Agritechnica-Neuheiten
Markus Demmel zur Frage, wohin sich die Landtechnik entwickelt
Zur Agritechnica 2022 hatten 164 Aussteller ihre Messeneuheiten zum Wettbewerb um die Innovation Awards eingereicht. Wie viele Medaillen können Sie diesmal vergeben und was ist der wichtigste Innovationstreiber?
Dr. Markus Demmel: Die Neuheitenkommission, die sich in diesem Jahr aus 36 Mitgliedern zusammengesetzt hat, Vertreter aus Wissenschaft und Forschung, Beratung und praktische Landwirte, hat eine Gold- und 16 Silbermedaillen vergeben. Innovationstreiber sind die Veränderungen der Anforderungen an die Landwirtschaft. Diese sind nicht mehr nur die Steigerung der Leistung und der Qualität von Arbeitsverfahren, sondern zunehmend der Beitrag der Technik zu einer nachhaltigen landwirtschaftlichen Produktion.
Welche Rolle spielen die Aspekte Arbeitsqualität und -erleichterung bei der Weiterentwicklung von Landtechnik heute?
Dr. Demmel: Die angeführten klassischen Kriterien sind weiterhin sehr wichtig. Sie sind entscheidend für die tägliche Arbeit und den wirtschaftlichen Erfolg auf den landwirtschaftlichen Betrieben.
Und Effizienz, Spritverbrauch, höhere Produktivität?
Dr. Demmel: Die Forschung und Entwicklung der Landtechnikhersteller hat diese Aspekte weiterhin im Blick. Aber alle konzentrieren sich heute vermehrt auf die kompletten Arbeitsverfahren, deren Optimierung und den Beitrag, den eine neue Maschine oder ein verbessertes Gerät dazu leisten kann. Da spielen Effizienz und Produktivität eine Rolle, aber nicht mehr die alleinige. Daneben gewinnen aber weitere Aspekte eine immer größere Bedeutung.
Sie meinen Themen wie Bodenschutz, Zwischenfrüchte, Präzision bei der Aussaat, weniger chemischer, mehr mechanischer Pflanzenschutz sowie auch die Strohverteilung beim Mähdrescher?
Dr. Demmel: Landtechnische Innovation werden in Zukunft zunehmend an ihrem Beitrag zu den bekannten Nachhaltigkeitszielen gemessen werden, zu denen sich ja auch die Landwirtschaft bekannt hat. Die von Ihnen angesprochenen Themen sind hier zuzuordnen. Es wird aber weitergehen müssen bis beispielsweise zum Beitrag der Landtechnik zur Erhaltung beziehungsweise Steigerung der Biodiversität.
Die Goldmedaille wurde diesmal an einen Systemtraktor für Controlled Traffic Farming verliehen. Dieser soll eine höhere CO2-Bindung durch die Landwirtschaft - „Carbon Farming“ - ermöglichen. Auch bei vier weiteren Silbermedaillen findet man die Verringerung von CO2-Emissionen als Begründung genannt. Ist das Thema derzeit noch eher ein gern kommunizierter Nebeneffekt oder ist die CO2-Verringerung heute schon ein zentraler Innovationstreiber in den Entwicklungsabteilungen?
Dr. Demmel: Ich denke wir müssen beim Thema „Carbon Farming“ sehr stark aufpassen, damit wir nicht mehr versprechen, als wir halten können. Die von der Neuheitenkommission ausgezeichneten Innovationen zeichnen sich unter anderem durch die Verringerung von CO2-Emissionen aus. Auch die Landwirtschaft verursacht CO2-Emissionen und die müssen wir verringern. Daran haben Landtechnikhersteller bereits in der Vergangenheit gearbeitet und daran werden in Zukunft landtechnische Innovationen auch gemessen werden.
Bei der Goldmedaille gab die CO2-Thematik nicht allein den Ausschlag, obwohl die elektrischen Antriebe und die Perspektive, den dazu notwendigen Strom später mit Brennstoffzellen zu erzeugen, zur Verringerung direkter CO2-Emissionen beitragen. Für die Juroren war das innovative, weit über das bisher bekannte hinausgehende und bereits sichtbar realisierte Gesamtkonzept mit all seinen in der detaillierten Begründung aufgeführten Eigenschaften entscheidend.