Netzwerk Fokus Tierwohl: Netzwerktreffen
Dieser Tage informierte das Netzwerk Fokus Tierwohl in einem Austausch- und Vernetzungstreffen in Berlin über die bisherige Arbeit. Vertreter aus Politik, Fachverbänden, Verwaltung und weiteren Förderinitiativen des Bundes diskutierten dabei über das Tierwohl im Fokus einer nachhaltigen Nutztierhaltung sowie die Bedeutung des Wissenstransfers in die landwirtschaftliche Praxis.
Dr. Beate Bajorat, Geschäftsführerin des Verbands der Landwirtschaftskammern e.V., verdeutlichte in ihrer Begrüßungsrede, dass die tierhaltenden Betriebe derzeit vor großen Herausforderungen stehen und dass der Anpassungsbedarf sehr hoch sei. Die Corona-Pandemie verschärfe die Lage dramatisch. Es müssten alle Kräfte gebündelt werden, um die Ziele nicht aus dem Blick zu verlieren. Veränderungen hin zu mehr Tierwohl müssten demnach immer durch Wissenstransfer begleitet werden – eine Aufgabe, der sich das Netzwerk Fokus Tierwohl angenommen hat.
Dr. Hanns-Christoph Eiden, Präsident der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), bestätigte in seinem Grußwort, dass Landwirte weiter in Tierwohl investieren wollen. Das Verbundprojekt unterstützt Praktikerinnen und Praktiker auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen Tierhaltung und bietet eine fachliche Vernetzung zwischen Wissenschaft, Beratung und Praxis an.
Dr. Hans-Joachim Herrmann, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH), präsentierte stellvertretend für das Tierwohl-Kompetenzzentrum Rind einige bisher im Rahmen des Projektes erarbeitete Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen (AG). Im Bereich Milchviehhaltung arbeiten zwei Arbeitsgruppen an den Themen Klauengesundheit und Umgang mit kranken und verletzen Tieren. Die AG Haltungssysteme Bullenmast erarbeitet abgestimmte Informationsblätter zum Einsatz gummierter Spaltenböden und zur Strukturversorgung in der Bullenmast. In der AG Mutterkuh und Mast entsteht zurzeit ein Leitfaden zum Umgang mit Hitzestress auf der Weide.
Für das Tierwohl-Kompetenzzentrum Schwein berichtete Dr. Thorsten Klauke, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, über bisher erarbeitete Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen. Eine Umfrage bündelte die bisherigen in Betrieben gesammelten Erfahrungen mit Bewegungsbuchten und der freien Abferkelung, um sie weiteren Landwirtinnen und Landwirten zur Verfügung zu stellen und damit bei den kommenden Herausforderungen zu unterstützen. In einer mehrteiligen Broschüre werden wissenschaftliche Erkenntnisse und die Praxiserfahrungen aus der Umfrage genutzt, um mögliche Probleme und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen und eine Hilfestellung in der praktischen Umsetzung in der Sauenhaltung zu geben.
Aus der AG Emissionsminderung heraus entsteht ein Übersichtsartikel zu möglichen emissionsmindernden Maßnahmen in der Schweinehaltung, in dem auch weitergehende Informationen verlinkt werden (zum Beispiel BVT, Projekte, Novellierung der TA Luft).
Für das Tierwohl-Kompetenzzentrum Geflügel stellte Stefan Sagkob, Landwirtschaftskammer Niedersachsen Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen vor. Die AG Jung- und Legehennen bietet Tierhalterinnen und Tierhaltern Empfehlungen und Tipps mit Videomaterial in einem Leitfaden unter anderem zu den Aspekten Fütterung, Beschäftigung, Tierbetreuung und Beleuchtungsmanagement. Für Putenhalter entsteht ein bebilderter Leitfaden zur Darmgesundheit.
Seit Projektbeginn 2020 konnten in über 550 Veranstaltungen fast 31.600 Teilnehmer begrüßt werden (Stand 10. März). Mehr als 480 verschiedene Referenten aus Wissenschaft, Beratung und Praxis teilten zu 122 verschiedenen Themen aktuelles Wissen, neueste wissenschaftliche Ergebnisse aus laufenden Projekten sowie praktische Erfahrungen. Veranstaltungen zur Mobilstallhaltung von Geflügel, der Umgang mit kranken und verletzten Tieren sowie Beschäftigungsmaterialien für Geflügel und Schweine waren dabei besonders nachgefragt. In den kommenden Monaten sind weitere Veranstaltungen in verschiedenen Formaten – neben Online-Seminaren zum Beispiel auch Exkursionen, Vorträge oder Praxisworkshops – geplant.
In der abschließenden Podiumsdiskussion zum Thema „Tierwohl im Fokus einer nachhaltigen Nutztierhaltung“ diskutierten Vertreter der landwirtschaftlichen Praxis (Herr Wilhelm Schulte-Remmert) unter der Moderation von Manuela Stamm mit Bundesminister a. D. Jochen Borchert, PD Dr. Hinrich Snell (BMEL), RA Dr. Helmar Hentschke sowie Stefan Sagkob (Landwirtschaftskammer Niedersachsen) und Dr. Hans-Joachim Herrmann (Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen) über die Umsetzung einer nachhaltigen und tierwohlgerechten Nutztierhaltung in Deutschland.
In der Diskussion wurden neben den Chancen auch die aktuellen Hürden deutlich, die Landwirte beim Um-/ Neubau von Tierwohlställen aktuell erfahren. Einig waren sich alle Vertreter: der Wissenstransfer, die Bildung und Beratung ebenso wie eine fachlich fundierte Öffentlichkeitsarbeit werden zukünftig immer bedeutsamer.