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Methanausweisung im Rahmen der Milchleistungs- bzw. Milchgüteprüfung und Nutzung als Benchmark
1. Einführung
Die Bewältigung des Klimawandels ist die zentrale Herausforderung, die alle Lebensbereiche betrifft. Im Fokus steht auch die Milcherzeugung, da die Kuh insbesondere über den Ausstoß von Methan den Klimawandel befördern kann und vom Klimawandel über Ausfälle in der Futtererzeugung und Hitzestress besonders betroffen ist. Zur Nutzung des Grünlands und zur Versorgung des Menschen mit Milch- und Fleischprodukten bietet sich die Milchkuh aber besonders an, so dass eine Milcherzeugung mit möglichst niedriger Klimawirkung anzustreben ist. Dies dient allen und verbessert die Reputation der Nutztierhaltung. Die notwendigen Instrumente zur Treibhausgas(THG)-Bewertung auf Betriebsebene liegen inzwischen vor und können zur Ableitung von Zielen und Benchmarks genutzt werden. Neu hinzu kommt die Möglichkeit, den Methanausstoß der Kühe über Analyseergebnisse aus der Milch abzuschätzen. Dies gilt für routinemäßig genommene Proben aus der Sammelmilch im Rahmen der Milchgüteprüfung und aus der Milchleistungsprüfung.
Im Weiteren werden die Möglichkeiten zur Minderung von THG-Emissionen aufgezeigt und eingeordnet. Dies betrifft die Klimawirkung der Milchkuh über CO2 (Kohlendioxid), CH4 (Methan) und N2O (Lachgas) sowie die speziellen Möglichkeiten der Ausweisung des CH4-Ausstoßes der Milchkuh und deren Nutzung zur Steuerung der Milchkuhhaltung. Futterbau und Fütterung sind hierbei von zentraler Bedeutung. Zum einen aufgrund der anfallenden Emissionen aus der Futtererzeugung und zum anderen ist der CH4-Ausstoß in erster Linie eine Funktion des in den Vormägen fermentierten Futters. Ferner wird auch die Menge und Zusammensetzung von Kot und Harn und damit deren Klimawirkung durch die Fütterung bedingt.
2. Möglichkeiten der Minderung der Klimawirkung im Milchkuhbetrieb
Die Klimawirkung geht von CO2, CH4 und N2O aus. Hierbei erfolgt eine Umrechnung in CO2-Äquivalente, um eine einheitliche Basis zu haben. CO2 hat hierbei den Faktor 1, CH4 den Faktor 28 und N2O den Faktor 265 (IPCC, 2014). Die Klimagase unterscheiden sich weiterhin in ihrer Halbwertszeit, so wird z. B. CH4 schneller wieder abgebaut als CO2. CO2 fällt bei allen Umsetzungen von Kohlenstoffverbindungen so auch bei der Verbrennung von Diesel im Motor oder Strom-/Wärmeerzeugung aus fossilen Trägern an. Dies betrifft auch die Emissionen aus den vorgelagerten Wirtschaftsbereichen wie z. B. aus der Herstellung zugekaufter Futtermittel und mineralischer Düngemittel. CH4 wird in den Vormägen des Wiederkäuers bei der Fermentation des Futters durch Mikroben gebildet und mit dem Ruktus über Maul und Nase ausgeschieden. Bei der Umsetzung von Gülle im Lager wird ebenfalls CH4 gebildet und freigesetzt. N2O fällt bei der Umsetzung von Stickstoffverbindungen, z. B. aus dem Eintrag von Stickstoff über Mineraldünger oder Wirtschaftsdünger im Boden, an. Die entstehenden Mengen an CO2, CH4 und N2O sind in der landwirtschaftlichen Praxis nicht routinemäßig messbar. Es erfolgt daher eine indirekte Abschätzung auf Basis der vorliegenden Betriebsdaten. Die Kalkulation des CO2-Fußabdrucks wird dann betriebsindividuell mit sogenannten Treibhausgasrechnern durchgeführt. Wichtige Größen sind dabei Art und Umfang der Nutztierhaltung, Erträge und Aufwendungen im Futterbau, wie z. B. Mineraldünger, Diesel, Spritzmittel, etc. sowie die Ausgestaltung der Fütterung. Nach Möglichkeit sollten die angesetzten Betriebsdaten konkret erfasst und gemessen sein. Gute Voraussetzungen ergeben sich durch HiTier, Milchkontrolle und Betriebszweigauswertung (BZA-Milch). Über die BZA-Milch ist auch eine ökonomische Bewertung gegeben. Eine Schwachstelle ist vielfach die betriebliche Futterwirtschaft. Erträge, Verluste und Futter-Effizienz sind nur durch Wiegungen und Futteranalysen zu fassen. Zu empfehlen sind Ernteertragserfassung, Grobfutteranalysen und die Erfassung aller Futtermengen.
Auswertungen von Praxisdaten zeigen eine sehr große Streubreite in den CO2-Äquivalenten je Kuh und je kg Milch bzw. Milch und Fleisch zwischen den Betrieben. Mit zunehmender Milchleistung steigt in der Tendenz die Klimawirkung in CO2-Äquivalenten je Kuh und Jahr, da mehr Futter verbraucht wird. Je kg erzeugter Milch fällt der Wert jedoch, da sich der Aufwand für Erhaltung auf mehr Milch verteilt. Die Unterschiede zwischen den Betrieben sind aber erheblich größer (Zehetmeier et al., 2020). Es empfiehlt sich eine Analyse im Einzelbetrieb, um die zu empfehlenden Ansatzpunkte zur Minderung des CO2-Fußabdrucks herauszuarbeiten. Abbildung 1 zeigt typische Unterschiede zwischen Betrieben.
Wesentlich für den CO2-Fußabdruck sind die Bereiche CH4, Futter und Fütterung, Bestandsergänzung und der Umgang mit Wirtschaftsdünger. Wird Kot und Harn ohne vorherige Lagerverluste in der Biogasanlage umgesetzt, kann der anteilige CO2-Fußabdruck aus dem Wirtschaftsdünger stark gesenkt werden. Beim Futter ist die Senkung der Verluste vom Feld bis zum Trog in Menge und Qualität ein wesentlicher Ansatzpunkt (DLG, 2016). Werden die Verluste gesenkt, ist weniger Fläche zu bewirtschaften und die mögliche Leistung (Milch und Fleisch) aus dem Futter steigt. Ebenso wirkt sich die Höhe der Bestandsergänzung sehr stark aus. Dies liegt v. a. an der Senkung des Futteraufwands im Betrieb bei reduzierter Jungrinderaufzucht und den damit einhergehenden Emissionen aus der Futtererzeugung sowie der Minderung des CH4-Anfalls aus der Jungrinderaufzucht. Bisher relativ wenig beeinflussbar ist die CH4-Menge aus der Verdauung der Kuh. Der zentrale Schlüssel ist die Effizienz in der Futtererzeugung und im Futtereinsatz. Im Ergebnis resultiert eine bessere Wirtschaftlichkeit. Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit gehen daher vielfach Hand in Hand.
In der Praxis gibt es aber vielfach Hemmnisse, die Potenziale zu heben. Ein wesentlicher Ansatzpunkt ist das Controlling. Was man nicht misst, kann man nicht steuern! Aus Tabelle 1 sind die wichtigsten Hebel zur Verbesserung des CO2-Fußabdrucks in der Milchkuhhaltung ersichtlich. Neben der Emissionsquelle sind die Hebel zur Senkung der Emissionen und die dabei bestehenden Herausforderungen angeführt. Die Wirkung auf die Wirtschaftlichkeit ist ergänzend abgeschätzt.
Tabelle 1: Wichtige Ansatzpunkte zur Reduktion von Treibhausgasen in der Milcherzeugung
Emissionsquelle | Hebel | Ökonomik | Herausforderungen |
Futterbau | Düngung, Arbeitserledigung, Weide, Verluste | +++ | Beratung, Logistik, Datenverfügbarkeit, Digitalisierung |
Futteraufwand | Grobfutterqualität, NEL-Effizienz, Controlling … | ++ | Technik, Beratung, Digitalisierung |
„Rucksack“ der Zukaufsfuttermittel | Koppelprodukte aus der Lebensmittelindustrie | +− | Logistik, Deklaration, Verfügbarkeit |
Tier: Lebendmasse, Bestandsergänzung | Nutzungsdauer und Erstkalbealter | +++ | Beratung, anderer Stellenwert bei Zweinutzungsrasse |
CH4-Emissionen aus Wirtschaftsdüngerlagerung | Lagersystem, unmittelbare Vergärung in Biogasanlage | +− | Logistik, Kosten |
CH4 aus der Verdauung | Milch- und Fleischleistung je Lebenstag | ++ | Beratung, Zuchtziele |
Futterzusammensetzung: Fett, etc. | +− | physiologische Grenzen | |
Futterzusatzstoffe | −− | Kosten, Wirkung auf Dauer, Akzeptanz, Nebenwirkungen |
+ Kostenvorteile; − Kostennachteile
Ein wesentlicher Ansatzpunkt ist, wie bereits angeführt, die Ausgestaltung der Futtererzeugung. Neben der Ausgestaltung der effizienten Stickstoff-Düngung, der Futterernte, -konservierung und -lagerung sind Ertragserfassung und ein strategischer Siliermitteleinsatz wichtige Erfolgsfaktoren. Möglichst viel Futter ohne Konservierung, z. B. über Weide, einzusetzen ist zu empfehlen. Darüber hinaus ist die C-Sequestrierung (Humusanreicherung etc.) zu beachten.
Eine gute Effizienz der eingesetzten Futterenergie ist durch Vermeidung von Luxuskonsum, geringe Veränderungen im Body Condition Score (BCS) im Laufe der Laktation, gute Immunitätslage und wenig Stress zu erreichen. Weitere Möglichkeiten bestehen darin, nicht zu schwere Tiere zur Minderung des Erhaltungsanteils und nicht mehr Jungtiere aufzuziehen als nötig. Darüber hinaus gelten als zusätzliche Ansatzpunkte insbesondere die Umsetzung der Empfehlungen zum optimalen Erstkalbealter und die Verlängerung der Nutzungsdauer und somit die Optimierung der Remontierungsquote. Bei den Zukaufsfuttermitteln ist die Vorbelastung aus Erzeugung und Transport, z. B. Anbau in den Tropen, und somit der „Rucksack“, z. B. bei Soja- und Palmprodukten, gering zu halten.
Die Kombination von Milch und Biogas ist aus Sicht der Klimawirkung und der Ressourcennutzung zu empfehlen. Kot und Harn oder der Rückstand aus der Gülleseparierung sollten unmittelbar in die Biogasanlage gelangen, um Emissionen gering zu halten. Als Vorteil ergibt sich mit dem Gärrest ferner ein gut und effektiv im Grünland einsetzbarer Wirtschaftsdünger.
Um die ausgestoßene CH4-Menge aus der Verdauung gering zu halten, ergeben sich drei maßgebliche Ansätze. 1) um den Futteraufwand zu optimieren, empfiehlt sich eine hohe Milch- und Fleischleistung je Lebenstag. Der Benchmark ist in Beratung und Zucht entsprechend anzupassen. 2) über weniger NDF und mehr Fett und Stärke in der Ration kann der CH4-Anfall je kg Futter-Trockenmasse (TM) gemindert werden. In beiden Fällen bestehen allerdings Zielkonflikte im Hinblick auf die physiologischen Anforderungen der Milchkuh und dem Ziel hoher Grobfutterleistungen insbesondere auf Basis Gras. Aus physiologischer Sicht ist die CH4-Bildung erforderlich, um die Funktion des Pansens zu gewährleisten. 3) inzwischen gibt es Zusatzstoffe, die den CH4-Anfall ohne grundlegende Beeinträchtigung der Physiologie von Vormägen und Kuh mindern können. Dieser Ansatz ist grundsätzlich zu begrüßen. Zu klären sind die Übernahme der Kosten und die Akzeptanz. Wenn der Einsatz gesellschaftlicher Konsens ist, um die Klimawirkung der Milcherzeugung zu verringern, sollte dieser allgemein etabliert werden.
3. Methanfreisetzung in den Vormägen und deren Beeinflussung
CH4 wird hauptsächlich in den Vormägen von Wiederkäuern wie der Milchkuh als Folge des mikrobiellen Abbaus und der Fermentation des Futters gebildet. In den Vormägen sind eine Vielzahl an Mikroorganismen (Bakterien, Archaeen, Protozoen, Pilze) vergesellschaftet. Die Mikroorganismen in den Vormägen sind für die Produktion von Enzymen verantwortlich, die das Futter abbauen (Abbildung 2). Die Fermentation des Futters führt zur Bildung der kurzkettigen Fettsäuren Essig-, Propion- und Buttersäure. Ebenso werden im Pansen unvermeidlich CO2 und Wasserstoff (H2) als Fermentationsendprodukte freigesetzt, die von den Archaeen im Pansen zu CH4 reduziert werden. CH4 wird produziert, um den H2 aus dem Pansen zu entfernen und so die Verdauungsprozesse aufrechtzuerhalten (Abbildung 2; Moss et al., 2000).
CH4 entsteht somit zwangsläufig als Nebenprodukt beim Abbau des Futters durch die Mikroorganismen im Pansen. Das Zusammenleben mit den Mikroorganismen ermöglicht dem Wiederkäuer, faserreiches Futter zu verwerten. Daher ist es weder wünschenswert noch möglich, die CH4-Bildung vollständig zu unterbinden. In Abhängigkeit von der Zusammensetzung der Futterration variiert die Zusammensetzung der Gemeinschaft der Mikroorganismen in den Vormägen und damit auch das Verhältnis der Fermentationsprodukte. Somit kann die CH4-Bildung im Pansen durch die Rationsgestaltung beeinflusst werden. Für die Schätzung der CH4-Bildung anhand des Milchfettsäurenmusters wird der Zusammenhang zwischen der Synthese der verschiedenen Milchfettsäuren und der Produktion von CH4 und Fettsäuren in den Vormägen in Abhängigkeit von der Futterration genutzt.
Die Höhe der Futteraufnahme spielt eine entscheidende Rolle für die Höhe der CH4-Bildung. Darüber hinaus sind insbesondere der Faser- und der Fettgehalt in der Futterration von großer Bedeutung. Mit steigendem Ernährungsniveau und damit beschleunigter Passage sinkt der CH4-Ausstoß je kg TM. Dies und die relative Abnahme des Futteraufwands für Erhaltung je kg Milch sowie der steigende Konzentratfutteranteil mit steigender Milchleistung erklären, dass mit steigender Milchleistung der CH4-Ausstoß je Tag sich zwar erhöht, die CH4-Bildung je kg TM aber fällt. Weitere Informationen zur CH4-Bildung und den Möglichkeiten der Einflussnahme sind in GfE (2023) zu finden.
4. Messmethoden für Methan in der Praxis – Maßgaben zur Anwendung
Die klassische Referenztechnik für die Messung des Gaswechsels bei Tier (und Mensch) ist das geschlossene System der Respirationskammer (RC). Allerdings ist diese Messtechnik sehr aufwändig, erlaubt lediglich eine Messung mit geringer Tierzahl und unterliegt Einschränkungen auf Grund der besonderen Haltungsbedingungen während der Messung. Ein weiterer Ansatz zur Messung am Einzeltier ist die Schwefelhexafluorid (SF6)-Tracer Gas-Technologie. Aus dem Verhältnis von SF6 und CH4 in der Atemluft der Kuh kann auf die emittierte Menge an Methan geschlossen werden. Das System ist insbesondere geeignet, um z. B. unter Weidebedingungen zu messen. Ein weiterer Ansatz ist die Erfassung des CH4-Ausstosses von Kühen über einen Laser-Methan-Detektor (LMD). Die Messung der CH4-Konzentration in der Atemluft der Kuh erfolgt mit einem aus dem Berg- bzw. Straßenbau stammenden, portablen Gerät per Laser. Eine Erfassung des ausgeatmeten Volumenstromes erfolgt nicht. In ähnlicher Weise wird mit den sogenannten Sniffer-Systemen lediglich die Gaskonzentration, nicht jedoch der Volumenstrom, erfasst.
In verschiedenen deutschen Versuchseinrichtungen (FLI-Tierernährung in Braunschweig, LAZBW in Aulendorf, FBN in Dummerstorf, LfL-Tierernährung in Achselschwang) wurde das GreenFeed-System zur Erfassung des CH4-Ausstoßes beim Einzeltier installiert. Die Messstation besteht aus einer kleinen Kraftfutterabrufstation mit geschütztem Kopfraum, in dem die Atemluft der Milchkuh erfasst wird und von dort in den Kamin abgesaugt wird. Im Kamin befindet sich ein Luftmassenmesser. Außerdem wird im Kamin eine Probe der Atemluft entnommen und über einen Schlauch in Richtung des Messsensors für CH4 geleitet. Das Messprinzip beruht auf der Nichtdispersiven-Infrarotsensorik. Eine automatische Tiererkennung ordnet die Messung der einzelnen Kuh zu (siehe Abbildung 3).
Weil der CH4-Ausstoß im Tagesverlauf nicht konstant ist, werden täglich mehrere Besuche pro Kuh an den GreenFeedern angestrebt. Von den verschiedenen klassischen Referenztechniken für CH4-Messverfahren scheint das GreenFeed-System (GF; C-Lock Inc.) am besten für den Einsatz in landwirtschaftlichen Betrieben geeignet zu sein, da es einen hohen Durchsatz an Tieren ermöglicht und über lange Zeiträume messen kann. Die erfassten Daten werden online an die „Firma“ weitergeleitet und der Nutzer erhält die konkreten Daten zum CH4-Ausstoß des Einzeltieres zurück. D. h., ein wesentlicher Vorteil dieses Systems ist, dass die Erfassung des CH4-Ausstoßes automatisiert ist und dass die Verrechnung der primär erfassten Daten outgesourct wird. Über den hohen Standardisierungsgrad des Systems sind Messergebnisse aus unterschiedlichen Einrichtungen gut vergleichbar.
In den letzten Jahren wurden verschiedene methodische Protokolle an Milchproben von Kühen getestet, welche mit unterschiedlichen Futtermitteln gefüttert wurden, die sich sowohl auf die CH4- als auch auf die Milchbildung auswirken, um den besten Ansatz für die Vorhersage der mit dem GreenFeed-System gemessenen CH4-Austoßes durch Mittelinfrarot-Spektroskopie (MIR) der Milch zu ermitteln. Ein großer Vorteil dieses Systems besteht darin, dass die Milchprobenahme und Analyse automatisiert ist und die Verküpfung mit den Milchkontroll- bzw. -gütedaten erfolgen kann. Neben der guten Vergleichbarkeit verschiedener Betriebe liefert dieses System über ein hohes Maß an Standardisierung ebenso verlässliche Vergleiche der Messergebnisse von Messtermin zu Messtermin. Neben anderen Verfahren wurden die Milch-MIR-Spektren als vielversprechend identifiziert (Dehareng et al., 2012; Vanlierde et al., 2018, 2021), da sie schnell und kostengünstig sind und derzeit routinemäßig zur Erfassung von Kuhmilch eingesetzt werden. Die Autoren veröffentlichten MIR-Vorhersagemodelle unter Verwendung von CH4-Referenzdaten aus RC- und SF6-Methoden. Sowohl die RC- als auch die SF6-Methode ermöglichen die kontinuierliche Messung der produzierten CH4-Menge über 24 Stunden, wobei das tageszeitliche Emissionsmuster integriert und die kumulierte tägliche CH4-Emission berechnet werden kann. Somit lässt sich der tägliche CH4-Ausstoß leicht mit den entsprechenden Milch-MIR-Spektren vergleichen, um Vorhersagemodelle zu erstellen. Außerdem haben Coppa et al. (2022) gezeigt, dass die Kalibrierung von MIR-Vorhersagemodellen auf Kuhmilch für CH4-Emissionsdaten von GF funktioniert, aber es erfordert spezifische Referenzdaten und eine Verwaltung der Spektren. Durch die Hinzunahme der Kenngröße fett- und eiweißkorrigierter Milch (ECM – energiekorrigiert auf 4 % Fett und 3,4 % Eiweiß) verbesserte sich die Leistung der Modelle, die auf dem Durchschnitt der während des CH4-Messzeitraums aufgezeichneten Spektren basierten, und sie lieferten die beste Vorhersageleistung.
5. Nutzung der Methandaten und Benchmarking
Der auf Basis der MIR-Spektren ermittelte mittlere Methan-Ausstoß der Milchkühe sollte zunächst zur Orientierung im eigenen Betrieb dienen. Wie liegt der Ausstoß an CH4 im Vergleich zu Standardwerten und wie stark schwankt der Wert im Betrieb von Analyse zu Analyse? Der zweite Punkt gibt wichtige Hinweise zur Konstanz in der Fütterung und zu Veränderungen in der Futter-Effizienz. Maßgebend für den CH4-Ausstoß je Kuh und Tag sind die Futtermenge und die Futterzusammensetzung, hier insbesondere der aNDFom-Gehalt (Neutral-Detergenzien-Faser nach Amylasebehandlung und Veraschung). Bei der Zugrundelegung von Standardfutterverbräuchen und üblichen Futtermitteln, wie dies z. B. bei den Standardnährstoffausscheidungen im DLG-Merkblatt 444 (DLG, 2020) berücksichtigt ist, ergeben sich bei Anwendung der Gleichung von Niu et al. (2018) [CH4= -26 + TM • 15,3 + NDF • 3,42] (CH4, g/Tag; TM, kg/Tag; NDFom, % der TM) in Abhängigkeit von der Höhe der Milchleistung folgende in Tabelle 2 angeführten CH4-Mengen als Benchmarks.
Auf das Jahr bezogen beträgt der kalkulierte CH4-Ausstoß 136 kg bei einer Milchleistung von 6.000 kg und 165 kg bei 12.000 kg ECM je Kuh und Jahr. Hierin ist auch der anteilige CH4-Ausstoß aus der Trockenstehzeit enthalten, dieser Anteil kann über die Spektren in der Milch selbstverständlich nicht erfasst werden. Der Abgleich der Daten hat daher für die Laktation zu erfolgen. Der Wert beträgt im Mittel der Laktation 372 g CH4/Tag bei 6.000 kg ECM und 467 g/Tag bei 12.000 kg ECM. Je kg ECM beträgt die Spanne 19,5 bis 12,3 g CH4. Beim Bezug auf die Milch ist zu beachten, dass sich die Kühe auch stark in der Fleischleistung unterscheiden. Der Vergleich sollte daher innerhalb der Rasse, z. B. Deutsch Holstein, Fleckvieh, Braunvieh, erfolgen.
Tabelle 2: Kalkulierter CH4-Ausstoß von Milchkühen in Abhängigkeit von der Höhe der Milchleistung in der Herde bzw. der melkenden Kühe auf der Basis standardisierter Verfahren nach Niu et al. (2018)
Zeitraum: | je Jahr (melkend & trocken) | in der Laktation* | ||||
Milchleistung | Futteraufwand | aNDFom | CH4 | aNDFom | CH4 | |
kg ECM/Jahr | dt TM/Kuh | % der TM | kg/Kuh | % der TM | g/Tag | g/kg ECM |
6.000 | 57 | 46 | 136 | 45 | 372 | 19,5 |
8.000 | 66 | 43 | 145 | 41 | 403 | 15,9 |
10.000 | 74 | 40 | 153 | 38 | 431 | 13,6 |
12.000 | 83 | 38 | 165 | 37 | 467 | 12,3 |
* 320 Melktage je Kuh und Jahr
Als weitere Vergleichsgröße bieten sich regionale Mittelwerte, z. B. des Bezirks, an. Diese sollten auch nach Leistungshöhe und auf Grund der unterschiedlichen Fleischleistung ebenfalls nach Rasse differenziert sein. Die Betrachtung sollte auf Herdenbasis erfolgen, da der Einzelwert, z. B. auf Basis der Schätzgleichung von Niu et al. (2018), einen Fehler (RMSPE) von 14,7 % hat.
Was ist bei Abweichungen vom regionalen Mittelwert zu tun? Wenn der CH4-Ausstoß um mehr als 20 bis 30 g je Kuh und Tag bzw. 1 g je kg Milch nach oben abweicht, sollten die Ausgestaltung der Fütterung und die Futter-Effizienz überprüft werden. Bei der Fütterung stehen die Gehalte an aNDFom, Stärke und Rohfett im Vordergrund. Dies betrifft die Gesamtration und die eingesetzten Futterkomponenten. Zur Ermittlung der Futter- bzw. Energie-Effizienz ist die Futteraufnahme erforderlich. Nähere Informationen zum Vorgehen sind aus DLG (2023) ersichtlich. Die Milchinhaltsstoffe sollten nach Maßgabe des DLG-Merkblatts 451 (DLG, 2022) in die Betrachtung einbezogen werden.
Bei einer merklichen Unterschreitung des jeweiligen Benchmarks für den CH4-Ausstoß je Kuh und Tag und je kg Milch sollten die zuvor angeführten Punkte auch kritisch hinterfragt werden. Eine Funktionsstörung des Pansens und ein zu starker Körpersubstanzabbau insbesondere zu Beginn der Laktation sind unbedingt zu vermeiden.
Die Werte sollten auch dazu dienen, die generelle Strategie zur Minderung der Klimawirkung der Milch- und Rindfleischerzeugung zu hinterfragen, gegebenenfalls neu zu justieren und zu controllen. Insbesondere der betriebliche CH4-Ausstoß kann bei konstanter Milcherzeugung über die Ausgestaltung der Produktion, wie den Anteil weiblicher Nachzucht und das Erstkalbealter, stark beeinflusst werden. Die erzeugte Milch- und Fleischmenge je Lebenstag ist hier eine bewährte Kenngröße und sollte zur Beurteilung allgemein Anwendung finden.
Zukünftig werden auch Zusätze in der Fütterung zur Minderung des CH4-Ausstoßes eine größere Bedeutung erlangen. Der Beurteilung der Wirkung über die Abschätzung des CH4-Ausstoßes mittels der bisherigen Gleichungen auf Basis der MIR-Spektren sind aber Grenzen gesetzt, die es zu beachten gilt. So sind z. B. die in Anwendung befindlichen Gleichungen bei Fütterung ohne derartige Zusätze abgeleitet. Weitergehende Untersuchungen und gegebenenfalls Anpassungen bei den Schätzgleichungen sind für den Bereich der Zusatzstoffe zu empfehlen.
Wie bereits in Kapitel 2 ausgeführt ist der CH4-Ausstoß der melkenden Milchkühe ein Faktor in der Klimawirkung des Betriebs. Hinzu kommt der CH4-Ausstoss der trockenstehenden Kühe sowie der weiblichen Nachzucht und der Verkaufskälber, die CH4-Freisetzung aus dem Wirtschaftsdünger sowie sämtliche Quellen für CO2 und N2O. Alle Punkte sind gleichermaßen zu betrachten, um die Möglichkeiten zur Beurteilung und Minderung der Klimawirkung im Milchkuhbetrieb zu nutzen.
6. Fazit und Ausblick
Die Klimawirkung der Milchkuhhaltung steht im Fokus und Ansätze zur Minderung im Bereich der betrieblichen Futterwirtschaft, der Fütterung und des Herdenmanagements sollten genutzt werden. Zu beachten sind CO2, N2O und CH4. Über die Spektren des mittleren Infrarots (MIR) bei der üblichen Milchuntersuchung kann der CH4-Ausstoß der melkenden Kühe abgeschätzt werden. Im Herden- und Fütterungscontrolling sollten die Daten ergänzend genutzt werden. Entscheidend ist die Klimawirkung des Betriebes unter Beachtung der Ansprüche von Mensch und Tier.
7. Literatur
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GfE [Gesellschaft für Ernährungsphysiologie] (2023): Energie- und Nährstoffbedarf landwirtschaftlicher Nutztiere Nr. 12. Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung von Milchkühen. DLG-Verlag, Frankfurt am Main. In Vorbereitung.
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Vanlierde, A., Soyeurt, H., Gengler, N., Colinet, F. G., Froidmont, E., Kreuzer, M., Grandl, F., Bell, M., Lund, P., Olijhoek, D. W., Eugène, M., Martin, C., Kuhla, B., and Dehareng, F. (2018): Short com-munication: Development of an equation for estimating methane emissions of dairy cows from milk Fourier transform mid-infrared spectra by using reference data obtained exclusively from res-piration chambers. J. Dairy Sci. 101(8):7618-7624.
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Autoren:
Eine Information des DLG-Arbeitskreises Futter und Fütterung
- Joachim Braunleder, Vereinigte Informationssysteme Tierhaltung, Verden
- Dr. Dr. Laura Monica Dale, Landeskontrollverband Baden-Württemberg, Stuttgart
- Dr. Thomas Ettle, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Grub
- Dr. Elisabeth Gerster, Landwirtschaftliches Zentrum für Rinderhaltung, Grünlandwirtschaft, Milchwirtschaft, Wild und Fischerei, Baden-Württemberg, Aulendorf
- Dr. Florian Grandl, Landeskuratorium der Erzeugerringe für tierische Veredelung in Bayern, München
- Dr. Martin Kammer, Landeskuratorium der Erzeugerringe für tierische Veredelung in Bayern, München
- Dr. Detlef Kampf, Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft, Frankfurt am Main
- Dr. Wolfram Richardt, Landwirtschaftliche Kommunikations- und Servicegesellschaft, Lichtenwalde
- Dr. Matthias Schilde, Schothorst Feed Research, Lelystad
- Prof. Dr. Hubert Spiekers, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Grub
- Elizabeth Velasco, Landwirtschaftliches Zentrum für Rinderhaltung, Grünlandwirtschaft, Milchwirtschaft, Wild und Fischerei, Baden-Württemberg, Aulendorf
- Andreas Werner, Landeskontrollverband Baden-Württemberg, Stuttgart
- Dr. Monika Zehetmeier, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, München
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