Gebietsausweisung: Es geht in die zweite Runde
Dr. Friedhelm Fritsch erwartet einen Anstieg der „roten“, mit Nitrat belasteten Gebiete um 50 Prozent
Die Bundesländer sind sodann verpflichtet, bis zum Ende dieses Jahres die mit Nitrat belasteten sowie die – mit Phosphat – eutrophierten Gebiete neu auszuweisen. Dieses Mal darf aber der N-Eintrag aus der Landwirtschaft nicht modelliert werden, und die Gebietsausweisung orientiert sich nur an den Messwerten. Damit wird das Vorsorgeprinzip zum Schutz des Grundwassers vor Nitrat über das Verursacherprinzip gestellt. Außerdem muss die Regionalisierung, also die Einteilung in mit Nitrat belastet und unbelastet innerhalb der Grundwasserkörper weitgehend einheitlich erfolgen. Dazu fehlen aber in einigen Bundesländern noch zahlreiche Grundwassermessstellen, die nun recht kurzfristig eingerichtet werden müssen. Bei der Neuausweisung werden sich vor allem die „roten“, mit Nitrat belasteten Gebiete (NbG) vergrößern müssen - eine Forderung der EU. Man muss von durchschnittlich bis etwa 50 Prozent mehr ausgehen.
Ausnahmen nur bei geringen N-Verlusten
Ausnahmen von den Auflagen der Düngeverordnung (DüV) in den NbG gibt es nicht. Lediglich von einer „Maßnahmendifferenzierung“ ist die Rede, die zukünftig vorgesehen ist und nach der Betriebe mit nur geringen Stickstoff (N-) Verlusten die Auflagen nicht befolgen müssten. Dies muss aber wissenschaftlich begründet werden, und das wird im föderalen Deutschland vermutlich etwas dauern. Aber die Stoffstrombilanzverordnung befindet sich bereits in der Evaluation, somit sollte eine Neubewertung von N-Salden bald möglich sein. Bund und Länder müssen nun schnell handeln.
Steht angesichts der Auflagen der Düngeverordnung (DüV) in den mit Nitrat belasteten Gebieten vielen Betrieben eine schwere Zeit bevor? Die Absenkung der N-Düngung führt - ausgehend von den ermittelten N-Obergrenzen um minus 20 Prozent im Durchschnitt der Flächen in den roten Gebieten - unbestritten zu einer Erlösminderung. Eine Umstellung auf weniger intensiv gedüngte Kulturen ist in der Regel nur sehr begrenzt möglich, denn diese Kulturen haben meist geringere Deckungsbeiträge. Die Behauptung, die N-Bedarfswerte wären allesamt zu hoch, ist unbegründet. Sie wurden aus N-Düngungsversuchen abgeleitet und zwischen den Bundesländern abgestimmt. Eine Aktualisierung wäre dennoch nicht unangebracht.
Teilnahme am Programm „Vielfältige Kulturen“
Anstelle der „minus 20 Prozent“ bietet die DüV die „80 kg mineralisch von 160 kg Gesamt-N/ha“-Ausnahme an, ebenfalls im Durchschnitt der Flächen im NbG. Da sowohl der durchschnittliche Mineraldüngeraufwand als auch der Wirtschaftsdünger-Aufwand in den meisten Betrieben aktuell unter 80 kg N/ha liegen, sollte das eine Alternative für viele Betriebe sein. Wer bis etwa 1 GV/ha Wirtschaftsdünger hat oder beziehen kann, Leguminosen, Braugetreide, Wein oder Obst anbaut oder wer Weidetiere hält, muss diese Möglichkeit prüfen. Sie lässt sich gut mit der Teilnahme an der Agrar-Umwelt-Klimaschutz-Maßnahme „Vielfältige Kulturen“ verbinden, die in vielen Bundesländern angeboten wird, in Zukunft auch als Draufgabe zur gleichnamigen „Öko-Regel“, wobei die Letztere mit aktuell vorgesehenen 30 €/ha deutlich unterbezahlt ist.
In Lagerkapazitäten investieren
Das Ausbringverbot für N-Düngemittel wie Gülle auf Grünland und mehrjährigem Feldfutter ab 1. Oktober im NbG anstatt ab 1. November im „Normalgebiet“ wird für Betriebe mit knapper Lagerkapazität - unabhängig vom Viehbesatz - schmerzlich. Und das Verbot der N-Düngung nach der Hauptfruchternte zu Wintergerste oder Zwischenfrüchten ohne Futternutzung trifft Betriebe mit hohem Wirtschaftsdüngeranfall. Sie müssen zwischen unbeliebten Alternativen wählen, also gegebenenfalls in Lagerkapazität investieren, Viehbestände abstocken oder Biogasanlagen weniger auslasten.
Vor Sommerungen, sofern mit Stickstoff zu düngen, müssen Zwischenfrüchte angebaut werden, ausgenommen in Trockengebieten oder bei später Vorfruchternte. Zwischenfrüchten wurde vielfach bescheinigt, dass sie sich weniger negativ auf den Wasserhaushalt auswirken als meist befürchtet. Allerdings garantieren die zunehmend milderen Winter immer weniger das erwünschte Abfrieren bestimmter Arten.
Neben der Düngeverordnung wird zukünftig auch die Konditionalität in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ab 2023 in die Anbau- und Fruchtfolgeplanung eingreifen. Es wird also enorm wichtig, sich intensiv mit der Fruchtfolge zu beschäftigen, um all diese Herausforderungen zu bewältigen.