Von der agra in Leipzig: Das agrarpolitische Forum
Mit Ausbruch des Krieges Ende Februar 2022 sind die Exporte von Getreide und Ölsaaten aus der Ukraine mehr oder weniger zum Stillstand gekommen. In Deutschland dürfte es keine echten Versorgungsengpässe geben, aber die hohen Preise für Betriebsmittel, Energie und Nahrungsmittel bekommen sowohl Landwirte als auch Verbraucher zu spüren, erläuterte der Marktexperte Klaus-Dieter Schumacher.
Daher sei es spätestens jetzt an der Zeit, Ernährungssicherheit neben Klimaschutz, Artenvielfalt, Tierwohl, Diversifizierung oder weitere Ökologisierung in den Blick zu nehmen, sagte stellvertretend für die mitteldeutschen Bauernverbände der sächsische Präsident Torsten Krawczyk.
Entwicklungsländer besonders betroffen
Die Preise auf den internationalen Agrarmärkten befinden sich bereits seit Herbst 2020 im Aufwind, führte Schumacher aus. Ursachen hierfür waren die hohen Einfuhren von Getreide durch China und witterungsbedingte Ernteausfälle in Nord- und Südamerika 2020/21, die auch in diesem Jahr wieder Sorgen bereiten.
Viel härter treffe es, so der Marktexperte, Länder wie Ägypten, Indonesien, die Türkei, aber auch Kenia, Bangladesch oder Äthiopien, die ihren Weizenbedarf in erster Linie aus der Ukraine gedeckt haben. Hier führen die hohen Preise dazu, dass viele Menschen den Kauf von Mehl und Brot einschränken müssen und damit die Zahl der Hungernden steigt.
Der Ausblick auf das kommende Wirtschaftsjahr 2022/23 verspricht Schumacher keine Entspannung. "Leider deutet vieles darauf hin, dass wir vor einer globalen Ernährungskrise stehen“, so Schumacher. Hohe Energie- und Betriebsmittelpreise halten Landwirte davon ab, mehr Flächen zu bestellen. „Die Agrarpreise bleiben also nach Energie der zweite große Inflationstreiber.
Explodierende Nahrungs-, Futter- und Düngemittelpreise - der Krieg in der Ukraine löste auf den internationalen Agrarmärkten Schockwellen aus, erläuterte Prof. Dr. Alfons Balmann, Direktor und Abteilungsleiter am Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO) und Mitglied im DLG-Ausschuss Ländliche Entwicklung. Dadurch werden sich in der Agrarpolitik die Prioritäten verschieben müssen. Allerdings bleiben die bislang ungelösten und drängenden Probleme der Landwirtschaft bestehen.
Die Bauernvertreter aus Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen waren sich darin einig, das mit den politischen Entscheidungen zur Agrarministerkonferenz und im Bundesrat große Chancen vertan wurden, angemessen auf die Auswirkungen des Krieges auf die Agrarmärkte zu reagieren.
„Man hat mehrheitlich die Argumente für die Versorgungssicherheit aus dem Berufsstand einfach ignoriert und will ohne Konsequenzen für Deutschland den eingeschlagenen Kurs beibehalten. Dafür trägt allein die Politik die Verantwortung“, so Krawczyk zum Verbot, die ökologischen Vorrangflächen zur Produktion von Nahrungsmitteln freizugeben.