschaft wird nach den Vorgaben des Demeter-Verbandes in biologisch-dynamischetr Bewirtschaftung geführt. Der Schwerpunkt liegt im Anbau von Druschfrüchten. Angebaut werden unter anderem Winterweizen, Dinkel, Triticale, Sommerweizen, Hafer, Ackerbohnen, Körnermais und Kleegras als Ackerfutter für die eigene Mutterkuhhaltung. Seit 2018 ist Gunther Lötzke Vorsitzender des DLG-Ausschusses für Ökolandbau, mit dem die DLG den Austausch unter den Landwirten mit unterschiedlichen Bewirtschaftungsweisen fördern und Impulse für die Landwirtschaft geben will. Gunther Lötzke hat mit seiner Lebensgefährtin zwei Kinder.
Bedeutung und Entwicklungschancen des Ökolandbaus
Ein Positionspapier des DLG-Ausschusses für Ökolandbau
Der DLG-Ausschuss für Ökolandbau versteht sich als verbandsunabhängiger Zusammenschluss von erfolgreichen ökologisch wirtschaftenden Landwirtinnen und Landwirten. Mit seiner Arbeit unterstützt der Ausschuss den Fortschritt im Ökoackerbau und der Ökotierhaltung und setzt Impulse in der Betriebsführung.
Die zehn Positionen
- Ökolandbau ist der Nische entwachsen.
- Ökolandbau bietet Lösungsansätze auch für die konventionelle Landwirtschaft.
- Ökolandbau kann Taktgeber bei nachhaltigen Innovationen sein.
- Das Regelwerk des Ökolandbaus ist der Garant für Akzeptanz und Vertrauen.
- Ökotierhaltung ist flächengebunden.
- Ökolandbau verfolgt ein gleichwertiges Zielbündel aus Artenvielfalt, Tierwohl, Nährstoffeffizienz und Ertragsleistung.
- Ökolandbau muss Defizite entschlossen angehen.
- Ökolandbau muss konsequent weiterentwickelt werden.
- Ökolandbau „liefert“ öffentliche Güter und bedient eine wachsende Nachfrage.
- Die Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen für Ökoprodukte müssen ausgebaut werden.