Weltweit wurden viele verschiedene Methoden erforscht und entwickelt, um die Zusammensetzung und Verfügbarkeit von Nährstoffen in Böden zu erfassen. Doch nur geeichte Feldversuche können die Laborergebnisse in der Praxis bestätigen. Auf dieser Basis hat der Verein Deutscher Landwirtschaftlicher Forschungsanstalten (VDLUFA) die in Deutschland verwendeten Bodenuntersuchungsmethoden standardisiert. Langjährige Forschung führte zu einem Mengenkonzept mit Einteilung in Gehaltsklassen und daraus abgeleiteten Düngeempfehlungen. Ausgelöst durch verschiedene Aktivitäten meist privater Institutionen, wird im Gegensatz dazu die Methode zur Bestimmung der Kationenaustauschkapazität (KAK) als Grundlage für die Düngeentscheidung aktuell als „moderner“ oder „fortschrittlicher“ empfunden. Ihre Ursprünge liegen jedoch schon in den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts; auch in Deutschland wurde intensiv daran geforscht. Anstelle eines Mengenkonzeptes wurde und wird versucht, die Fruchtbarkeit von Böden vor allem an den Verhältnissen der positiv geladenen Nährstoffe zueinander an den Austauscherteilchen (Ton, org. Substanz) fest zu machen. Damit finden weder Kalkbedarf und Bodenart, noch selektive Nährstoffbindungen an den verschiedenen Austauscherteilchen Berücksichtigung. Zudem werden klärende Feldversuche als unnötig betrachtet. Der Landwirt ist also aufgefordert, Analysemethoden und die Interpretation von Ergebnissen zu hinterfragen.
Was ist was?
pH-Wert: Dieser Wert gibt die Konzentration der sauer wirkenden positiven Wasserstoffionen (H+) wieder. Er kann über verschiedene Methoden gemessen werden. Im Standardverfahren wird eine künstliche Bodenlösung mit Calciumchlorid verwendet. Nimmt man dafür nur Wasser, wie z. B. bei der Kinsey-Methode, fallen die gemessenen Werte etwa um 0,3 bis 1,0 Einheiten höher aus. Nur bei Böden mit pH 7 und darüber besteht kein Unterschied mehr zwischen beiden Methoden. Wer das nicht beachtet, der schätzt den pH-Wert auf sauren Böden zu hoch ein.
Kationenaustausch:
In der Bodenlösung befinden sich die Kationen (Nährelemente mit positiver Ladung) mit ein- oder zweifacher positiver Ladung. Jedes für sich, egal ob es sich um Ammonium, Kalium, Magnesium, Calcium oder Natrium handelt, ist mit einer angelagerten Schicht aus Wassermolekülen umgeben. Um sich an ein Austauscherteilchen anzulagern, muss diese Wasserhülle abgestreift werden. Da für das Ausmaß dieser Anlagerung sowohl die Anzahl der positiven Ladungen (Wertigkeit), als auch die Größe der Wasserhülle eine Rolle spielen, ist dieser Vorgang außerordentlich schwer und nur in theoretischen Modellen berechenbar. Man kann daher nicht durch simple Mengenberechnung die Belegung der Austauscher durch Düngung mit Kalium, Calcium oder Magnesium beliebig verändern.
Kationenaustauschkapazität (KAK):
Zum einen bestimmt die potenzielle KAK das maximal mögliche Austauschvermögen eines Bodens bei pH 7. Da pH 7 für viele leichtere oder organische Böden kein Ziel-pH ist, kann diese Kapazität dort nicht ausgeschöpft oder als Berechnungsgrundlage für Düngeempfehlungen verwendet werden. Es gibt ca. acht verschiedene Methoden zur Bestimmung der potentiellen KAK, die jeweils andere Ergebnisse liefern und nicht direkt vergleichbar sind.
Zum anderen gibt es die effektive KAK, welche die beim aktuell vorliegenden pH-Wert austauschbaren, positiv geladenen Nährstoffe ermittelt. Mit einer Änderung des pH-Wertes im Boden ändert sich auch die effektive KAK, da mit steigendem pH-Wert auch die effektive Austauschkapazität zunimmt und umgekehrt. Die Gehalte an Magnesium und Kalium sind von der effektiven KAK direkt abhängig. Sie kann somit über die in einer Standarduntersuchung bestimmten K- und Mg-Gehalte errechnet werden. Im Normalfall kann deshalb auf eine aufwendige Bestimmung der KAK verzichtet werden. Sowohl die potenzielle, als auch die effektive KAK können mit sehr hoher Genauigkeit geschätzt werden, sofern Ton-, Schluff- und Humusgehalte des Bodens bekannt sind.
Kationenverhältnisse:
Diese geben nur über den momentanen ökologischen Zustand eines Bodens Auskunft, stellen aber keinen Wachstumsfaktor dar. Sie sind Rechenwerte, die in weiten Grenzen variieren, ohne dass die Pflanzen davon einen Nutzen haben oder einen Schaden erleiden. Es gibt genügend Böden, die von einem als ideal angenommenen Verhältnis mit 68 % Calcium, 12 % Magnesium und 2 – 5 % Kalium am Austauscher ganz erheblich abweichen und dennoch optimale Erträge bringen. Ein falsches Verständnis von Kationenaustausch kann damit zu ineffizientem Düngemitteleinsatz führen!
Düngerformen
Während die Düngeempfehlungen aus den Ergebnissen der Standarduntersuchung in Nährstoffmengen erfolgen, legen manche Anbieter von Bodenuntersuchungen mit einbezogener KAK auch die Form der Dünger fest. Das ist zu hinterfragen, da sich Nährstoffverfügbarkeit und pH-Wert nach einer Düngung verändern.
Elementarer Schwefel versauert den Boden sehr stark und wird erst nach seiner Umsetzung in Sulfat-Schwefel pflanzenverfügbar. Zudem wirkt elementarer Schwefel als nicht selektives Fungizid und Bakterizid. Mit hohen Mengen (100 – 200 kg/ha) dieser Schwefel-Form wird zumindest ein Teil der so wichtigen Mikroorganismen im Boden erst einmal abgetötet. Zwar bauen sich die Mikroorganismen im Boden langsam wieder auf, aber dieser Effekt kann nicht im Interesse eines Anwenders liegen, der auf eine größtmögliche Schonung der Mikroorganismen Wert legt.
Abhängig vom Verhältnis von Calcium zu Magnesium und häufig unabhängig vom pH-Wert werden teilweise erhebliche Mengen an Calcium- (Kohlensaurer Kalk) oder Magnesiumdüngern (Dolomit, Kieserit) vorgeschlagen. Viele wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass dieses Verhältnis in sehr weiten Grenzen variieren kann, ohne dass es das Pflanzenwachstum beeinflusst. Der Einsatz dieser Düngemittel ist daher in der Regel unwirtschaftlich. Geologisch bedingt hohe Mg-Mengen in tonigen Böden (z. B. Marschen) und deren Auswirkung auf die Bodeneigenschaften können durch Düngung, wenn überhaupt, nur sehr begrenzt beeinflusst werden. Bei hohen Magnesiumgehalten und/oder hohen pH-Werten wird oft eine Gipsdüngung (CaSO4) empfohlen. Diese ist nicht pH-wirksam. Sehr hohe Mengen an Calcium stehen gar in Konkurrenz zur Magnesiumaufnahme.
Höhere Mengen an reinem Kalium können einen Kalium-Magnesium-Antagonismus bewirken, also eine Konkurrenz in der pflanzlichen Aufnahme. Eine hohe Kaliumdüngung kann deshalb einen Magesiummangel verursachen. Eine höhere Bodenversorgung mit Magnesium hat hingegen keine direkten pflanzlichen Auswirkungen, da die Pflanzen Magnesium nicht selektiv und auch nicht über ihren Bedarf hinaus aufnehmen.
In der Bodenanalytik besteht bei Spurennährstoffen das grundsätzliche Problem ihrer stark pH-Wert-abhängigen Verfügbarkeit. Veraltete Bedarfsbestimmungsmethoden sind bei kalkreichen Böden problematisch. Ungewöhnlich hohe Empfehlungen sind stets zu hinterfragen, wenn die Basis hierfür nicht offengelegt wird.
Fazit
Die in Deutschland etablierten Untersuchungsmethoden fußen auf jahrzehntelanger Forschung, und die Empfehlungen sind an regionalen Feldversuchen geeicht. Die Belegung der Austauschplätze des Bodens wird dabei über die Bodenart berücksichtigt. Um den Boden fit zu halten oder ackerbauliche Probleme zu lösen, führen eine gezielte Beratung und die konsequente Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen am ehesten zum Ziel.