Photovoltaik auf Ackerflächen
Marcus Vagt sieht ein gewaltiges Potenzial
Erst kürzlich hat das Bundeslandwirtschaftsministerium in einem Eckpunktepapier gefordert, dass der Ausbau der Photovoltaik auf Ackerflächen (Agri-PV) für grundsätzlich zulässig erklärt werden soll.
In Anbetracht der Forderung nach mehr emissionsfreier Energie und unabhängiger Versorgung ist das ein durchaus logischer Ansatz, der prinzipiell zu begrüßen ist. Zudem kennzeichnet dieser Ansatz erneut das immense Potential der Landwirtschaft, neben der Erzeugung von Lebensmitteln auch einen Teil der notwendigen Energie unserer heutigen Gesellschaft bereitzustellen. Dass nunmehr bei der Installation einer Agri-PV-Anlage nicht auf die Förderung aus GAP-Mitteln verzichtet werden muss, ist möglicherweise ein bahnbrechender Fortschritt.
Selbstverständlich ist das Thema Agri-PV durchaus differenziert zu betrachten. Gerade in Hinblick auf die jüngsten Ereignisse in Osteuropa und damit auch der Frage nach weltweiter Versorgungssicherheit mit Getreide und Lebensmitteln sowie der stetig wachsenden Weltbevölkerung ist die Nutzung auf landwirtschaftlich produktiven Standorten auch gleichzeitig umstritten. Die Teller-Tank- oder in diesem Fall Teller-Strom-Diskussion lässt grüßen.
Im Falle von Agri-PV schließen sich Produktion von Lebensmitteln und der Erzeugung von Energie jedoch prinzipiell nicht aus! Zudem ist das Thema selbstverständlich auch auf die doppelte Nutzung etwa beim Anbau von Energiepflanzen übertragbar. Neben Natur- und Umweltschutz gilt es letztlich abzuwägen, ob eine etwaige Ertragsreduktion im Verhältnis zur Steigerung der Landnutzungsrate sowie dem Mehrerlös aus der Energieerzeugung steht.
Am Beispiel des großflächigen Anbaus von Weizen werden aktuelle Probleme und Hindernisse deutlich. Wenn Sie auf einem Feld mit Brotweizen zusätzlich Solarmodule installieren, müssen ja trotzdem noch die Mähdrescher durchfahren und wenden können. Mit der Festlegung auf ein passendes PV-System, welches für Jahre und Jahrzehnte die Bearbeitungsrichtung und Abstände zwischen der Unterkonstruktion zur Maschinenbreite und Höhe festlegt, reduziert sich letztlich auch ein Stück weit die Flexibilität hinsichtlich der Vielfalt an geeigneten Kulturpflanzen und Bearbeitungssystemen.
Die Module so zu installieren, dass das noch möglich ist, sei in der Praxis oft schwierig. Mit dem Ergebnis, dass am Ende auf einer Fläche weniger PV-Strom erzeugt wird als möglich und zugleich der Ertrag von - in Deutschland erzeugten - Lebensmitteln sinke.
Aus landwirtschaftlicher Sicht ist zudem das Thema Fruchtfolge bislang wenig berücksichtigt. So hat sich herausgestellt, dass viele Kulturpflanzen hervorragend mit teilweise überdachten Flächen und weniger Sonnenlicht zurechtkommen und sogar Ertragssteigerungen möglich sind. Es spielt jedoch insbesondere die schwankende Witterung ein große Rolle.
In gewöhnlichen, niederschlagsreichen Jahren müsse nach ersten Erfahrungen bei Kartoffeln, Weizen und anderen Getreidearten wie etwa Gerste, Roggen oder Triticale unter feststehenden Unterkonstruktionen mit Ertragseinbußen von bis zu 20 Prozent gerechnet werden. In trockenen Jahren und oder durch Einsatz von nachgeführten Anlagen können hingegen sogar Ertragssteigerungen erzielt werden.
Keine große Überraschung ist, dass etwa Mais als C4-Pflanze sich kaum für Agri-PV-Systeme mit reduzierter Lichtintensität eignet. Leider keine Erfahrungen gibt es für andere wichtige Kulturen wie Raps, Rüben und Leguminosen, die im Rahmen einer breiten Fruchtfolge extrem wichtig sind.
Betrachtet man das Thema unter landwirtschaftlichen, wirtschaftlichen und rein praktischen Aspekten, wird schnell klar, dass die Umsetzung von Agri-PV auf Standorten zur Getreideproduktion vorerst wohl hypothetisch bleiben wird. Abseits der klassischen Getreideproduktion finden sich aktuell jedoch genug Flächen und Projekte, wo Agri-PV absolut positiv bewertet werden kann.
Sonderkulturen, Wein, Obst und Gemüsebau mit oftmals erhöhtem Bedarf an Schutzmaßnahmen etwa vor Regen, Hagel, Wind oder sonstigen Umwelteinflüssen bieten hervorragende Möglichkeiten, und es konnte bereits in zahlreichen Projekten nachgewiesen werden, dass Agri-PV neben dem Energiegewinn auch deutliche Ertragssteigerungen mit sich bringen kann.
Hier haben wir in Deutschland eine Vielzahl an Flächen und ein gewaltiges Potential für eine dezentrale, unabhängige Energieproduktion bei gleichzeitiger Nutzung für die Lebensmittelproduktion.
Warum Grünland aus Gründen des Natur- und Klimaschutzes jedoch prinzipiell ausgeschlossen werden soll, erschließt sich nicht. Ist die Erzeugung von PV-Strom bei gleichzeitiger Weidehaltung doch bereits gängige Praxis, und es gibt doch gerade bei dieser Landbewirtschaftung die wenigsten Hindernisse einer Doppelnutzung.