Spannungsfeld Landwirtschaft/Schule
Patrik Simon zum Bild der modernen Landwirtschaft im Schulunterricht
Hinlänglich bekannt dürfte das Bild der lila Kuh sein, das für eine Entfremdung unserer Kinder von der Landwirtschaft steht. Es heißt, dass Kinder diese für eine Schokoladenmarke bekannte Kuh als Quelle von Kakaogetränken benennen. Das veranschaulicht, wie wenig Wissen viele Kinder von der Landwirtschaft haben und wie sehr ihr Bild vom Ursprung der Nahrungsmittel und deren Herstellung durch Werbung und Medien geprägt ist. Doch wie entstehen diese Vorstellungen in den Köpfen der Kinder, und sind ausschließlich die Medien für das Unwissen und die Trugbilder verantwortlich?
Die massive Präsenz der Medien, nicht nur im Leben unserer Kinder, trägt einen bedeutenden Teil zur Entstehung dieser Bilder bei. Bullerbü-Romantik und vermenschlichte Tiercharaktere in Comics, Kinderbüchern, Trickfilmen und Werbeclips prägen frühzeitig die Fantasie von Kindern und Jugendlichen, die kaum noch Kontakt zur landwirtschaftlichen Praxis haben. Aufgabe der Schulen sollte es sein, diese Trugbilder durch die Vermittlung fundierten Wissens zu korrigieren und einen unvoreingenommenen Zugang zur modernen landwirtschaftlichen Praxis zu ermöglichen.
Eine wesentliche Grundlage dafür bilden Unterrichtsmaterialien wie Schulbücher, Arbeitsblätter oder Kopiervorlagen und Lehrfilme. Da die meisten Lehrkräfte heute beinahe ebenso wenig Bezug zur Landwirtschaft wie die Kinder haben, müssen sie den fachlichen Aussagen der Materialien vertrauen (können). Im Einsatz befindliche Schulbücher sind jedoch häufig veraltet und können somit überholte Methoden landwirtschaftlicher Praxis darstellen. Und Texte, die oft von fachfremden Autoren verfasst werden, enthalten fehlerhafte Informationen, wie unsere regelmäßigen Schulbuchanalysen über viele Jahre zeigen. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner hatte daher im Juni 2020 die Kultusministerien auf diese Missstände in den schulischen Lehrwerken hingewiesen.
Oft spiegeln die Materialien auch das Sendungsbewusstsein von Autoren wider, die durch eine tendenziöse Aufbereitung der Inhalte die schulische Meinungsbildung lenken. Vertreter von Interessensverbänden und „Bauernhofpädagogen“ ohne landwirtschaftliche Erfahrung werden in das Unterrichtsgeschehen eingebunden, um Schulkindern die Landwirtschaft zu erklären. Damit wird die Deutungshoheit zur Landwirtschaft an fachfremde Personen übergeben, die zu einer Polarisierung gegenüber der Landwirtschaft beitragen.
Für ein unvoreingenommenes Bild von der modernen Landwirtschaft ist es daher besonders wichtig, objektive und fachlich fundierte Fakten im Unterricht zu vermitteln und die Meinungsbildung der Schulkinder durch Realbegegnungen mit der Landwirtschaft zu ermöglichen. Die Einladung auf einen modernen Bauernhof als außerschulischem Lernort ist daher ebenso wichtig wie die Bereitschaft und Befähigung von Landwirten zur Beteiligung am Unterrichtsgeschehen in der Schule. Die Aufgabe unseres gemeinnützigen Vereins besteht auch darin, die Landwirte bei dieser Arbeit zu unterstützen.