Neue Versorgungsempfehlungen für Milchkühe
Die grundlegend überarbeiteten Versorgungsempfehlungen für Milchkühe sind mit der Einführung innovativer Konzepte für die Energie- und Proteinversorgung verbunden. Damit wird der neueste Stand des Wissens genutzt und zudem – bei entsprechendem Fortschritt an Erkenntnissen – eine Fortschreibung erleichtert. Zudem legen die neuen Konzepte einen besonderen Wert auf die Einbeziehung von Laborverfahren bei der Ermittlung von Futterwertmerkmalen. Die vorausgegangenen Empfehlungen aus 2001 werden damit abgelöst.
Zur Vorstellung der detaillierten Inhalte und intensiven Diskussion mit den zukünftigen Anwendern lädt der Ausschuss für Bedarfsnormen der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie alle Interessierten, die sich mit der Fütterung und Gesundheit von Milchkühen zum Beispiel als Rinderzüchter oder -halter, Fütterungsberater, Futtermittelhersteller, Tierarzt, Entwickler von Rationsberechnungssoftware oder Futtermittelanalytiker befassen, zu einem Workshop am 19./20. September 2023 nach Stuttgart-Hohenheim ein. Hinweise zum Programm sowie zur Anmeldung zum Workshop sind der Webseite der GfE zu entnehmen.
Bei der Entwicklung der konzeptionellen Innovationen wurde ausdrücklich darauf geachtet, Einflussfaktoren, die auf den Futterwert und den Bedarf des Tieres wirken, voneinander zu entkoppeln. Infolgedessen wird es zukünftig einfacher als in der Vergangenheit sein, neues Wissen in die Bewertungssysteme zu integrieren. Die neuen Konzepte legen zudem einen besonderen Wert auf die Einbeziehung von in-vitro-, in-situ- und Laborverfahren in die Bewertungssysteme.
Das unter Verwendung von Originaldaten völlig neu entwickelte Energiebewertungssystem arbeitet mit der Umsetzbaren Energie, die für die Futtermittel in einem dreistufigen Verfahren berechnet wird. Hierbei ist die Verdaulichkeit der Organischen Masse ein Wert von zentraler Bedeutung. Bei der Berechnung des Bedarfs an Umsetzbarer Energie wird zukünftig berücksichtigt, dass bei laktierenden Milchkühen der Erhaltungsbedarf und die Verwertung der Umsetzbaren Energie für die Milchbildung höher sind, als ältere Auswertungen größtenteils nahegelegt hatten.
Das neue Proteinbewertungssystem verwendet das dünndarmverdauliche Protein und die dünndarmverdaulichen Aminosäuren als die neuen Schnittstellen zwischen dem Bedarf und der Versorgung des Tieres. Die Faktoren des Bedarfs und die Einflüsse auf den Proteinwert der Futtermittel werden dementsprechend neu zugeordnet und quantifiziert. Dazu berücksichtigt das neue System Daten zur Variation der Dünndarmverdaulichkeit des Proteins und der Aminosauren zwischen verschiedenen Proteinquellen.
Für die Mineralstoffe und Vitamine bestand keine Notwendigkeit zur Entwicklung grundlegend neuer Konzepte. Allerdings führten die Auswertungen neuerer Daten zu Anpassungen bei einzelnen Faktoren des Bedarfs, zum Beispiel bei Phosphor oder bei den empfohlenen Konzentrationen im Futter, zum Beispiel bei Vitamin D.
Ein besonderes Augenmerk wurde auf die Ableitung von Orientierungswerten für die Futteraufnahme und auf die Erläuterung von auf die Futteraufnahme wirkenden Einflussgrößen gelegt. Diese Erörterungen sollen dabei helfen, möglichen Zielkonflikten zwischen Gesundheit und Leistung von Tieren vorzubeugen. Gleichwohl wird deutlich, dass die Gesundheit der Tiere eine Voraussetzung für Leistung ist.
An verschiedenen Stellen wird zudem auf die Umweltwirkungen der Milchkuhfütterung eingegangen und wie diese mit Fütterungsmaßnahmen beeinflusst werden können. Der Abgabe von Methan wird sich dabei speziell gewidmet, um damit zur Versachlichung der Debatten um die Klimarelevanz der Rinderhaltung in Fachkreisen und darüber hinaus beizutragen.
Im Weiteren wird auf artgerechte Ernährung, Gesunderhaltung, Einflüsse der Fütterung auf Zusammensetzung und Qualitätseigenschaften der Milch sowie Sonderwirkungen bestimmter Futtermittel und Futtermittelzusatzstoffe eingegangen.
Die neuen Versorgungsempfehlungen sind geeignet, in der Praxis mit ihren vielfältigen Ausrichtungen und Rahmenbedingungen angewendet zu werden, was unterschiedlich intensive Produktionssysteme und Futtergrundlagen für Milchkühe einschließt.
Die Gesellschaft für Ernährungsphysiologie stellt ein Diskussionsforum für Wissenschaftler aller Bereiche der Tierernährung und Ernährungsphysiologie (Physiologie und Biochemie der Ernährung, Fütterungslehre, Futtermittelkunde, klinische Tierernährung und Diätetik) dar, das der Erörterung von Forschungsfragen und der gemeinsamen Suche nach Lösungen dient. Wesentlich ist die Erarbeitung von Bewertungsmaßstäben für Futtermittel und Versorgungsempfehlungen für Energie und Nährstoffe für Nutztiere sowie deren fortlaufende Aktualisierung. Die GfE veröffentlicht regelmäßig wissenschaftliche Empfehlungen und Stellungnahmen, die über die Webseite der GfE (www.gfe-frankfurt.de) zu beziehen sind. Weitere Informationen erhalten Sie in der GfE-Geschäftsstelle im DLG-Fachzentrum Landwirtschaft (Kontakt: Dr. Detlef Kampf, Tel.: 069/24788-320, Mail: d.kampf@dlg.org).
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