Experteninterviews
zur DLG-Verpackungsstudie
Verpackungs-Nachhaltigkeit im LEH: Das Beispiel Kaufland
Ein Gespräch mit Kasper Grabowski, Verpackungsspezialist bei Kaufland.
„Alle Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette müssen sich einig sein, dass die schützende Verpackung der Produkte kein Abfall ist, sondern eine wertvolle Ressource, die entwickelt, recycelt und wieder in den Verkehr gebracht werden muss.“
Was verbirgt sich konkret hinter REset Plastic?
Damit verfolgen wir die Vision „Weniger Plastik – geschlossene Kreisläufe“ und setzen auf einen verantwortungsvollen Umgang mit dieser Ressource. Ziel ist es, so wenig Material wie möglich einzusetzen und die verwendeten Materialien in Kreisläufen zu führen.
Wie ist der aktuelle Stand der Zielerreichung?
Für das Geschäftsjahr 2022 verdeutlichen das die folgenden Zahlen: Länderübergreifend reduzierten beide Handelssparten der Schwarz Gruppe ihren Plastikeinsatz bei Eigenmarkenverpackungen um 28 Prozent. Kaufland in Deutschland konnte bereits 31 Prozent, Lidl in Deutschland 29 Prozent Plastik reduzieren. Der Fokus für das weitere Vorgehen liegt neben Verbesserungen im Bereich der Plastikreduktion insbesondere auf dem Einsatz von Rezyklat und der Erhöhung der Recyclingfähigkeit.
…. das bedeutet?
Bis zum Jahr 2025 wollen wir durchschnittlich 25 Prozent Rezyklat in Eigenmarkenverpackungen einsetzen sowie 100 Prozent der Verpackungen unserer Eigenmarkenprodukte maximal recyclingfähig machen. Derzeit werden länderübergreifend durchschnittlich 17 Prozent Rezyklat verwendet. Lidl in Deutschland setzt schon heute 27 Prozent, Kaufland in Deutschland 34 Prozent recyceltes Plastik ein.
Länderweit konnten wir bereits bei 53 Prozent der Eigenmarkenverpackungen maximale Recyclingfähigkeit erreichen. Bei Kaufland in Deutschland sind momentan schon 51 Prozent, bei Lidl in Deutschland 56 Prozent der Eigenmarkenverpackungen maximal recyclingfähig.
Mit der Umweltsparte PreZero ist die Schwarz Gruppe auch im Abfall- und Recyclingmanagement tätig. Welche Möglichkeiten bieten sich in Punkto Verpackungsentwicklung durch die Zusammenarbeit?
Mit PreZero haben wir die Möglichkeit, Verpackungen so zu gestalten, dass diese in der Praxis optimal verwertet werden und nicht nur anhand theoretischer Anforderungen recyclingfähig sind. Zusätzlich haben wir die Chance, smarte Kreisläufe für weitere Verpackungsformate oder auch -materialien zu entwickeln. Gemeinsam arbeiten wir an Lösungen, damit aus Wertstoffen wieder Verpackungen oder andere Gegenstände entstehen.
Welche Erfolge konnten Sie bereits erzielen?
Ein Beispiel sind Wäschekörbe und Spielzeuge, die wir bei Kaufland aktionsweise anbieten. Hier nutzen wir zur Herstellung auch Rezyklat von PreZero.
Ein weiterer Teil der Nachhaltigkeitsstrategie von Kaufland ist die Entwicklung von Verpackungen mit alternativen Materialien. Neu im Sortiment sind etwa Äpfel in einer Verpackung auf Silphiebasis.
Was ist Silphie und warum hat man sich für dieses Konzept entschieden?
Die Silphie-Pflanze wurde ursprünglich als Futtermittel für Tiere von Nordamerika nach Europa gebracht. Die mehrjährige Kultur ist nicht sehr anspruchsvoll, wenn es beispielsweise um den Boden geht, und schützt ihn gleichzeitig vor Erosion durch Wind und Wasser. Heute wird die Silphie als Energiepflanze für die Gewinnung von Biogas eingesetzt. Zusätzlich werden Pflanzenfasern gewonnen, die für die Papierherstellung eingesetzt werden. Zudem bietet sie Insekten einen großartigen Lebensraum, womit sie einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität leistet. Möglichst geringe Ressourcenverschwendung in der gesamten Wertschöpfungskette und Förderung der Bioökonomie sprechen eindeutig für die Nutzung der Pflanze.
Sind noch weitere Produkte damit verpackt?
Neben unseren Äpfeln der Marke Cameo sowie der Eigenmarke K-Bio sind noch einige andere Artikel mit dem neuen Material verpackt, beispielsweise der K-Bio Räucher- sowie der Stremellachs.
Nachhaltigkeit bei MULTIVACNachhaltigkeit bei MULTIVAC
Ein Gespräch mit Matthias Maisel, Experte für Lebensmitteltechnologie, Analytik und Verpackungskonzepte im Innovation Center bei MULTIVAC
„Wir streben nach minimalem Materialeinsatz bei maximalem Produktschutz. Deswegen wird Kunststoff mit seinen einzigartigen Schutzeigenschaften auch in Zukunft wichtig bleiben. Allerdings muss der Schritt von der Linearwirtschaft zur Kreislaufwirtschaft gelingen.“
MULTIVAC arbeitet daran, Lebensmittelherstellern Lösungen für umweltfreundliche Verpackungen anzubieten. Welche Ziele verfolgt das Unternehmen dabei?
Rund 1,5 Milliarden Menschen kommen jeden Tag mit unseren Verpackungslösungen in Kontakt. Deshalb sehen wir Nachhaltigkeit als unsere soziale Verantwortung. Dabei verfolgen wir eine Strategie für ressourcenschonende Verpackungen der Zukunft, die auf drei Säulen basiert: Renew, Reduce und Recycle. Im Bereich „Renew“ beschäftigen wir uns mit neuartigen Verpackungsmaterialien, die fossile Rohstoffe schonen – etwa mit faserbasierten Materialien oder Polymerfolien aus erneuerbaren Rohstoffen. Im Bereich „Reduce“ steht im Fokus, den Materialeinsatz zu reduzieren, unter anderem durch ein cleveres Packungsdesign und dünnere Folien. Wir streben nach minimalem Materialeinsatz bei maximalem Produktschutz. Das ist und bleibt das Wichtigste. Denn es bringt nichts, wenn Verpackungen ressourcenschonend sind, Lebensmittel aber entlang der Lieferkette verderben. Das ist heute leider immer noch ein globales Problem. Deswegen wird Kunststoff mit seinen einzigartigen Schutzeigenschaften auch in Zukunft wichtig bleiben. Allerdings muss der Schritt von der Linearwirtschaft zur Kreislaufwirtschaft gelingen. Darum bemüht sich der Bereich „Recycle“. Hier kommen beispielsweise Folien ins Spiel, die aus einem Monomaterial bestehen und sich deshalb im Vergleich zu Folien, die sich aus mehreren Polymerschichten aufbauen, vergleichsweise einfach recyceln lassen.
Welche Maßnahmen wurden bislang ergriffen und welche Erfolge konnten Sie bis jetzt erzielen?
Um den Materialeinsatz für Verpackungen zu reduzieren, optimieren wir kontinuierlich das Design von Verpackungen und Maschinen. Wir verringern bei Tiefziehverpackungen beispielsweise die Folienstärke durch bestimmte Geometrien im Verpackungsdesign, verkleinern die Siegelnaht- und die Randstreifenbreite. Dadurch ist es bereits gelungen, den Folienverbrauch um über zehn Prozent zu senken. Zudem haben wir unsere Maschinen so modifiziert, dass sie alternative Verpackungsmaterialien verarbeiten können – etwa papierbasierte Materialien oder neuartige Folien aus Monomaterialien. Darüber hinaus setzen wir auf Industrie-4.0-Technologien. Wir statten Maschinen mit Sensoren aus, binden sie in die MULTIVAC Cloud ein und stellen Kunden mit den sogenannten Smart Services digitale Lösungen zur Verfügung, die zum Beispiel Analysen der Produktion durchführen und in Echtzeit Optimierungstipps geben, um die Prozesssicherheit zu erhöhen und Ausschuss zu verringern. Erfolge haben wir nicht zuletzt mit neuen Verpackungsdesigns erzielt, die wir gemeinsam mit Kunden erarbeiten. Etwa bei einer Verpackung für Hackfleisch. Sie bestand ursprünglich aus einer Hartschale aus Polypropylen (PP) und brachte rund 15 Gramm auf die Waage. Im Zuge eines Redesigns haben wir eine Tiefziehverpackung aus einer PA/PE-Weichfolie entwickelt, die nur 5,4 Gramm wiegt. Wir konnten das Verpackungsgewicht also um 65 Prozent senken. Ein beachtlicher Erfolg. Nicht der einzige. Mittlerweile haben wir weltweit mehr als 100 Projekte im Bereich nachhaltige Verpackung umgesetzt. Oft kommen auch Trays aus Papierfasern zum Einsatz, ausgelegt mit einer dünnen Folienschicht zum Schutz gegen Feuchtigkeit und Sauerstoff. Beide Materialien kann der Verbraucher zu Hause mit wenigen Handgriffen sortenrein trennen. Gleichzeitig engagiert sich MULTIVAC bei R-Cycle, einer unternehmensübergreifenden Initiative, die das Recycling von Kunststoffen mithilfe eines digitalen Produktpasses entlang des gesamten Lebenszyklus von Kunststoffprodukten vorantreibt.
Welchen Herausforderungen stehen Sie zurzeit gegenüber und wie begegnen Sie diesen?
Da MULTIVAC global tätig ist, sind unterschiedliche Regularien beim Recycling eine der derzeit größten Herausforderungen für uns und unsere Kunden. Für Monomaterialien beispielsweise gibt es keine einheitlichen Definitionen und Richtlinien. Selbst wenn das Material nur eine Komponente enthält, kann es in einigen Ländern aufgrund unterschiedlicher Schwellenwerte als nicht recycelbar eingestuft sein. Entsprechend unterscheiden sich auch die Abfallgebühren für Kunststoffe von Land zu Land. Hier den Überblick und die jeweils wirtschaftlichste und nachhaltigste Lösung zu finden, ist derzeit eine große Herausforderung. Allerdings nicht die einzige. Auf europäischer Ebene beschäftigt viele unserer Kunden derzeit die sogenannte „Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR)“, eine Richtlinie, welche die EU im November 2022 vorgelegt hat, um die Nachhaltigkeit von Verpackungen zu stärken. Was genau auf Unternehmen zukommt, ist allerdings weitgehend unklar. Viele Kunden aus der Lebensmittelbranche zögern deshalb bei Neuinvestitionen.
Frau Loftin, Ihr Unternehmen hat sich 2020 in Freiburg gegründet, um die Recyclingfähigkeit von Verpackungen in unterschiedlichen Ländern einschätzbar zu machen. Wie sieht Ihr Ansatz aus?
Wir wollen im internationalen Umfeld Transparenz schaffen und eine nachhaltigere Verpackungswelt ermöglichen – und setzen dabei auf Digitalisierung. Mithilfe unseres Softwaretools können Nutzer Optimierungspotenziale auf einen Blick erkennen und diese schon bei der Entwicklung oder Auswahl von Verpackungen entsprechend berücksichtigen. Diesen Fokus will auch unser Name ausdrücken: Recyda für RECYclability DAtabase.
Dazu haben wir die unterschiedlichen Landesvorgaben und Gesetze, die sich auf die Recyclingfähigkeit von Verpackungen beziehen, digital zusammengefasst und zentralisiert. Die Nutzer des Softwaretools geben ihrerseits die Daten zum Verpackungsdesign ein. Das heißt, die Materialien, Verschlüsse, Etiketten und Druckfarben. Die Software verknüpft dann beides miteinander – legt quasi die digital hinterlegten Informationen wie Matrizen übereinander.
Auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit
Ein Gespräch mit dem Verpackungsexperten Prof. Dr. Markus Schmid, Institutsleiter des Sustainable Packaging Institute SPI an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen.
„Eine der wichtigsten Entwicklungen bei Verpackungen ist die Konzentration auf Aspekte der ökologischen Nachhaltigkeit. Insbesondere das Thema der Kreislauffähigkeit von Verpackungen hat zu neuen, kreislauffähigeren Verpackungskonzepten geführt.“
Herr Prof. Schmid, als Leiter des SPI befassen Sie sich viel mit nachhaltigen Verpackungskonzepten: Wie prägt das Thema Nachhaltigkeit die Verpackungsbranche?
In den letzten Jahren konnte die Verpackungsindustrie in Deutschland ein Umsatzwachstum verzeichnen. Neue Materialien und Technologien wurden entwickelt, um die steigende Nachfrage nach neuen Verpackungslösungen zu befriedigen. Eine der wichtigsten Entwicklungen war dabei die verstärkte Konzentration auf Aspekte der ökologischen Nachhaltigkeit. Insbesondere das Thema der Kreislauffähigkeit von Verpackungen hat durch das am 1.1.2019 in Kraft getretene Verpackungsgesetz zu neuen, kreislauffähigeren Verpackungskonzepten geführt.
Welche Maßnahmen werden ergriffen, um umweltfreundlichere Verpackungen zu produzieren?
Unternehmen ergreifen verschiedene Maßnahmen, um ökologisch nachhaltigere Verpackungen herzustellen und zu vermarkten. Dazu gehört die Optimierung des Verpackungsdesigns und -konzepts, um die Menge an Verpackungsmaterial zu reduzieren und das Recycling von Verpackungsmaterial zu ermöglichen oder zu verbessern. Darüber hinaus wird auf der Materialseite verstärkt auch auf den Einsatz von Rezyklaten und neuen bzw. alternativen Materialien zurückgegriffen.
Welche neuen Materialien werden denn heute in der Verpackungsbranche verwendet und welche Vorteile haben sie?
Verpackungsmaterialien müssen in erster Linie ihre primäre Aufgabe erfüllen, den Schutz des verpackten Produktes. Diese Anforderung an Verpackungsmaterialien besteht schon seit jeher, nun kommen weitere Anforderungen im Hinblick auf Nachhaltigkeit seitens der Verbraucher und der Gesetzgebung hinzu. Die Verpackungsbranche bewegt sich somit in einem Spannungsfeld zwischen der Erfüllung von Funktionalitätsanforderungen an eine Verpackung, die beispielsweise durch Gasbarrieren erreicht werden kann, und der Erfüllung der Anforderungen an die gewünschte und vorgegebene Kreislauffähigkeit oder anderen End-of-Life-Optionen, wie bspw. eine biologische Abbaubarkeit der Materialien. Die Verpackungsindustrie hat in vielen aktuellen Beispielen gezeigt, dass sie diesem Spannungsfeld erfolgreich durch den Einsatz neuer Materialien begegnen kann. So sind neue Konzepte entstanden, die dem Design for Recycling folgen. Häufig handelt es sich dabei noch um Verbundmaterialien, die jedoch in bestehenden Recyclinganlagen technisch im Kreislauf geführt werden können. Ein Beispiel dafür sind Polyolefin-basierte Folien, die durch sehr dünne Beschichtungen funktionalisiert werden, sodass sie sowohl die notwendige Schutzfunktion erfüllen als auch gut werkstofflich recycelt werden können. Insgesamt wurden von der Verpackungsindustrie nicht nur neue materialeffiziente, sondern auch kostengünstige Konzepte entwickelt und auf den Markt gebracht.
Was ist mit biobasierten Materialien?
Ja, verstärkt werden auch biobasierte Materialien eingesetzt. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass dies nur dann einen wirklichen Beitrag zur Nachhaltigkeit leistet, wenn die biobasierten Materialien auch die Funktionalität ausreichend erfüllen. Dies ist leider nicht immer der Fall und kann in einigen Fällen dazu führen, dass die gut gemeinte Anpassung des Verpackungskonzepts in der Gesamtbetrachtung sogar einen negativen Beitrag zur ökologischen Nachhaltigkeit leistet.
Wie sehen Sie die Zukunft der Verpackungsbranche in Bezug auf Nachhaltigkeit und Innovationen?
Es wird auch für die Zukunft sehr wichtig bleiben, dass die Verpackungsbranche ökologische Aspekte in ihre Geschäftsmodelle integriert und die Entwicklung von umweltfreundlicheren Verpackungslösungen weiter vorantreibt. Gleichzeitig müssen dabei Aspekte wie Funktionalität, Wirtschaftlichkeit und Kundenbedürfnisse berücksichtigt werden. Die gestiegene Nachfrage nach umweltfreundlichen Verpackungslösungen hat die Branche in den letzten Jahren dazu gebracht, verstärkt in die Forschung und Entwicklung von innovativen und nachhaltigen Materialien und Verpackungskonzepten zu investieren. Die bisher bereits erreichten Erfolge sprechen für sich, und ich bin zuversichtlich, dass die Verpackungsbranche auch in Zukunft noch weitere Konzepte und Innovationen für mehr Nachhaltigkeit hervorbringen wird. Ich sehe also eine vielversprechende Zukunft für die Verpackungsbranche in Bezug auf Nachhaltigkeit und Innovationen.
Recyclingfähigkeit im Fokus
Ein Gespräch mit Peter Désilets von der pacoon Sustainability Concepts GmbH
„Wie hoch die Recyclingquote einzelner Materialien selbst ist, hängt oft damit zusammen, wie gut diese im Abfallstrom sortiert und separiert werden können. Ein ganz wichtiger Faktor ist die einfache Sammlung der Verpackungen.“
Herr Désilets, was sind Ihrer Meinung nach die besten Herangehensweisen, um Verpackungen nachhaltig zu gestalten und fit für die Zukunft zu machen?
Das kann man leider pauschal nicht sagen. Für jedes Unternehmen sieht die nachhaltige Verpackung anders aus – individuell auf die Bedürfnisse des Unternehmens zugeschnitten. Daher ist allen Unternehmen erst mal eine gründliche Bestandsaufnahme des Status quo im ganzheitlichen Sinne zu empfehlen. Dazu gehört dann auch die Beleuchtung der Supply-Chain-Prozesse und der internen Abläufe.
Welche Materialien sind recyclingfähig?
Generell sind fast alle Verpackungsmaterialien recycelbar, aber der Fokus liegt vor allem auf den geläufigen, weit verbreiteten und begehrten Materialien wie Polypropylen, Polyethylen oder PET bei Kunststoffen, natürlich Faserverpackungen aus Papier und Karton (die eine über 90%ige Recyclingquote haben), Metalle und Aluminium sowie Glas – die auch zu über 90 % recycelt werden können.
Wie hoch die Recyclingquote einzelner Materialien selbst ist, hängt oft damit zusammen, wie gut diese im Abfallstrom sortiert und separiert werden können. Ein ganz wichtiger Faktor ist die einfache Sammlung der Verpackungen. Eine Papiertonne hat quasi jeder Haushalt vor der Tür, eine Kunststofftonne hingegen nicht. Aber auch Glas wird gern gesammelt und entsorgt, das ist vermutlich gelernt und auch dem guten Ansehen von Glas als nachhaltiges Material zu verdanken. Vielleicht achtet der Verbraucher aus seinem Gefühl heraus bei ‚nachhaltigen‘ Verpackungen mehr auf die richtige Entsorgung?
Gerade Kunststoff-Recycling ist ja ein viel diskutiertes Thema. Wie beeinflussen Fremdmaterialien wie Kleber, Farben/Lacke und Additive die Qualität von Plastik-Rezyklaten?
Heutzutage werden in der Regel Kunststoffe über ein Nahinfrarot-Scanning (NIR) in der Sortieranlage unterschieden – zumindest bei den kleineren Verpackungen. Das NIR ist darauf angewiesen, dass das Verpackungsmaterial ‚sichtbar‘ ist, um es richtig zuzuordnen. Eine dunkle Farbe – die zu fast 100 % auf Ruß basiert – behindert dabei die Sichtbarkeit und somit ist keine eindeutige Zuordnung des Materials möglich. Diese Materialien bzw. Verpackungen werden dann ausgeschleust und verbrannt. Je dunkler die Verpackung gestaltet wird – etwa auch mit einem dunklen Kunststoff als Material –, umso schwieriger kann das Material erkannt werden.
Farben, Kleber, Lacke und Additive wirken sich aber auch im nächsten Recycling-Prozess negativ aus: im Recycling werden die Kunststoffe wieder unter hohen Temperaturen eingeschmolzen. Wenn die Fremdstoffe diese hohen Temperaturen von 230–250 °C nicht aushalten, verdampfen bzw. vergasen sie. Dadurch entsteht ein hoher Druck im Extruder, der die Maschine beansprucht, außerdem entstehen Gerüche und Dämpfe, die teils ungesund, teils beeinträchtigend für Lebensmittel sind. Darum sollten hitzebeständige Fremdstoffe bei Kunststoffen eingesetzt werden, die zwar das Rezyklat beeinträchtigen, aber zumindest nicht ausgasen und keine Gerüche produzieren.
Und wenn es um Papier geht: Warum sind Kleber, Farben und Lacke herausfordernd beim Recycling von Papier?
Bei Papier spielen diese eher im Recyclingprozess eine wichtige Rolle, weniger im Sortierprozess der vielen Papier- und Kartonqualitäten. Hierzu gibt es ein paar Grundregeln zu beachten: Die Fasern werden im Recycling nicht gehäckselt oder zerschnitten, die Packungen werden zwar in kleinere, handliche Teile gerissen, aber die Fasern nicht geschnitten. Daher hat auch schon die Hochschule Graz ermittelt, dass Fasern im Recycling per se nicht gekürzt werden, sondern eher die Faserdicke mit der Zeit durch Abrieb verringert wird.
Wichtig ist im ersten Schritt darauf zu achten, dass die Fasern nicht beidseitig wasserfest beschichtet werden, damit Wasser an die Fasern gelangen und diese ablösen kann von eventuellen Folien, Farbpartikeln oder Pigmenten. Durch mehrere Prozessschritte werden die Fasern anschließend von Farben und Lacken gereinigt. Dies gelingt allerdings nur dann wirklich gut, wenn die Fremdstoffe nicht wasserlöslich sind. Wasserlösliche Materialien werden mit den Fasern ausgefiltert, können später in der Trocknung wieder klumpen und die Fasern verunreinigen oder verfärben die Fasern und verringern die Recyclingqualität. Außerdem können sich die Fremdstoffe mit der Zeit wieder im Wasser anhäufen und dann im Papier ablagern, was wiederum zu Rissen bei der Papierproduktion führen kann. Daher sollten nicht wasserlösliche Partikel gewählt werden, die von den Fasern getrennt werden.
Wie kann man die Gestaltung von Papierverpackungen fürs Recycling optimieren?
Die Packung sollte in erster Linie die Anforderungen des Produktes erfüllen. Dazu gehören bei Lebensmitteln in der Regel Barrieren, die das Papier allein selten mitbringt. Die neuen Entwicklungen gehen jedoch dahin, dass diese Barrieren zusätzlich aufgebracht werden, wie z. B. Fett-, Öl-, Sauerstoff- oder Wasserdampf-Barrieren. Hier ist darauf zu achten, dass das Recycling weiter ermöglicht wird. Eine solche Papier- oder Faserverbundverpackung besteht meist aus 70 bis über 90 % aus Fasern, die gut zurückgewonnen werden können – wenn die Verpackung richtig konzipiert wurde. Auch eine Folie kann durchaus im Papierrecycling unbedenklich sein – das muss aber fallweise geprüft werden. Ebenso begünstigt eine automatische Trennbarkeit von unterschiedlichen Materialien – wie zum Beispiel beim berühmten ‚K3‘-Becher – das Recycling der einzelnen Materialien bei Verbundverpackungen, wenn der Verbraucher die Materialien trennt und auch getrennt in die Sammelstellen gibt.