Wie fair ist „faire Milch“?
Der Milch-Marker-Index ist gut geeignet, um sich ein Bild von einem fairen Auszahlungspreis zu machen. Er stellt die durchschnittlichen Milcherzeugungskosten in der konventionellen und ökologischen Milcherzeugung dar.
Im Oktober 2021 lagen die Milcherzeugungskosten für Bio-Milch bei 64,39 Cent/kg, für konventionelle Milch bei 46,13 Cent. Die Milchauszahlungspreise der Molkereien lagen für Bio-Milch bei 48,66 Cent/kg, für konventionelle Milch bei 37,45 Cent.
sternenfair
Die konventionelle H-Milch sowie die Milchprodukte von „sternenfair“, der Marke der MVS Milchvermarktungs-GmbH, werden in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und NRW angeboten. Die Milcherzeuger erhalten 40,15 bis 44,15 Cent/kg Milch. Angesichts der steigenden Milchpreise plant die MVS für die „sternenfair“ Produkte eine Erhöhung der Auszahlungspreise im Februar 2022. Hinter der MVS steht der Verein freie Bauern e. V. mit 110 angeschlossenen Landwirten.
Die Faire Milch
„Die Faire Milch“ ist ein Projekt des Bundesverbandes deutscher Milchviehhalter (BDM). Der BDM schreibt pro Liter konventioneller Milch einen Grundpreis von 45 Cent fest. Laut Stiftung Warentest ist die Auszahlung jedoch nur lückenhaft rückverfolgbar. Hofbetreiber werden nicht nach verkaufter Menge bezahlt, sondern erhalten eine Gewinnausschüttung auf ihre Genossenschaftsanteile.
Berchtesgadener Land
Von rund 1.800 Milchviehhaltern aus der südbayerischen Berg- und Alpenregion stammt die Milch des Molkereiunternehmens „Berchtesgadener Land“. Sie erhalten einen höheren Preis für die Milch als üblich: 41,34 Cent/kg für die Bergbauern-Milch, 40,33 Cent/kg für konventionelle Milch, 49,82 Cent/kg für Bio-Naturland-Milch und 51,83 Cent/kg für Bio-Demeter-Milch.
„Du bist hier der Chef“
Mehr als 9.300 Verbraucher haben im Rahmen der Initiative „Du bist hier der Chef“ über die Vergütung für die Milchbauernbetriebe abgestimmt. Die Landwirt:innen erhalten 58 Cent/kg Bio-Milch. Wenn notwendig stimmen die derzeit mehr als tausend Vereinsmitglieder über eine Erhöhung der Auszahlungspreise ab. Die unverbindliche Preisempfehlung von 1,45 Euro ist auf der Verpackung aufgedruckt, damit der Handel möglichst keinen höheren Preis festsetzt.
Schwarzwaldmilch
Die Molkerei Schwarzwaldmilch geht mit ihren Auszahlungspreisen transparent um und informiert dazu auf ihrer Homepage. So erhielten Erzeuger 2021 durchschnittlich für konventionelle Milch 40,32 Cent/kg und für Bio-Milch 56,03 Cent/kg.
Ein Herz für Erzeuger
Einen anderen Ansatz verfolgt Netto mit seiner Marke „Ein Herz für Erzeuger“. Seit 2008 werden unter anderem konventionelle Milch sowie Emmentaler Käse und Mozzarella mit einem Preisaufschlag von 10 Cent pro Packung angeboten. Die Werbung suggeriert, dass die Milcherzeuger einen Aufschlag von 10 Cent bekommen.
Die Höhe des Aufschlags richtet sich jedoch nach dem Umsatzanteil der Milch „Ein Herz für Erzeuger“ am gesamten Milchumsatz von Netto. Beträgt er 10 Prozent, erhalten die Milchbetriebe von der Molkerei etwa 1 Cent zusätzlich. Nur wenn die gesamte Milch bei Netto als „Ein Herz für Erzeuger“-Milch verkauft würde, erhielte jeder Milchbetrieb 10 Cent/Liter.
Fazit
„Natürlich hilft jeder Cent mehr Erlös den Erzeugern“, so Frank Waskow, Lebensmittelexperte bei der Verbraucherzentrale NRW. „Es zeigt sich jedoch, dass man auch die als ,fair‘ ausgelobten Milchangebote prüfen muss. In der Regel wird tatsächlich ein etwas höherer Milchpreis als bei anderen Milchmarken gezahlt – aber die meisten Marken decken in Zeiten niedriger Marktpreise nicht die Kosten vieler Milchbetriebe. Ein wirklich fairer Preis ist erst ab einem Aufschlag erreicht, der zumindest die Kosten der Milcherzeugung deckt.“