Öko-Getreide bietet gute Vermarktungschancen
Die aktuelle Marktsituation bei Bio-Getreide wird auch von erfahrenen Vermarktern als noch nie dagewesen bezeichnet. In der klassischen Vorerntezeit, die genutzt wird, um Vor-Ernte-Kontrakte abzuschließen, schlossen Erzeugergemeinschaften und Verarbeiter kaum Kontrakte. Dies lag vor allem an der großen Unsicherheit bei den zu erzielenden Preisen. Doch auch in dem turbulenten Umfeld bietet der Markt für Öko-Getreide Landwirten und Umstellern Chancen.
Preisvorstellungen gehen auseinander
Die derzeitige Situation auf dem Markt für Öko-Getreide ist geprägt von weiter auseinandergehenden Preisvorstellungen zwischen Ein- und Verkauf. Je näher die Ernte aber kommt, desto mehr Ware wird angeboten. Auf der anderen Seite fragen Mühlen und Verarbeiter aber auch mehr Ware nach, und es konnten Abschlüsse auf deutlich höherem Preis-Niveau getätigt werden als in den Vorjahren.
Zwischenzeitlich ist davon auszugehen, das sich der Markt für ökologische Verbandsware auf dem erhöhten Preisniveau der Vor-Ernte-Kontrakte für fast alle Kulturen stabilisiert. Während der Ernte erwarten die Marktteilnehmer keine großen Sprünge. Bis auf Dinkel ist bei allen Kulturen die Nachfrage auf dem Niveau der Vorjahre.
Die Turbulenzen bei der Preisentwicklung im Verbands-Bio-Bereich liegen zum großen Teil an den gestiegenen Energiekosten, welche die ganze Wertschöpfungskette betreffen. Ein weiterer Punkt für Preissteigerungen sind die aus gestiegenen konventionellen Erzeugerpreisen resultierenden höheren Marktpreise für Bio-Getreide. Wenn die Bio-Erzeugerpreise nicht die steigenden Preise der konventionellen Produkte mitgegangen wären, hätte die Gefahr bestanden, dass Bio-Ware in konventionelle Kanäle abfließt. Diese Ware hätte dann wieder klar am Bio-Markt gefehlt. Durch das auch im Ökomarkt anziehende Preisniveau ist die Ware jedoch auch in den Ökomarkt geflossen.
Bio-Dinkelmarkt ist übersättigt
Ein weiterer Grund für die Preisturbulenzen ist das Verhältnis von Angebot und Nachfrage. Gerade Futtergetreide, Ölsaaten, Speiseweizen, Speisehafer und Speiseroggen haben von einer höheren Nachfrage preislich profitiert. Dinkel dagegen überhaupt nicht, denn der Bio-Dinkelmarkt ist übersättigt und der Bio-Dinkelpreis wird aus der Ernte 2022 deutlich niedriger erwartet als aus den letzten beiden.
Die direkten Folgen des Russland-Ukraine-Krieges betreffen den Verbands-Bio-Getreidemarkt weniger. Bei den Ölfrüchten kann jedoch klar eine stärkere Erhöhung des Preisniveaus beobachtet werden.
Gute Absatzchancen für Umsteller
Für Landwirte, die an einer Umstellung Ihres Betriebes auf Bio interessiert sind, bieten sich in der Vermarktung gute Absatzchancen. Die beiden ersten Bio-Ernten als Umstellungsware finden einen knappen Markt für Futterkulturen vor, der auf ein bis zwei Jahre sicher zu wenig Angebot vorfinden wird. Die Zeiten vom vielen Umstellungs-Futtergetreide sind definitiv schon länger vorbei. Gerade bei der Bio-Verbandsware werden die Druschfrüchte in langfristigen Kontrakten besprochen, was zu einer gewissen Preisstabilität führt. Die Nachfrage nach Bio-Produkten hat sich allgemein stabilisiert.
Die Regierungen von Bund und Ländern haben sich auf einen Ausbau des Öko-Anbaus auf 30 bis 40 Prozent bis zum Jahr 2030 festgelegt. Aufgrund dessen gibt es vermehrte staatliche Bemühungen zum Ausbau der Bio-Nachfrage. Darunter fallen auch Bestrebungen staatlicher und privater Akteure in der Außer-Haus-Verpflegung, mehr Bio-Produkte zu etablieren. Durch diese Aktivitäten wird langfristig eine zusätzliche Nachfrage etabliert, die Mengen von Umstellern gut aufnehmen kann.
Daniel Schloz, Geschäftsführer Regionale Bioland Erzeugergemeinschaft (rebio) GmbH, Rottenburg,
Matthias Teufel, Abteilungsleiter Getreidevermarktung rebio GmbH, Rottenburg