Digitale Landwirtschaft - Chancen. Risiken. Akzeptanz.
Ein Positionspapier der DLG
Autoren
- DLG-Ausschuss für Digitalisierung, Arbeitswirtschaft und Prozesstechnik
- DLG-Ausschuss für Technik in der Pflanzenproduktion
- DLG-Ausschuss für Technik in der Tierproduktion
- DLG-Arbeitsgruppe Informationstechnologie
- Prof. Dr. Hans W. Griepentrog, Universität Hohenheim (Federführung)
- Dr. Norbert Uppenkamp, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen
- Roland Hörner, DLG e.V., Fachzentrum Landwirtschaft
Einleitung
Wohl keine Innovation durchdringt die Landwirtschaft derzeit so massiv wie die Digitalisierung, und entsprechend intensiv wird sie diskutiert.
Die Landwirtschaft als Grundlage jeder Primärproduktion steht angesichts der steigenden Nachfrage einer wachsenden Weltbevölkerung vor großen Herausforderungen. Als größter Flächennutzer hat der Sektor gleichzeitig eine große Verantwortung für die Erhaltung wichtiger Umweltgüter, wie Boden, Wasser, Klima und Biodiversität.
Die Ziele Lebensmittelerzeugung und Umweltschonung können im Konflikt zueinander stehen, daher gilt es speziell am landwirtschaftlichen Gunststandort Deutschland Konfliktlösungen zu finden, die von einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragen sind. Gefragt sind neue und fortschrittliche Konzepte, die an die Vielfalt der Standorte angepasst sind und die den Wettbewerb stärken. Dabei wird Digitalisierung eine herausragende Rolle einnehmen. Diese Konzepte können helfen, die Wertschöpfung in der Landwirtschaft zu halten, die Landwirtschaft in einen vitalen ländlichen Raum einzubinden und als unverzichtbaren Teil der Gesellschaft wahrnehmbar zu machen.
Die Digitalisierung wird nicht nur unser gesamtes Wirtschaftsleben, sondern auch unser gesellschaftliches Zusammenleben verändern. Unabhängig von Struktur und Betriebsgröße erscheinen nun verschiedene neue digitale und analoge Werkzeugkombinationen als Chance, eine zukunftsfähige Landwirtschaft aktiv mitzugestalten und zu unterstützen. Für die Landwirtschaft gilt es umso mehr, die aus ihrer besonderen Verantwortung resultierenden Anforderungen an die Digitalisierung klar zu definieren, zu artikulieren und entsprechend einzufordern.
Die Digitalisierung in der Landwirtschaft bietet viele Chancen, aufgrund der umfassenden Vernetzung und Systembildungen sind aber auch Risiken mit ihr verbunden. Daher muss sie umsichtig erfolgen, damit die landwirtschaftliche Erzeugung als essentielle Basis der gesetzlich verankerten „Kritischen Infrastruktur Ernährung“ (Ernährungsvorsorgegesetz, EVG) auch dann gesichert ist, wenn digitale Systeme zeitweise oder längerfristig – zum Beispiel durch Sabotage – ausfallen sollten. Vorkehrungen zur Sicherung eines dezentralen Notbetriebs der Anbau- und Maschinensteuerung sind daher im Interesse der gesamten Gesellschaft.
Forderungen der DLG zur Digitalisierung in der Landwirtschaft
- Infrastruktur für mobile Telekommunikation ausbauen! Ihre Verfügbarkeit ist in vielen Regionen unzureichend. Das gefährdet den gesamten ländlichen Raum, behindert alle dort ansässigen Wirtschaftszweige und hemmt die Entwicklung der Landwirtschaft.
- Alle betrieblichen Daten gehören dem Landwirt! Er hat die Datenhoheit und die Verantwortung für ihre Sicherheit. Autorisierung, Kontrolle und Transparenz müssen gewährleistet werden. Digitale Wasserzeichen in Datensätzen und Datenverschlüsselungen sind praxisreif und schützen vor unautorisierter Weitergabe, Verarbeitung und Auswertung.
- Datenschutz und Datensicherheit ausbauen und Betriebs- und Geschäftsdaten der Landwirtschaft schützen! Landwirtschaft ist kein „gläserner Betrieb“. Geschäftsdaten sind zunächst Betriebsgeheimnisse wie in anderen Sektoren auch. Dazu muss der gesetzliche Datenschutz über personenbezogene Daten hinaus auch auf Betriebs-, Maschinen- und Geschäftsdaten ausgedehnt werden. Die digitale Erfassung aller Produktionsprozesse im landwirtschaftlichen Betrieb dient zunächst dem Landwirt. Behörden oder Dritte haben kein generelles Recht zur Einsichtnahme; genauso selbstverständlich hat der Landwirt allen gesetzlichen Dokumentations- und Auskunftspflichten umfassend nachzukommen. Dezentrale und redundante Systemstrukturen sollten dabei gestärkt werden. Sie erhöhen die Sicherheit gegen kriminelle Angriffe und bei Defekten. So werden Datenverluste minimiert, und es kann auch dann produziert werden, wenn digitale Systeme zeitweise ausgefallen sind.
- Landwirte müssen von Geschäften mit ihren Daten Nutzen ziehen können! Dazu ist die unkontrollierte Weitergabe über Datenplattformen auf Cloudsystemen zu verhindern. Auf diese Weise könnte die Digitalisierung der Landwirtschaft disruptiv wirken und die Existenz von Betrieben gefährden. Würden Datenmonopole entstehen, stünden sie einer wirtschaftlichen Beteiligung der Landwirtschaft entgegen. Daher sind hierfür klare Regeln zu schaffen, die auch hier Wettbewerb ermöglichen.
- Transparenz bei der Big Data Analyse schaffen! Big Data widerspricht zwar der Tugend der Datensparsamkeit, ist aber dann, und nur dann, sinnvoll, wenn die Nutzer von digitalen Kommunikationsplattformen den Austausch ihrer Daten zum Zwecke der Auswertung autorisieren und von den daraus gewonnenen Informationen profitieren.
- Öffentliche und behördliche Daten kostenfrei zur Verfügung stellen! Ihre Erfassung und Archivierung wird aus Steuermitteln bezahlt. Wetterdaten, Katasterdaten, Bodendaten, Wegenetze etc. sollten in standardisierten und praxistauglichen Datenformaten über Schnittstellen als Open Data bereitgestellt werden. Hierfür wäre ein sinnvoller Ansatz die Bereitstellung eines zentralen Datenportals.
- Digitalisierung nutzen, um Landwirtschaft und Verbraucher näher zusammenzubringen! Transparenz der Produktionsverfahren und Rückverfolgbarkeit werden durch Digitalisierung vereinfacht, das schafft Vertrauen und erhöht die Wertschätzung für die Landwirtschaft.
- Aus- und Weiterbildung stärken! Digitalisierung setzt Qualifikation voraus. Nur mit gut ausgebildeten Mitarbeitern können sich landwirtschaftliche Betriebe behaupten. Digitale Technologien und ihre Anwendung müssen feste Bestandteile der Lehrpläne sein.
Landwirtschaft heute
Landwirtschaft unterscheidet sich grundlegend von industrieller Produktion: Anders als in den meisten industriellen Produktionsprozessen hat es der Landwirt immer mit lebenden pflanzlichen und tierischen Organismen zu tun. Die Landwirtschaft zeichnet sich durch komplexe und dynamische Produktionsbedingungen (zum Beispiel Wetter und Klima) aus, die Störungen verursachen können und die schwer vorhersehbar und nur eingeschränkt steuerbar sind.
Die Landwirtschaft prägt als größter Flächennutzer die Landschaft und den öffentlichen Raum. In der Gesellschaft besteht der Konsens, die moderne und nachhaltige Landwirtschaft als kulturelle Errungenschaft mit ihren vielfältigen Funktionen von Produktion über Lebensraum bis Erholung und Ästhetik anzuerkennen und zu erhalten.
Die Produktivität der Landwirtschaft stieg bisher rasant und weitaus stärker, als in vielen anderen Branchen. Während beispielsweise ein deutscher Landwirt noch um 1900 lediglich die Ernährung von wenigen Personen absichern konnte, versorgt er heute über 140 Verbraucher. Im gleichen Zeitraum stieg allerdings auch der Ressourcenverbrauch.
Die digital unterstützte Landtechnik ist bereits im Ackerbau und in der Tierhaltung angekommen: Selbstlenkende Maschinen, Applikationstechniken mit variabler Dosierung für Dünge- und Pflanzenschutzmittel sowie automatische Ertragskartierungen beim Mähdrescher sind Beispiele aus der Außenwirtschaft. Auch in der Tierhaltung unterstützen schon längst Roboter beim Melken, Füttern und Entmisten. Zudem helfen Sensoren, Datenbanken und diverse digitale Hilfsgeräte dem Landwirt bei den täglichen Aufgaben des Herdenmanagements.
In der Landwirtschaft gilt deshalb, produktiv, effizient, nachhaltig und umweltschonend zu wirtschaften. Das heißt, vor allem im Stall und auf dem Feld die Betriebsmittel zielgerichtet und verlustarm in Ertrag und hohe Produktqualität mit möglichst geringen Umweltauswirkungen umzuwandeln.
Chancen der digitalen Landwirtschaft
Die Digitalisierung bringt vielfältige Chancen für die Landwirtschaft und ihre Partner in den vor- und nachgelagerten Branchen. Im Besonderen gilt das für die Lebensmittelverarbeitung, den Handel und die Verbraucher. Für die Prozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette werden sowohl die Dokumentation und Transparenz als auch die Rückverfolgbarkeit ermöglicht bzw. vereinfacht.
Eine Umfrage im Rahmen von „DLG-Agrifuture Insights“ im Frühjahr 2017 unter Landwirten aus Deutschland, Frankreich, Polen und Großbritannien ergab, dass insgesamt die Vereinfachung der betrieblichen Dokumentation und die Verbesserung der Produktionseffizienz als Top-Chancen wahrgenommen werden (Abb. 1). In den vier untersuchten Ländern variiert die Einschätzung leicht. Während in Deutschland Effizienz und Dokumentation obenan stehen, liegen in Frankreich Dokumentation und Entscheidungsunterstützung vorn. Polen erhofft sich die besten Effekte bei der Dokumentation und beim Agrarantrag, und Großbritannien setzt auf Effizienz und Entscheidungsunterstützung.
Die Digitalisierung kann eine zusätzliche Wertschöpfung für die landwirtschaftlichen Betriebe bedeuten bei gleichzeitiger Förderung des ländlichen Raumes. Sie kann zur Verbesserung der Umweltverträglichkeit, des Tierwohls und der Nachhaltigkeit der Landwirtschaft beitragen.
Die oben aufgeführten Instrumente kann man in verschiedene Oberbegriffe einteilen: Precision Farming, Smart Farming und – beides integrierend – Digital Farming.
Unter Precision Farming wird die Optimierung von Wachstumsbedingungen mittels Sensorik und genauer Applikationstechnik verstanden. Smart Farming ist die Weiterentwicklung von Precision Farming und trägt hauptsächlich zur Entscheidungsunterstützung bei, da die Informationsverarbeitung durch Datenfusion und -analyse immer komplexer geworden und nur noch teil- oder vollautomatisiert zu bewältigen ist.
Unter Digital Farming wird die konsequente Anwendung der Methoden des sogenannten Precision und Smart Farming, die interne und externe Vernetzung des Betriebes und die Nutzung von internetbasierten Datenplattformen samt Big Data Analysen verstanden. Die Digitalisierung stellt somit moderne Methoden bereit, um eine umfassende Erfassung, Speicherung, Verknüpfung und Auswertung von Betriebs- und Produktionsdaten zu erreichen. Dabei kann es vor allem durch eine Datenfusion und -analyse in Verbindung mit Methoden des Big Data gelingen, die typisch komplexen landwirtschaftlichen Optimierungsentscheidungen durch bisher nicht verfügbare Informationen zu verbessern. Auch der überbetriebliche Vergleich durch externe Vernetzung erscheint für bestimmte Aspekte sinnvoll. Damit würden Potentiale zur Steigerung der Ressourceneffizienz und Umweltschonung nutzbar, die bisher verschlossen geblieben sind. Die externe Vernetzung des Betriebes bietet darüber hinaus neue Möglichkeiten, da der Landwirt auf Daten von Lieferanten, Kunden und Dienstleistern wie zum Beispiel Standzeiten, Herkunft von Futtermitteln etc. zugreifen kann. Die überbetriebliche Vernetzung könnte auch zu einer kostengünstigeren Beschaffung von Betriebsmitteln führen, damit die Betriebe wirtschaftlicher produzieren können.
Die Prozesse in der Natur, wie das Wettergeschehen oder biotische und abiotische Faktoren der landwirtschaftlichen Produktion lassen sich durch Digitalisierung und Big Data auch auf absehbare Zeit nicht beherrschen. In der nahen Zukunft des digitalen Landbaus sollte der Landwirt allerdings über einen verstärkten Einsatz von Sensorik im Rahmen des ‚Internet der Dinge‘ oder Fernerkundungsdaten auf diese unvorhersehbaren Effekte besser reagieren können. Die Abhängigkeit der Landwirtschaft vom Wettergeschehen bleibt aber auch mit der Digitalisierung und entsprechend verbesserter Prognosen als Unsicherheit bestehen.
Digitalisierung manifestiert sich auf den Betrieben in der Nutzung zahlreicher digitaler Werkzeuge. Die „DLG-Agrifuture Insights“ Umfrage unter 600 Landwirten im August 2017 erbrachte, dass Instrumente zur Wirtschaftlichkeitsanalyse Top-Priorität genießen (Abb. 2). Anwendungen zur Maschinensteuerung, für Big Data Analysen und für den Datentransfer zu Behörden folgen in geringem Abstand. Dabei unterscheiden sich die am meisten genutzten Instrumente in den vier Ländern stark. Deutschland favorisiert die Wirtschaftlichkeitsanalyse, Frankreich hat eine hohe Affinität zum Cloud Computing, Polen räumt der Big Data Analyse einen hohen Stellenwert ein, und die Briten schätzen den Datentransfer zu den Behörden.
Die digitale Infrastruktur muss Datensicherheit und Datenschutz gewährleisten. Die mobile Telekommunikation, das Breitband-Internet, Datenplattformen und Datenverarbeitung stellen Werkzeuge dar, die für die Digitalisierung unerlässlich sind. Dabei sind dezentrale und redundante Systemstrukturen zu bevorzugen, um das Risiko des Datenverlustes zu minimieren und präventiv gegen kriminelle äußere Angriffe wirken zu können. Bei der Verwendung digitaler Techniken muss sichergestellt werden, dass die Produktion auch dann gewährleistet ist, wenn digitale Kommunikationssysteme zeitweise nicht zur Verfügung stehen. Eine weitgehend dezentrale Kommunikations- und Datenstruktur sollte deshalb angestrebt werden
Digitale Werkzeuge
Die Datensicherheit erlaubt es, dass über eine Verschlüsselung autorisierte Daten nur von dem Adressaten gelesen werden können. Die Techniken der Verschlüsselung werden stetig weiterentwickelt und sind praxisreif verfügbar. Sie werden bislang allerdings zu wenig und nicht konsequent genug genutzt.
Beim Datenschutz geht es um das Schaffen und Sichern von Freiräumen, um neue Entwicklungen in der Informationstechnik zu ermöglichen. Technisch möglich sind heute auch digitale Wasserzeichen in Datensätzen, die weitergegebene Daten kenntlich machen und vor einer unautorisierten Verarbeitung und Auswertung schützen sollen. Die Datenhoheit über alle betrieblichen Daten, wie auch die Verantwortung für die Datensicherheit müssen in erster Linie beim Landwirt liegen.
Internetbasierte Software zum Datenmanagement, wie elektronische Ackerschlagkarteien oder Herdenmanagementprogramme, spielen eine bedeutende Rolle in der Digitalisierung. Diese Systeme stehen in der Zukunft gleichsam im Mittelpunkt aller manuellen und automatisierten Prozesse und stellen über Farm-Management-Informationssysteme (FMIS) eine in die Zukunft gerichtete Betriebsführung sicher.
Neu und immer wichtiger beim Datenmanagement werden die Big Data Analysen. Unter Big Data wird die Analyse großer und heterogener Datenmengen mittels mathematischer Algorithmen verstanden. Big Data erlaubt es, neue und sinnvolle Informationen aus bisher nicht miteinander verknüpften privaten und öffentlichen Datenmengen zu generieren. Die Digitalisierung bedingt allerdings ein Umdenken im bisherigen Datenmanagement. Die Tugend der Datensparsamkeit widerspricht den Prinzipien der Big Data Analyse. Über digitale Kommunikationsplattformen können Nutzer ihre autorisierten Daten austauschen und auch Dienstleistern einen vergüteten Analyseauftrag geben.
Öffentliche und behördliche Geodaten sollten den landwirtschaftlichen Akteuren kostenfrei zur Verfügung gestellt werden: Umfangreiche, detaillierte und vor allem aktuelle Wetterdaten, Katasterdaten, Bodenkarten mit Relief, Wasserhaltevermögen, Wegenetze etc. Um die Daten für herstellerübergreifende Anwendungen nutzen zu können, sind die Daten in standardisierten und praxistauglichen Datenformaten über Schnittstellen als Open Data bereitzustellen. Als Beispiel hierfür gilt heute der Standard der Norm ISO 11783 (genannt ISOBUS), der allerdings einer fortlaufenden Weiterentwicklung bedarf. Ein weiterer sinnvoller Ansatz besteht in der Bereitstellung eines zentralen Datenportals.
Die Digitalisierung der Landwirtschaft scheitert in vielen Regionen an der fehlenden flächendeckenden und leistungsfähigen Infrastruktur für die mobile Telekommunikation. Ihr rascher Ausbau ist nicht nur für die Landwirtschaft, sondern für die Entwicklung aller Wirtschaftszweige und damit für die gesamte Gesellschaft im ländlichen Raum von entscheidender Bedeutung.
Risiken der Digitalisierung
Jede Medaille hat zwei Seiten. Gefragt nach den Risiken der Digitalisierung antworteten die insgesamt 600 Landwirte und insbesondere diejenigen in Frankreich, Großbritannien und Polen mit mangelnder Datensicherheit und unsicherer Amortisation der Digitalisierungsinvestition. Deutsche Landwirte monierten vorrangig mangelnde Datensicherheit und zu hohe Transparenz gegenüber Behörden.
Wenn Betriebe in Zukunft ihre Produktionsweise transparent digital erfassen und darstellen können, sollte dies nicht heißen, dass Behörden oder Dritte ein generelles Recht hätten, Einsicht zu nehmen („Gläserner Betrieb“). Hier sollte der Landwirt gleichgesetzt werden mit anderen Wirtschaftsakteuren, deren Betriebs- und Geschäftsdaten als zu schützendes Gut anerkannt sind. Da, wo eine gesetzliche Dokumentations- und Auskunftspflicht bestehen, muss der Landwirt diesen allerdings umfassend nachkommen.
Zukünftiger Datenschutz sollte nicht nur personenbezogene Daten betreffen, sondern auf Betriebs- und Geschäftsdaten ausgeweitet werden. Betriebs‐ und Maschinendaten gehören grundsätzlich dem Landwirt. Autorisierung, Kontrolle und Transparenz müssen bei jeder Datenweitergabe gewährleistet werden.
Voraussetzung für mehr Transparenz bei der Datenweitergabe wäre allerdings, dass alle Datenflüsse wie auch deren Verwendung stets offengelegt werden. Heute sind nur personenbezogene Daten gesetzlich geschützt. Die rechtlichen Rahmen zur Sicherung des Datenschutzes auch für Geschäfts- und Betriebsdaten müssen angepasst werden. Es müssen klare Regeln geschaffen werden, um den Gefahren und Risiken bis hin zum Ausschluss von Datenmonopolen entgegenwirken zu können. Daten werden in Zukunft ein handelbares Wirtschaftsgut sein, und ihre ökonomische Bedeutung wird enorm zunehmen.
Es sollte verhindert werden, dass die Digitalisierung in der Landwirtschaft als disruptive Innovation genutzt werden kann. Das standortspezifische Wissen und Können der Landwirte sollte nicht unkontrolliert über Datenplattformen auf Cloudsystemen als Datengrundlage für Geschäftsmodelle Dritter dienen, bei denen der Landwirt nicht beteiligt wird. Auf diese Weise wäre eine Digitalisierung der Landwirtschaft disruptiv und würde die Existenz von Betrieben gefährden.
Gesellschaftliche Akzeptanz
Die nachhaltige landwirtschaftliche Produktion hat für die Ernährungssicherung eine herausragende Bedeutung. Es ist sicherzustellen, dass sie wirtschaftliche Aspekte gleichberechtigt mit ökologischen und sozialen Aspekten berücksichtigt. Die digitale Landwirtschaft kann Verbraucher und Landwirte näher zusammenbringen. Mit den vereinfachten und umfassenderen Möglichkeiten zur Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln können das Wissen und die Wertschätzung der landwirtschaftlichen Produktion und der Lebensmittel weiter erhöht werden.
Mit der Digitalisierung steigt der Bedarf an qualifizierten Fachkräften mit entsprechenden Kompetenzen. Fortwährende Bildung für Mitarbeiter bleibt wichtig, um landwirtschaftliche Betriebe nachhaltig zu erhalten. Im Rahmen der Aus- und Weiterbildung sowie der Beratung sollten digitale Technologien und deren Anwendung intensiv behandelt und gelehrt werden.
Fazit
Eine produktive, nachhaltige und ausfallsichere Landwirtschaft macht den ländlichen Raum zukunftsfähig und fördert seine Vitalität. Sie unterscheidet sich von der industriellen Produktion, weil sie die Ressourcen der Natur in besonders hohem Maße nutzt und auf höchst unterschiedlichen Standorten den wechselnden klimatischen Verhältnissen ausgesetzt ist. Sie erfordert eine standortangepasste Herangehensweise, die sich an ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Maßstäben orientiert.
Die Digitalisierung ist dann ein Fortschritt für die Landwirtschaft, wenn sie die unternehmerische Autonomie der Landwirte erhält. Sie sollte die über Jahrhunderte gewachsene Rolle der Landwirtschaft im Zentrum der Gesellschaft stärken und ausbauen. Dabei sollte der Mensch immer im Zentrum der Entwicklungen stehen, und die Technik sollte ihn unterstützen, indem sie die Erledigung der Arbeiten erleichtert und die Ergebnisse seines Handelns verbessert.