Agrarrobotik im Fokus
Der DLG-Ausschuss für Digitalisierung, Arbeitswirtschaft und Prozesstechnik traf sich vor Kurzem zu seiner 99. Sitzung am Internationalen DLG-Pflanzenbauzentrum (IPZ) in Bernburg. Neben der Vorstellung der am IPZ in Arbeit befindlichen Digitalisierungsprojekte sowie der Besichtigung der Versuchsflächen stand der intensive fachliche Austausch im Mittelpunkt – diesmal rund um die Agrarrobotik und autonome Systeme, welche die Arbeit auf dem Feld weiter voranbringen sollen.
Dazu passend hatten die Mitglieder und Gäste des Ausschusses bei der Anreise nach Bernburg erstmals die Gelegenheit, das beim DLG-Innovation Award 2022 mit einer Goldmedaille ausgezeichnete Pflanzenproduktionssystem NEXAT direkt an einem Einsatzbetrieb in Augenschein zu nehmen und die inzwischen gesammelten Erfahrungen im Praxiseinsatz mit den Konstrukteuren des Systems intensiv zu diskutieren.
Vor allem die unterschiedlichen Alternativen modernster autonomer Technik und deren Herausforderungen standen auch am zweiten Tag der Veranstaltung im Mittelpunkt. In bestehende betriebliche Strukturen mit Standard-Schnittstellen und herkömmlichen Geräten passt die Entwicklung autonomer Traktoren, wie beispielsweise der zur Sitzung vorgestellte AgXeed.
Mehrere andere Anbieter hingegen warten mit autonomen Gerätefunktionen auf, brauchen jedoch den herkömmlichen Traktor noch als Zugmaschine. Als Beispiel wäre das Hacken innerhalb der Pflanzenreihe zu nennen.
Permanente Fahrgasse - Ungestörter Wachstumsraum
Ein neues Pflanzenproduktionssystem auf Basis eines elektrisch angetriebenen Wide-Span-Wechselträgerfahrzeugs adressiert dagegen bislang einzig die Firma NEXAT. Der „All-In-One-Systemtraktor“ erledigt sämtliche Arbeitsschritte, von der Bodenbearbeitung über die Saat, den Pflanzenschutz und die Düngung bis hin zur Ernte. Dazu kann die jeweils benötigte Maschine oder das Gerät modular über ein Schnellwechselsystem in den Systemtraktor eingebaut werden; zusätzliche, eigene Fahrwerke sind nicht mehr erforderlich.
Aufgrund der gleichbleibenden Arbeitsbreite gewährleistet das System die uneingeschränkte Nutzung des Controlled Traffic Farmings (CTF) und ist für die vollständige Autonomisierung vorbereitet. Systembedingt wird mit dem NEXAT-System der größte Teil der Ackerfläche nie wieder überfahren (je nach Flächenkonstellation und Arbeitsbreite rund 95 Prozent).
Ob autonomer Traktor, Saat- und Hackroboter oder ein gänzlich neues, umfassendes Produktionssystem, für alle Geräte ist zunächst die sichere Umfeld-Wahrnehmung essenziell. Mit entsprechendem technischen Aufwand scheint dies für den Feldeinsatz zumindest eine noch lösbare Aufgabe bei langsam arbeitenden und leichten Feldrobotern.
Bei der Arbeit am Feld sollten darüber hinaus Störungen möglichst autonom und zuverlässig erkannt und selbsttätig wieder beseitigt werden können. Der Nutzer oder Monteur zur Störungsbeseitigung am Feld kann eigentlich nur die zweitbeste Lösung sein.
Austausch von Daten
Last but not least wäre auch bei den autonomen Systemen der funktionierende Austausch von Daten und Informationen zwischen Robotern und Geräten bis zum Farmmanagementsystem zu berücksichtigen.
Solange alles aus einer Hand stammen soll, könnte der „De-facto-Standard“ genügen. Dabei handelt es sich um einen – nicht von einer offiziellen Organisation – definierten Standard, der sich über die Jahre seiner Nutzung als sinnvoll erwiesen hat und aufgrund seiner Verbreitung weitgehend eingehalten wird.
In einer „bunteren Fabrikats- und Anbieterwelt“ allerdings könnte es hilfreich sein, sich möglichst von Beginn an für einen gemeinsamen Standard starkzumachen, wie Reinhard Gniza, CEO und Gründer des B2B-Unternehmens actnconnect, dem DLG-Gremium erläuterte. Kompatibilität und Interoperabilität heißen die beiden Begrifflichkeiten, die neuerdings zur Entscheidung stehen. Letztere ist eine neue Wortschöpfung, die hoffentlich das meint und umsetzt, was ursprünglich schon mit der Kompatibilität gemeint und beabsichtigt war.
Roland Hörner,
DLG-Fachzentrum Landwirtschaft