Gesunde Klauen, gesunde Sauen
Die „Klauen tragen die Milch“ ist eine Erkenntnis, die das Management in der Milchrinderhaltung bestimmt und der Klauenpflege einen großen Stellenwert einräumt. Dagegen herrscht bei der Haltung von Zuchtsauen oft Ratlosigkeit, denn mit den größer werdenden Tieren wachsen die Probleme. Diese sind beim Schwein viel komplexer. Um sie zu lösen, müssen Maßnahmen der Prävention durch Haltung und Fütterung sowie zur Klauenpflege optimal aufeinander abgestimmt werden.
Verletzungen entstehen durch falsche Bewegungen. Das beweist der Anstieg der Fundamentprobleme bei Sauen von 5 bis 15 Prozent der möglichen Abgangsursachen mit der Umstellung auf Haltungssysteme mit zunehmend mehr Freilauf. Bei der Analyse von Abgangsursachen in Betrieben werden Fundamentschäden und schlechte Kondition oft gemeinsam genannt, was bereits Ursachen und Folgen beschreibt. Der Fundamentschaden ist meist der Hauptgrund für den Abgang, was die Bedeutung des Phänomens für Leistung und Fruchtbarkeit unterstreicht. Bei internationalen Analysen fällt auf, dass in Ländern mit Gruppenhaltungspflicht tragender Sauen, wie beispielsweise in Deutschland, Ballenveränderungen als Folge der Bewegungsaktivität weit vorne bei den untersuchten Auffälligkeiten stehen. Dagegen werden in Ländern mit vorwiegender Kastenstandhaltung vor allem Risse in der Klauenwand als Folge der statischen Belastung beobachtet. Unter dem Begriff „Fundamentschaden“ wird eine Vielzahl unterschiedlicher Verletzungsarten (Klauenschäden, Panaritium, Gelenkschäden) zusammengefasst.
Klauenpflege hilft, ist aber nicht die Lösung
Die anatomischen Voraussetzungen, mittels Klauenpflege korrigierend einzugreifen, sind ganz andere als beim Rind. Die Fußungsflächen sind viel kleiner und die Klauen sind viel härter, sodass kleine Schnitte große Wirkung haben können – im positiven wie im negativen Sinne. Das eigentliche Problem ist aber gar nicht das (noch einigermaßen korrigierbare) Klauenhorn, sondern das viel weniger korrigierbare wuchernde Ballenhorn (was kein Horn im eigentlichen Sinne ist) sowie die Tatsache, dass die Verbindung zwischen den unterschiedlichen Geweben eher schwach ist. So sind Ablösungen und Entzündungen vorprogrammiert. Klauenpflege ist deshalb möglich, aber eher das I- Tüpfelchen. Die Prophylaxe mit dem Ziel, dass überhaupt erst keine Probleme entstehen, ist viel wichtiger.
Kenntnisse zur Anatomie erforderlich
Für die Klauenpflege ist ein Klauenpflegestand mit Kosten bis 10.000 Euro die technische Voraussetzung. Anatomische Kenntnisse sind die Arbeitsvoraussetzung für die Arbeit am Tier. Viele klassische Klauenpflegemaßnahmen vom Rind, wie Verbände und Klötze, funktionieren beim Schwein nicht oder schlecht. Die Auswertung umfangreicher Daten und verfügbare nationale und internationale Literatur zeigen: Die wichtigsten Risikofaktoren sind Alter, Gewicht und Wachstumsgeschwindigkeit bzw. die Leistung der Tiere bei der Haltung auf Betonspaltenboden. Diese gilt es prophylaktisch im Ruder zu halten und die Haltungsverhältnisse zu verbessern, sodass der Klauenpfleger gar nicht gebraucht wird, zumal er nur 20 Prozent der Probleme korrigieren kann.
Vorausschauend denken und arbeiten
Der Bewegungsapparat der Schweine ist anatomisch für das Laufen auf weichem, aber nicht auf hartem Untergrund vorgesehen. Er hat eine systemimmanente Schwachstelle, denn nur der schmale Tragrand der Klauen hat für die Aufnahme der entstehenden Kräfte der Bewegung eine ausreichende Härte. Die für die Vermeidung von Infektionen wichtige Verbindung von Klauenhorn und dem viel weicheren Ballenhorn ist gemessen an den Kräften, die der Fuß aufnehmen muss, vergleichsweise schwach. So können nicht zuletzt durch die Haltungsverfahren mit zunehmendem Freilauf auf vorwiegend hartem Untergrund Verletzungen entstehen. Sie sind eine Folge der Bewegungsaktivität sowie des Körpergewichts an sich und sind damit direkt mit dem Haltungsverfahren und der züchterischen Entwicklung immer schwererer Tiere verbunden.
Entzündungen vermeiden
Mithilfe einer gezielten Fütterung können die Klauen gehärtet und Entzündungen reduziert werden. Um einen Fütterungserfolg zu erzielen, sollte aber unbedingt mit der wachsenden Jungsau angefangen werden. Diese sollten auch auf ihre „Lauffähigkeit“ in ihrer für sie vorgesehen Haltungsumwelt hin selektiert werden. Die klassischen Bewertungsmerkmale für ein stabiles Fundament wie eine lineare Exterieurbeschreibung reichen dafür nicht aus. Regelmäßige Klauenpflege beim Schwein, wie die Korrektur von Fehlstellungen, Kürzen von Klauen und Afterklauen und anderes, ist nur mit der richtigen technischen Ausstattung sinnvoll. Die möglichen Effekte sind aber aufgrund der ganz anderen anatomischen Verhältnisse viel geringer als beim Rind. Trotzdem ist die Klauenpflege ein möglicher und auch sinnvoller Baustein, der aber erlernt und beherrscht werden sollte.
Autor: Dr. Eckhard Meyer, Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie