© Big Dutchman
- 1. Vorwort
- 2. Tierschutzrechtliche Vorgaben
- 3. Sozialverhalten bei Schweinen während der Gruppenbildung
- 4. Aspekte des Reproduktionsmanagements bei der Gruppenbildung
- 5. Auswirkungen von Gruppenbildung und Gruppenhaltung auf Leistung und Gesundheit der Sauen
- 6. Gruppenbildung und Gruppenhaltung von Sauen im Besamungsstall
- 7. Verfahrensbeschreibung
- 8. Fazit
- 9. Literaturverzeichnis
- Anhang
- Autoren
1. Vorwort
„Jede Gruppenhaltung beginnt mit einer Gruppenbildung“.
Dieser Satz gilt nach wie vor, obwohl sich das Management der Gruppenbildung/Gruppenhaltung, bedingt durch die gesetzlichen Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, grundsätzlich verändert hat. Bisher fand die Gruppenbildung meist nach dem Besamen, spätestens bis zum 28. Trächtigkeitstag, im Wartestall statt. Vorher standen die Sauen vom Absetzen bis zur Gruppenbildung in Besamungskastenständen ohne Auslauf. Künftig gilt vom Absetzen der Sauen bis 7 Tage vor dem Abferkeln eine Gruppenhaltungspflicht. Somit beginnt die Gruppenhaltung bereits mit dem Absetztag.
Die Gruppenbildung findet somit zwangsläufig im Besamungsstall, in einer Outdoor- oder einer Indoor-Arena statt. Die Gruppenbildung im Wartestall gehört dann der Vergangenheit an. Nach der Zusammenstallung von Sauen zu einer Gruppe kommt es zu Rangordnungskämpfen. Diese sind völlig normal und sollten auch nicht unterdrückt werden. Zweck der Kämpfe ist es, die soziale Beziehung zwischen den Tieren einer Gruppe zu klären und eine soziale Hierarchie aufzubauen. Diese bleibt anschließend kampflos sehr lange stabil. Auch der Arbeitsschutz sollte bei der Gruppenhaltung im Besamungsstall nicht vernachlässigt werden.
Dieses Merkblatt soll über die theoretischen Grundlagen zum Sozialverhalten der Schweine und die tierschutzrechtlichen Vorgaben hinaus Lösungskonzepte für den praktischen Ferkelerzeuger- und Zuchtbetrieb aufzeigen, damit die aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen der Gruppenhaltung in den Betrieben optimal umgesetzt und integriert werden können.
2. Tierschutzrechtliche Vorgaben
Die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV), neugefasst am 22. August 2006 und zuletzt geändert am 29. Januar 2021, definiert die tierschutzrechtlichen Vorgaben für die Schweinehaltung in Deutschland. Spätestens seit dem sogenannten „Magdeburger Kastenstand-Urteil“ vom November 2015 steht fest, dass sowohl der Besamungsstall für Sauen als auch der Abferkelbereich neu gestaltet werden müssen. Die wesentlichen Änderungen der neu gefassten Verordnung für die Sauenhaltung sind:
- die Vorschrift, dass Jungsauen und Sauen in Zukunft grundsätzlich in Gruppen gehalten werden müssen
- das Verbot der Kastenstandhaltung von Sauen im Besamungsstall nach einer Übergangszeit bis zum Jahr 2029 und
- ein größeres Platzangebot für Sauen für den Zeitraum nach dem Absetzen bis zur Besamung nach einer Übergangszeit bis zum Jahr 2029.
Im Besamungsstall dürfen Sauen nach der novellierten TierSchNutztV nur noch in Gruppen gehalten werden. Eine Fixierung in einem Kastenstand ist nur noch kurzzeitig für die Kontrolle der Rausche, die Künstliche Besamung oder für tierärztliche Untersuchungen gestattet.
Anmerkung
Die Verwendung des Begriffes „Kastenstand“ im Verordnungstext ist nicht eindeutig. Bei Gruppenhaltung im Besamungsstall wird in den meisten Betrieben künftig mit (Selbstfang-)Besamungsständen gearbeitet werden, die die Sauen jederzeit aufsuchen und verlassen können und in denen sie die Zugangsvorrichtung zu den Buchten selbst betätigen können. Ein Kastenstand wird definitionsgemäß ausschließlich durch den Tierbetreuer geöffnet oder geschlossen. Kastenstand und (Selbstfang-)Besamungsstand stellen mit baulich-funktioneller Begründung somit zwei verschiedene Haltungseinrichtungen dar.
Bereits während der Übergangszeit müssen die Kastenstände so konstruiert sein, dass
- sich die Schweine nicht verletzen können
- jedes Schwein ungehindert aufstehen und sich in Seitenlage hinlegen kann
- jedes Schwein in Seitenlage (den Kopf und) seine Gliedmaßen ausstrecken kann, ohne ein bauliches Hindernis zu berühren und
- der Schlitzanteil (Perforationsgrad) im Liegebereich der Tiere maximal 7 % beträgt.
Übergangszeitraum
Jungsauen und Sauen dürfen noch bis 9. Februar 2029 in Kastenständen gehalten werden, wenn diese vor dem 9. Februar 2021 bereits genehmigt oder in Benutzung genommen wurden und wenn der Tierhalter bis zum 9. Februar 2024 ein Betriebs- und Umbaukonzept zur Umstellung der vorhandenen Haltungseinrichtungen sowie bis zum 9. Februar 2026 den Nachweis über den Bauantrag vorlegt.
Für den Zeitraum nach dem Absetzen bis zur nächsten Besamung verlangt die Verordnung für die Haltung der Sauen und Jungsauen künftig mehr Platz. Die Tiere müssen in der Gruppenhaltung eine uneingeschränkt nutzbare Bodenfläche von mindestens 5 m² zur Verfügung haben. Von dieser Bodenfläche muss ein Teil als Liegebereich (mindestens 1,30 m² je Sau) und ein weiterer Teil als Aktivitätsbereich genutzt werden können. Dabei müssen für die Sauen Rückzugsmöglichkeiten in ausreichendem Umfang vorhanden sein. Fress-Liegebuchten können weiterhin genutzt werden, stellen allerdings keine Rückzugsmöglichkeit im Sinne der TierSchNutztV dar. Sie müssen baulich so beschaffen sein, dass
- die Tiere die Zugangsvorrichtung zu den Buchten selbst betätigen können
- die Tiere die Buchten jederzeit aufsuchen und verlassen können und
- der Boden ab der buchtenseitigen Kante des Futtertroges mindestens einen Meter weit als Liegebereich ausgeführt ist.
Gleiche Regelungen gelten auch für Zuchtläufer in der Woche vor der ersten erwarteten Besamung. Die Fläche innerhalb einer Fress-Liegebucht kann als Liegefläche anerkannt werden, wenn diese im Zeitraum vom Absetzen bis zur Besamung mindestens 1,3 m² bei Zuchtläufern, Jungsauen und Sauen aufweist (vgl. § 30 Absatz 2a in Verbindung mit § 29 Absatz 2a (Ausführungshinweise)).
Für die Gruppenhaltung nach der Belegung bleiben die Flächenvorgaben unverändert (Tab. 1). Die uneingeschränkt nutzbare Bodenfläche muss für Jungsauen dann 1,65 m² und für Altsauen 2,25 m² betragen. Bei einer Gruppengröße von weniger als sechs Tieren ist die Bodenfläche um 10 % zu vergrößern, bei Gruppen von 40 Sauen oder mehr darf die Fläche um 10 % verringert werden.
Diese Regelung für die Gruppenhaltung nach der Belegung ist praxisnah. In großen Gruppen legen die Sauen sich nach Etablierung der Rangordnung eng aneinander, sodass relativ viel freie Fläche entsteht und soziale Mindestdistanzen eingehalten werden können.
Bei Jungsauen müssen 0,95 m² und bei Altsauen 1,30 m² der Buchtenfläche als Liegefläche mit einem Perforationsanteil von maximal 15 % ausgestattet sein. Das gilt nicht in Betrieben mit weniger als zehn Sauen für das Halten von Jungsauen und Sauen im Zeitraum von einer Woche vor dem voraussichtlichen Abferkeltermin bis zum Absetzen ihrer Ferkel und für das Halten von kranken oder verletzten Jungsauen und Sauen.
Tabelle 1: Anforderungen an die Gruppenhaltung von Jungsauen und Sauen nach der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (2021)
Gruppengröße bis 5 Tiere | Gruppengröße von 6 bis 39 Tieren | Gruppengröße von 40 oder mehr Tieren | |
je Jungsau | 1,85 m² | 1,65 m² | 1,50 m² |
je Sau | 2,50 m² | 2,25 m² | 2,05 m² |
Die Seiten der Buchten, in denen Sauen in Gruppen gehalten werden, müssen mehr als 2,80 m lang sein. Bei weniger als sechs Tieren in Gruppenhaltung muss die Bucht mehr als 2,40 m lang sein.
Fress-Liegebuchten für die Gruppenhaltung von Jungsauen und Sauen müssen außerdem so angelegt und beschaffen sein, dass bei einseitiger Buchtenanordnung die Gangbreite hinter den Fress-Liegebuchten mindestens 1,60 m oder bei beidseitiger Buchtenanordnung die Gangbreite zwischen den Fress-Liegebuchten mindestens 2,00 m beträgt.
Hinsichtlich der Fußbodengestaltung wird für Jungsauen und Sauen für Spaltenböden eine maximale Spaltenweite von 20 mm vorgeschrieben. Soweit Betonspaltenboden verwendet wird, müssen die Kanten entgratet sein und die Auftrittsbreite muss mindestens 80 mm aufweisen.
Nach der TierSchNutztV muss jedes Schwein jederzeit Zugang zu gesundheitlich unbedenklichem und in ausreichender Menge vorhandenem organischen und faserreichen Beschäftigungsmaterial haben, das das Schwein untersuchen und bewegen kann, das veränderbar ist und damit dem Erkundungsverhalten dient. Als Beschäftigungsmaterial in diesem Sinne kann insbesondere Stroh, Heu, Sägemehl oder eine Mischung dieser Materialien dienen. Zu den organischen Materialien, die die Mindestanforderungen der TierSchNutztV erfüllen, zählen auch Luzerne, Maissilage, Baumwollseile und Strohpresslinge. Metallketten, Futterketten und Kunststoffobjekte sind danach als alleinige Beschäftigungsmaterialien nicht zugelassen.
Bei der Fütterung definiert die Verordnung zum einen nur noch die restriktive Fütterung, bei der jedes Schwein einen Fressplatz hat, und zum anderen die ad libitum-Fütterung (Fütterung zur freien Aufnahme) mit einem Tier-Fressplatz-Verhältnis von 4:1.
Sauen, die gegenüber anderen Sauen unverträglich sind oder gegen die sich solches Verhalten richtet, dürfen nicht in der Gruppe gehalten werden. Diese Sauen sind während des Zeitraumes, für den die Haltung in Gruppen grundsätzlich vorgeschrieben ist, so zu halten, dass sie sich jederzeit ungehindert umdrehen können. Einzelbuchten sollten mindestens 4 m² groß sein.
Die Beleuchtung muss im Aufenthaltsbereich der Jungsauen und Sauen mindestens eine Beleuchtungsstärke von 80 Lux aufweisen, dem Tagesrhythmus angeglichen sein und den Stall täglich mindestens acht Stunden ausleuchten. In klar abgegrenzten Liegebereichen der Sauen wird eine Beleuchtungsstärke von mindestens 40 Lux als ausreichend betrachtet. Das gilt auch für Ställe, in denen mindestens 3 % Fensterfläche vorhanden sind. Außerhalb der achtstündigen Aktivitätsphase muss ein Orientierungslicht vorhanden sein.
Im Aufenthaltsbereich der Tiere sollen folgende Grenzwerte je Kubikmeter Stallluft für Schadgase nicht überschritten werden:
- 5 cm³ (ppm) Schwefelwasserstoff
- 3.000 cm³ (ppm) Kohlendioxid
- 20 cm³ (ppm) Ammoniak sowie
- Geräuschpegel von 85 db(A).
In den Ausführungshinweisen zur TierSchNutztV vom 10. 03. 2021 werden die Vorgaben der Verordnung erläutert und durch Beispiele illustriert.
3. Sozialverhalten bei Schweinen während der Gruppenbildung
Haus- und Wildschweine weisen ein sehr ähnliches Sozialverhalten auf. Wildschweine leben in matrilinearen Gruppen, d. h. die Rotte besteht aus einer Führungsbache und ihrem Nachwuchs oder aus einer kleinen Gruppe eng verwandter Bachen. Die jungen männlichen Tiere verlassen mit Eintritt der Geschlechtsreife den Verband. Die Wildschweinrotten bestehen aus 3 bis 30 Tieren. Zur Geburt entfernt sich die Bache von der Rotte und kehrt erst zwei bis drei Wochen nach der Geburt der Frischlinge zur Gruppe zurück.
Mehrjährige Beobachtungen von Stolba und Wood-Gush (1989) an Hausschweinen in einem großen Freigehege zeigten, dass eine vergleichbare soziale Organisation in der Gruppe wie bei Wildschweinen herrscht. Wurden fremde Sauen in das Gehege gegeben, wurden sie angegriffen, und es dauerte ein bis zwei Monate, bis sie sich zu den anderen Sauen in das Gruppennest legen durften.
In der Schweinehaltung wird die Gruppenbildung nicht den Tieren überlassen, sondern vom Landwirt vorgegeben. Bei der Gruppenzusammenstellung treten Rangordnungskämpfe auf, die das Ziel haben, die sozialen Beziehungen zwischen den Tieren einer Gruppe zu klären. Es ist biologisch zweckmäßig, dass diese Rangordnung schnell etabliert wird. Jeder Kampf bedeutet Energieaufwand und Verletzungsrisiko für das Tier. In den Untersuchungen von Bauer und Hoy (2002) wurde nachgewiesen, dass nach 24 Stunden 78 % und nach 48 Stunden 91 % aller Kämpfe bei der Gruppierung von Sauen beendet sind. Die soziale Rangordnung bei Sauen wird zwar durch Kämpfe bestimmt, sie dient jedoch der Beschränkung von aggressiven Handlungen, sobald die Hierarchie festgelegt ist. Die soziale Rangordnung setzt voraus, dass die Tiere sich individuell kennen und sich bei einer erneuten Begegnung schnell wiedererkennen.
Die Kämpfe können umso heftiger sein, je ausgeglichener die Sauengruppe hinsichtlich Alter und Lebendmasse ist. In der älteren Literatur wird als optimale Gruppengröße ein Wert zwischen 8 und 20 Sauen angegeben. Allerdings ist nicht bekannt, wie viele Gruppenmitglieder Sauen individuell erkennen können. Wahrscheinlich wird dieser Wert von Tier zu Tier unterschiedlich sein, da das Erkennungs- bzw. Erinnerungsvermögen neben den individuellen Fähigkeiten auch von der Dauer der Gruppenzugehörigkeit bzw. dem Zeitraum der Trennung abhängt.
Kommen neue Tiere zu einer bestehenden Gruppe hinzu (z. B. beim Eingliedern von Untergruppen in eine bestehende größere Gruppe bzw. Wechselgruppen an Abrufstationen), treten erneut Rangordnungskämpfe auf, die zu Stress, zu Verletzungen und im schlimmsten Fall zum Verlust von Embryonen bzw. sogar zum Umrauschen führen (Arey und Edwards 1998). Allerdings gibt es keine eindeutigen Aussagen in der Literatur zu einer optimalen Gruppengröße oder zu einer optimalen Fläche pro Tier, da zum Teil völlig entgegengesetzte Ergebnisse vorliegen.
Bei den Kämpfen werden Frontal- und Lateralkämpfe unterschieden. Beim Lateralkampf stehen die Sauen Schulter an Schulter und versuchen, den Gegner zu unterlaufen und zu Boden zu werfen. Dieser Schulterkontakt stellt gleichzeitig einen Schutz vor einem Angriff mit körperlichem Schaden dar. Beim Frontalkampf beißen die Sauen in Kopf, Ohren oder Hals der Gegnerin. In kleinen Gruppen treten bei gleichem Flächenangebot je Tier kürzere individuelle Distanzen auf als in größeren Sauengruppen. Das hat den Nachteil, dass rangniedere und ranghohe Tiere einen kürzeren Abstand voneinander haben als in großen Gruppen, in denen Sauen mit niedrigem Rangplatz sich möglichst weit entfernt von ranghohen Sauen aufhalten und sich auch in der Gruppe „verstecken“ können. Sauenkämpfe können weniger als eine Minute bis zu einer halben Stunde dauern. Sie werden entweder durch die Flucht der unterlegenen Sau oder durch beiderseitige Erschöpfung beendet. Nach manchen Kämpfen bleibt unklar, wer die Siegerin ist, da beide Kontrahenten ohne ein klares Ergebnis (Sieg oder Niederlage) auseinandergehen. Es wurden verschiedene Möglichkeiten untersucht, die Anzahl und die Schärfe der Auseinandersetzungen bei der Gruppierung von Sauen zu vermindern. Folgende Maßnahmen können zu einer Reduzierung von Verletzungen bei Rangordnungskämpfen beitragen, sie letztlich aber nicht verhindern:
- Einsatz von Stroh
- Gaben von Beruhigungsmitteln (z. B. Stresnil)
- Nutzung geruchsabdeckender Substanzen (z. B. Kampfer, Seife, Eukalyptusöl)
- Ablenkfütterung
- Gruppenbildung im Dunkeln und
- Gruppierung unter Anwesenheit eines Ebers.
Sauen sind Synchronfresser, d. h. sie sind bestrebt, gleichzeitig zu fressen. Aus der Konkurrenzsituation beim Zugang zu Futter können ebenfalls aggressive Auseinandersetzungen resultieren. Bei der Gruppenbildung sind dabei Rangordnungskämpfe in der Bucht von agonistischen Interaktionen (Verdrängen fressender Sauen oder Behauptung des Fressplatzes bei einer Attacke) zu unterscheiden.
Erste Untersuchungen zur Gruppierung im Besamungsstall zeigten, dass eine hohe Anzahl an Kämpfen bei der Gruppenbildung am ersten Tag nach dem Absetzen auftrat. In den folgenden beiden Tagen ging die Zahl der Kämpfe dann zurück. Während der Brunst an den Tagen 4 und 5 nach dem Absetzen stieg die Anzahl der Rangkämpfe erneut an. Ranghohe Sauen waren auch beim Brunstverhalten dominant. Sie besprangen häufiger rangniedere Sauen. Rangniedrige Sauen wurden durch die Rangkämpfe etwas stärker verletzt als ranghohe Sauen (Schäfer und Hoy 2022).
4. Aspekte des Reproduktionsmanagements bei der Gruppenbildung
Während der Säugezeit ist das zyklische Geschehen an Eierstöcken und Gebärmutter unter dem Einfluss von Progesteron blockiert. Lediglich bei geringen Wurfgrößen kann bereits während des Säugens ein (Laktations-)Östrus stattfinden (etwa drei Wochen nach dem Abferkeln). Nach dem Absetzen der Ferkel wird die Blockade aufgehoben und der Sexualzyklus läuft wieder an.
In der Vorbrunst setzen Unruhe und Fressunlust bei den Sauen ein. Es kommt zu ersten Aufsprungversuchen, die Sauen „stehen“ aber noch nicht. Im Genitalbereich schwillt die Vulva an und rötet sich. Der Östrus ist durch die Duldung („die Sau steht“) als Voraussetzung für Deckakt oder Besamung charakterisiert. Am dritten Tag nach dem Absetzen, selten auch früher, setzt bei den ersten Sauen das Brunstgeschehen ein – ersichtlich daran, dass in Gruppenhaltung die Tiere einander bespringen (siehe Abb. 1).
Dabei treten Unterschiede im Beginn der Brunst nach dem Absetzen und in der Brunstdauer zwischen früh-, normal- und spätrauschenden Sauen (Brunstdauer zwischen 24 und 72 h), zwischen verschiedenen Rassen, zwischen Jung- und Altsauen, zwischen drei- und vierwöchiger Säugezeit und zwischen den Betrieben auf, die bei der Künstlichen Besamung (KB) zu beachten sind. Die Sauen einer Gruppe werden demzufolge zu verschiedenen Zeitpunkten für die KB fixiert. Das bedeutet, dass einige Tiere zur Besamung fixiert sind, andere sich aber frei bewegen, was die Arbeitsabläufe deutlich beeinträchtigt. Unter der Voraussetzung, dass die Sauen der Gruppe zum gleichen Zeitpunkt besamt werden (z. B. bei der terminorientierten Besamung), kann die gesamte Gruppe in den einzelnen Besamungsständen fixiert werden. Als Grundvoraussetzung zur Festlegung der Besamungstermine dient die Ermittlung des Duldungsreflexes unter Anwesenheit eines Ebers „vor den Köpfen der Sauen“, die zweimal täglich außerhalb der Fütterungszeiten erfolgen sollte. Daher ist ein Eberlaufgang im Besamungsstall auch bei der Gruppenhaltung unverzichtbar. Der Tierbeobachtung und Duldungskontrolle kommen daher große Bedeutung zu. Technisch ist es auch denkbar, einen Rauschedetektor in den Besamungsstall zu integrieren. Neben der Gruppenbucht für die Sauen kann auch eine Eberbucht mit „Guckloch“ eingerichtet werden (Abb. 2).
Am Guckloch ist eine Antenne installiert. Die Sauen tragen einen Transponder (Mikrochip) in der Ohrmarke – wie auch an der elektronischen Abrufstation. Wenn sich nun Tiere gehäuft beim Eber aufhalten, werden sie automatisch erkannt. Der Rauschedetektor ist also eine Antenne in Verbindung mit einer speziellen Software und einem sexuell aktiven Eber. Steigt die gesamte Aufenthaltsdauer einer Sau pro Tag über eine definierte Dauer (z. B. 10 Minuten), wird die Sau als „brünstig“ gekennzeichnet. Die gleiche Technik kann auch zur Umrauscherkontrolle genutzt werden.
In Abhängigkeit vom Duldungsbeginn werden drei Kategorien von Altsauen unterschieden: Frührauscher (Brunstbeginn 3 Tage nach Absetzen), Normalrauscher (Brunstbeginn an den Tagen 4 und 5) und Spätrauscher (Brunstbeginn an Tag 6 oder später). Für diese drei Kategorien gelten weiterhin folgende KB-Empfehlungen:
- Frührauscher werden 24 Stunden
- Normalrauscher werden 8 bzw. 16 Stunden (bei Duldung am Morgen – KB 1 am Nachmittag; bei Duldung am Nachmittag – KB 1 am nächsten Morgen) und
- Spätrauscher werden bald möglich (< 4 Stunden) nach Duldung besamt.
Sowohl Spermien (max. 24 h) als auch Eizellen (ca. 4 h) sind in der Sau nur eine begrenzte Zeit befruchtungsfähig. Somit ergibt sich ein optimaler Besamungszeitraum von längstens 24 h vor bis 4 h nach der Ovulation. Sicherer bei der Berechnung ist ein Zeitfenster von 16 h vor Ovulation bis längstens 4 Stunden nach den Eisprüngen, da der exakte Eintritt der Duldung in der Praxis kaum festzustellen ist und die Spermien Zeit für die Kapazitation (Reifung) benötigen. Daher wird zumeist auch eine zweite KB durchgeführt. Bei einer Besamung nach dem Eisprung können die Befruchtungsergebnisse absinken, eine zu späte KB bzw. die Besamung „in eine bestehende Trächtigkeit hinein“ kann zu einer erhöhten frühembryonalen Sterblichkeit führen.
5. Auswirkungen von Gruppenbildung und Gruppenhaltung auf Leistung und Gesundheit der Sauen
Vor der Einführung der Gruppenhaltung wurde nicht unbegründet das Auftreten von Leistungsminderungen durch eine höhere Umrauscherrate und eine niedrigere Wurfgröße lebend geborener Ferkel sowie von gesundheitlichen Schäden (z. B. Klauen- und Gliedmaßenschäden) befürchtet (Hoy et al. 2009a). Als Probleme wurden weiterhin eine schwierigere Erkennung von Aborten in der Gruppenbucht und die Zunahme von Infektionen (z. B. durch Chlamydien oder Leptospiren) erwartet. Die Ergebnisse und praktischen Erfahrungen der zurückliegenden Jahre zeigen jedoch, dass die Wurfgröße im Mittel auch bei der geforderten Gruppenhaltung weiter angestiegen ist. Entscheidend ist das Management bei Gruppenbildung und Gruppenhaltung.
Die unvermeidlichen Kämpfe zwischen den Sauen bei der Gruppenbildung müssen bezüglich Ort, Zeit und Bedingungen auch weiterhin so stattfinden, dass sie keine Schäden an den Sauen bzw. bei den Embryonen hervorrufen können (Borberg 2008, Borberg und Hoy 2009, Hoy 2006, Hoy et al. 2009b, Hoy 2011). In den ersten Tagen nach der Befruchtung wandern die Keimlinge im Eileiter zur Gebärmutter und sind relativ gut geschützt. In der zweiten/dritten Trächtigkeitswoche befinden sich die Embryonen noch im Lumen der Gebärmutter und beginnen erst danach, sich an die Uterusschleimhaut anzuheften. Dies ist ein sehr störungsanfälliger Zeitraum. Durch Rangkämpfe in den ersten zwei bis vier Trächtigkeitswochen können über 20 bis 30 % der Embryonen absterben. Selbst der Verlust der Trächtigkeit mit anschließendem Umrauschen ist möglich (Schnurrbusch und Hühn 1994). Genau das muss durch ein gutes Management verhindert werden.
Der günstigste Zeitpunkt der Gruppenbildung ist unmittelbar nach dem Absetzen der Ferkel von den Sauen gegeben – so wie es ohnehin durch die TierSchNutztV vorgeschrieben wird. Die Tiere sind nicht tragend, und die Rangordnungskämpfe können somit keinen Schaden an der Trächtigkeit anrichten. In Untersuchungen von Schäfer und Hoy (2022) wurden in Umsetzung der Vorgaben der TierSchNutztV Sauen unmittelbar nach dem Absetzen der Ferkel im Besamungsstall mit 5 m2/Sau gruppiert – mit sechs Sauen je Gruppe. Die Sauen wurden lediglich zur Besamung fixiert. Die Anzahl an Rangkämpfen war am ersten Tag nach der Gruppierung mit durchschnittlich insgesamt 172 Angriffen und Kämpfen am größten. Je Sau waren das fast 30 Kämpfe pro Tag. Danach nahm die Zahl an aggressiven Verhaltensweisen deutlich ab und lag am 3. Tag nach dem Absetzen bei im Mittel 52 Auseinandersetzungen – also weniger als 10 je Sau (Abb. 3).
Am 4. und 5. Tag nach dem Absetzen kamen die Sauen in die Brunst – deutlich erkennbar an der zunehmenden Zahl an Aufsprüngen. Diese gesteigerte Aktivität mit „Belästigungen“ anderer Sauen führte zugleich zu einem Anstieg an Rangauseinandersetzungen (etwa 100 pro Tag und Gruppe) – ohne allerdings das Niveau des ersten Tages nach dem Absetzen zu erreichen.
Die Sauen in Gruppenhaltung wurden am 4. Tag nach dem Einstallen in den Besamungsstall auf äußerlich erkennbare Kratzer oder Bisswunden bonitiert. Rangniedere wiesen im Vergleich zu ranghohen Sauen häufiger Schürfwunden auf (64 % Tiere mit wenigen bis mehreren Kratzern). Von den ranghohen Sauen hatten 25 % eine geringe bis hohe Anzahl an Hautverletzungen (Abb. 4). Die Unterschiede waren nicht signifikant. Die Hautläsionen blieben insgesamt nur leicht.
Bauer und Hoy (2005) konnten seinerzeit an 441 Würfen von 243 Sauen nachweisen, dass ranghohe Sauen mit 11,8 % eine signifikant geringere Umrauscherquote als rangniedere Sauen (19,7 %) besaßen. Sie fanden auch eine um etwa 0,7 gesamt geborene Ferkel und 0,6 lebend geborene Ferkel niedrigere Wurfgröße bei den rangniederen Sauen. Die Rangposition der Sauen ist in der Gruppenhaltung also immer zu berücksichtigen, da insbesondere Sauen mit niedrigem Rangplatz unter ungünstigen räumlichen Verhältnissen gestresst sein können.
Die Sauen in Gruppenhaltung hatten in Untersuchungen von Schäfer und Hoy (2022) mit 4,8 Tagen ein tendenziell kürzeres Absetz-Beleg-Intervall als die Sauen in Einzelhaltung (5,1 Tage). In der Gruppenhaltung betrug die Wurfgröße gesamt geborener Ferkel durchschnittlich 18,5, die der lebend geborenen Ferkel 17,0. Die Sauen in Einzelhaltung hatten im Mittel eine Wurfgröße von 17,8 gesamt und 16,1 lebend geborenen Ferkeln. Die Differenzen waren nicht statistisch gesichert. In beiden Varianten wurden nur Altsauen (Landrasse, Edelschwein und Hybriden aus beiden) miteinander verglichen.
6. Gruppenbildung und Gruppenhaltung von Sauen im Besamungsstall
6.1 Gruppenbildung im Besamungsstall
Jede Gruppenhaltung beginnt mit der Gruppenbildung. Unterschieden wurden bislang in der Praxis der Gruppenbildungszeitpunkt, der Gruppenbildungsort, die Gruppengröße und ob der Betrieb mit einer Wechsel- oder einer stabilen Gruppe arbeitet. Nach der novellierten TierSchNutztV muss die Gruppenbildung zukünftig vor der Besamung stattfinden. Gruppenhaltung ferkelführender Sauen ist noch eher die Ausnahme. In einigen Betrieben und Lehr- und Versuchsanstalten wird dieses Haltungsverfahren in verschiedenen Gruppengrößen angewendet – wenn auch erst frühestens nach den ersten zehn Lebenstagen der Ferkel. Auch Wildschweine kehren 1 – 3 Wochen nach dem Abferkeln wieder in die Rotte zurück. Die Rangkämpfe können so zu einem Zeitpunkt ablaufen, an dem die Sauen noch nicht wieder trächtig sind. Je nach Zeitpunkt und Ort der Gruppenzusammenführung kann dadurch Umstallstress entstehen. Der Umstallstress kann bei einigen Sauen zu einer Laktationsrausche führen. Diese Sauen bereiten dann nach dem Absetzen Probleme, da sie aus dem Zyklus der Gruppe herausfallen.
Ziel muss es sein, die Rangkämpfe hinsichtlich der Verfahrensgestaltung so ablaufen zu lassen, dass sie für die Tiere möglichst ungefährlich sind. Die Sauen werden nach dem Absetzen der Ferkel direkt im Besamungsstall aufgestallt. Ideal wäre es, wenn die Sauen auch zukünftig bis zum 28. Trächtigkeitstag im Besamungsstall bleiben könnten, da dort dann auch die Trächtigkeits- bzw. Umrauscherkontrolle erfolgen kann. Damit werden nur die nachweislich tragenden Sauen in den Wartestall umgestallt. Nach der vierten Trächtigkeitswoche werden sie entweder in eine bestehende Gruppe eingegliedert (Wechselgruppe) oder bilden eine eigene, neue Gruppe (stabile Gruppe).
Bleiben die Sauen nach dem Absetzen zusammen, entfällt die Gruppenfindung mit entsprechenden Rangordnungskämpfen. Für die allermeisten Betriebe wird aber der Gruppenbildungsort der Besamungsstall sein. Dieser wird allein schon durch den hohen Platzbedarf pro Sau anders strukturiert sein müssen als bisher. Wichtig sind die gesetzlich geforderten 1,3 m² Liegebereich sowie geeignete Rückzugsmöglichkeiten.
In vielen Betrieben kann versucht werden, eine Outdoor-Arena als Gruppenbildungsort an den Besamungsstall anzubauen, sodass eine relativ kostengünstige Haltung der Sauen vom Absetzen bis zur Besamung möglich ist. Eventuell können Nebengebäude (Scheunen, Lager, Maschinenhallen) alternativ zu einer Indoor-Arena umgebaut werden. Die Gruppengröße wird dabei vor allem durch die baulich-technischen Gegebenheiten bestimmt. In großen Betrieben werden 50 bis 100 Sauen pro Woche und mehr gleichzeitig abgesetzt. Wenn es bautechnisch möglich ist, sollten die Gruppen unterteilt werden, um zum einen Jungsauen/primipare Sauen (Sauen mit Besamung zum zweiten Wurf) und Altsauen separat aufzustallen und zum anderen die Übersichtlichkeit beim Treiben in die Besamungsstände und bei der Besamung selbst zu gewährleisten. Die Nutzung von Selbstfang-Besamungsständen ist von Vorteil, da die Sauen sich bei der Fütterung selbst fixieren und ein aufwändiges Treiben in diese Stände entfällt. Bei großen Gruppen dauert es lange, bis die letzte Sau den letzten freien Stand gefunden hat. Dabei entsteht große Unruhe, wenn Sauen mehrmals an der Standreihe auf der Suche nach einem freien Platz zum Fressen entlang laufen müssen. In dieser Gruppierungsphase sollte nicht mit dynamischen Gruppen gearbeitet werden.
In einigen wenigen Betrieben werden die Sauen bereits in der Gruppe besamt. Untersuchungen auf Haus Düsse mussten allerdings aus Arbeitsschutzgründen nach drei Monaten abgebrochen werden. Aus Tierschutz-Sicht besteht ein Verletzungsrisiko vor allem für Jungsauen oder kleine Altsauen, wenn diese den größeren Sauen in der Gruppe als Sprungpartner dienen. Schließlich wurden bei Versuchen mit Gruppierungen nach dem Absetzen auch massive Auswirkungen auf die Fruchtbarkeitsleistung nachgewiesen, indem die Umrauscherrate sich von ca. 6 % auf etwa 12 % annähernd verdoppelte (Scholz 2016/2017: Jahresbericht Haus Düsse und BTU-Tagung Hohenheim).
Im Gegensatz zur bisherigen Praxis mit Beginn der Gruppenhaltung ab dem 29. Tag der Trächtigkeit müssen die Sauen künftig auch unmittelbar nach der Besamung in Gruppen gehalten werden. Bezüglich der Flächenvorgaben gelten dann ab der ersten Belegung die in der Tabelle 1 genannten Werte. Das bedeutet, dass auch für diesen Haltungsabschnitt die Besamungsställe angepasst bzw. umgebaut werden müssen. Allerdings erfolgt oft keine zweite Gruppenbildung, wenn die Gruppe im Wesentlichen zusammenbleibt. Lediglich nicht rauschende oder verletzte Sauen werden wenige Tage nach dem Absetzen der Ferkel aus der Gruppe genommen. Spätere Umrauscher (die zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht erkannt werden können) bleiben bis etwa drei Wochen nach der Besamung in der Gruppe. Zur Unterscheidung von der eigentlichen Gruppenbildung im Besamungsstall wird dieser Abschnitt nach der Besamung als Gruppenhaltung im Besamungsstall bezeichnet. Er erfordert im Regelfall ein zusätzliches Umstallen der Sauen (und ggf. eine zusätzliche Reinigung und Desinfektion der Ställe), da die Flächenvorgaben nach der Besamung deutlich niedriger als vor der Besamung sind.
6.1.1 Gruppenbildungsort Besamungsstall
Wenn der Besamungsstall für die Gruppenbildung vor der Besamung genutzt werden soll, muss eine uneingeschränkt nutzbare Bodenfläche von mindestens 5 m² pro Sau vorhanden sein. In einem Besamungsstallabteil mit Selbstfang-Besamungsständen sollte der Laufgang mindestens drei Meter betragen, er kann dann auch als Lauffläche genutzt werden (Abb. 5).
Die hintere Tür der Stände bleibt unverriegelt, sodass die Tiere zwischen Gruppen- und Einzelbereich wechseln und im Stand gefüttert und getränkt werden können.
Reichen die Gänge für die Gruppenbildung und -haltung nicht aus, müssen ggf. Kastenstände/Kastenstandreihen wegfallen, um die geforderten Flächen und auch die Rückzugsmöglichkeiten zu realisieren (siehe Beispiele im Kapitel 7). Dies bedeutet dann entweder eine Reduktion der Sauenzahl oder aber die Notwendigkeit eines Umbaus, Anbaus oder Neubaus.
Vor den Besamungsständen kann zu beiden Seiten des Abteils ein Eberlaufgang angeordnet werden, auf dem die Eber – getrennt durch Türen – zur Duldungskontrolle und Besamung „vor die Köpfe der Sauen“ gestellt werden können. Wenn während der Besamung alle Sauen im Stand fixiert werden, kann die Lauffläche für den Besamungswagen und das Besamen selbst genutzt werden. Die KB kann dann wie gewohnt ablaufen. Nach der KB wird die Fixierung wieder aufgehoben. Wenn es die Gangbreiten hinter den Ständen erlauben, kann für einige Betriebe auch die Nutzung eines ergänzenden Auslaufes eine Möglichkeit sein, die geforderten 5 m² uneingeschränkt nutzbare Fläche für die Sauen umzusetzen, ohne dass Besamungsstände wegfallen. Hier ist allerdings zu beachten, dass die Fläche im Auslauf nur dann anerkannt wird, wenn sie permanent zur Verfügung steht, das heißt auch im Seuchenfall und bei allen Witterungsbedingungen. Hinweise zur Gestaltung von Ausläufen sind z. B. im KTBL-Heft 68 oder vom LBZ Echem beschrieben (Land & Forst 23/2021).
Aus Gründen der Biosicherheit und Seuchenprophylaxe können die Sauen jedoch nicht immer im Außenbereich des Stalles gruppiert werden. Bei der Neugestaltung des Besamungsbereiches sollte daher auch geprüft werden, ob nicht auch andere Stallbereiche ggf. besser zu einem Besamungsbereich umgebaut werden können und dafür der vorhandene Besamungsstall anders genutzt werden kann, z. B. für die Haltung der frisch besamten Sauen. Wenn keine Stallplatzergänzung durch einen Neubau möglich ist, wird eine Abstockung des Sauenbestandes unumgänglich. Im Extremfall könnte das ein Drittel bis die Hälfte der Sauen betreffen. In Betrieben mit geringeren Anforderungen an die Biosicherheit ist die Nutzung einer stallnahen Arena im Freien oder einer Indoor-Arena in ungenutzten anderen Gebäuden (z. B. Scheune) denkbar.
6.1.2 Gruppenbildungsort Outdoor-Arena
Die „Outdoor-Arena“ (Abb. 6) ist eine spezielle Freilaufbucht zum Zusammenstallen neuer Sauengruppen. Häufig wird sie als Anbau mit überdachtem Auslauf an das vorhandene Stallgebäude geplant. Zu beachten ist, dass eine Outdoor-Arena als Erweiterung des Besamungsstalles zur Erreichung der 5 m²/Sau nur anerkannt wird, wenn die Fläche permanent, d. h. auch im Seuchenfall und bei allen Witterungsbedingungen zur Verfügung steht.
Bisher wurden die Sauen direkt nach dem Absetzen für mindestens vier Tage (bis zur Besamung) in die Arena eingestallt und konnten hier die Rangordnungskämpfe ausfechten. Nach dieser Zeit hat sich eine stabile Rangordnung gebildet und es erfolgte die Besamung mit Fixierung der Sauen in den Besamungsständen.
Die Sauen gelten bereits nach der ersten Belegung als tragend und können somit gemäß den Anforderungen an tragende Sauen gehalten werden. Sollten die Bedingungen in diesem Stallbereich nicht erfüllt sein, wird ein Zurückstallen in die Arena erforderlich – was einen erhöhten Zeitaufwand bedeutet.
Beim Bau einer Arena ist auf eine optimale Strukturierung zu achten. Die Bucht sollte möglichst rechteckig sein und eine Seitenlänge von mindestens 10 – 14 m aufweisen, um den unterlegenen Sauen eine ausreichende Fluchtdistanz zu bieten. Die Breite der Bucht richtet sich nach der Anzahl der Sauen in der Gruppe.
Im Abstand von mindestens 2 m von der Buchtenwand können Sichtblenden aufgestellt werden, hinter denen sich unterlegene Sauen vor ranghohen Tieren verstecken können. Die mindestens 2,20 m langen und etwa 1,20 m hohen Sichtblenden sind einfache Bretterwände, die über Eisenpfosten im Boden verankert sind.
Die Bodengestaltung in der Arenabucht ist von besonderer Bedeutung, damit sich die Sauen beim Kämpfen nicht verletzen. Ein trockener, trittsicherer Untergrund erhöht die Standfestigkeit. Aus hygienischen Gründen sollte im Bodenbereich auf Wiese, Sand oder blanke Erde verzichtet werden (Gefahr von Endoparasiten). Bei planbefestigtem Boden ist darauf zu achten, dass der Beton oder Estrich nicht glatt, sondern etwas angeraut ausgeführt wird. Nach Möglichkeit kann er mit Sägespänen oder Stroh eingestreut sein. Wird mit perforiertem Boden gearbeitet, ist auf eine hohe Qualität des Betonspaltenbodens zu achten. Speziell die Kanten der Betonbalken sollten eine hohe Fertigungsqualität und keine Grate aufweisen. Die Schlitzweite des Betonbodens sollte 17 mm nicht überschreiten, obwohl nach der TierSchNutztV bis zu 20 mm erlaubt sind.
Wühlmaterialien zur Verminderung von Rangkämpfen sind als wenig erfolgreich einzustufen, da die Attraktivität der Materialien (Erde, Sand, Stroh usw.) sehr schnell abnimmt und die Rangordnungskämpfe trotzdem ausgetragen werden. Außerdem sind sie aus hygienischer Sicht als bedenklich einzustufen. Geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten und -materialien müssen aber auch in diesem Haltungsabschnitt vorgehalten werden.
Verbleiben die Sauen die kompletten vier bis fünf Tage bis zur Besamung im Außenklimabereich, ist es notwendig, wärmegedämmte Liegekessel anzubieten. Bei deutlich größeren Flächen steigt die Gefahr des Verkotens, wenn die Sauen zum Koten die Liegehütte nicht verlassen müssen. Als Sonnenschutz eignen sich besonders Tarnnetze oder Windschutznetze. Im Zuge der Salmonellensanierung sollte ein Vogelschutznetz den Eintrag von Vogelkot in die Arena verhindern. Die Schadnagerbekämpfung muss konsequent durchgeführt werden. Das Anlegen von Suhlen sollte aus hygienischen Gründen sachgerecht geplant werden.
Die Außenklimabedingungen wirken sich positiv auf die Brunststimulation aus, haben aber Nachteile in punkto Seuchenprophylaxe sowie Reinigung und Desinfektion der Arena. Vor allem unter Frostbedingungen ist eine wirksame Desinfektion nur sehr schwer durchzuführen. In ASP-gefährdeten Gebieten wird angesichts der Gefährdungssituation gemäß der Schweinehaltungs-Hygieneverordnung eine Haltung von Schweinen im Freien kaum genehmigt werden.
Werden die Sauen auch im Auslauf/Außenklimabereich gefüttert, kann dies über einfache Sauen-Trockenautomaten erfolgen – sofern nicht die Selbstfang-Besamungsstände im Besamungsstall dafür genutzt werden. Der Eingang der Besamungsstände sollte nicht breiter als 70 cm sein, damit nicht zwei Sauen gleichzeitig den Stand betreten können (Stressvermeidung). Das Futter sollte nur in dieser Zeit ad libitum angeboten werden, sodass die Sauen nicht übermäßig an Körpersubstanz verlieren. Wird mit Automaten gearbeitet, sollte mehr als eine Futterstelle pro Gruppe vorhanden sein, um die Aggressionen am Fressplatz zu verringern.
Es ist darauf zu achten, dass keine Vorsprünge von Ausrüstungsgegenständen in die Bucht hineinragen, da hierdurch Verletzungen hervorgerufen werden können. Tränkenippel müssen in der Wand eingelassen sein, sodass sie nicht über diese hinausragen. Die Tränkesysteme sollten zudem frostsicher sein.
6.1.3 Gruppenbildungsort Indoor-Arena
Ein Verfahren der Gruppenbildung stellt die Indoor-Arena dar (Abb. 7). Durch das Flächenangebot von mindestens 5 m² pro Tier finden die Rangordnungskämpfe schnell nach dem Gruppieren statt. Durch die große Platzvorgabe je Sau kann die Indoor-Arena aus Kostengründen nur in bislang kaum genutzten Alt- oder Nebengebäuden eingerichtet werden. Voraussetzung dafür ist, dass das betreffende Gebäude nahe am Besamungsstall liegt, sodass die Sauen gruppenweise und einfach umgestallt werden können. Wie bei der Outdoor-Arena ist auch hier die Kombination mit Selbstfang-Besamungsständen im Besamungsstall vorteilhaft.
Der Boden in der Indoor-Arena ist in der Regel planbefestigt mit (Stroh-)Einstreu. Die Fütterung erfolgt auch hier über Sauen-Trockenautomaten oder über die Besamungsstände. Die Sauen werden während der kurzen Aufenthaltsdauer in der Arena ad libitum versorgt und können Sicht- und Schnauzenkontakt zum Eber haben. Aus Kostengründen wird die Indoor-Arena als Kaltstall ausgeführt.
Eine Indoor-Arena kann je nach Ausführung kostspielig sein, hat jedoch auch Vorteile. Es wird z. B. kein Sonnenschutz benötigt, auch die Seuchenprophylaxe sowie Reinigung und Desinfektion gestalten sich einfacher.
6.2 Gruppenhaltung im Besamungsstall
Unmittelbar nach der Besamung der Sauen gelten die Flächenvorgaben nach Tabelle 1. Da deutlich geringere Flächen als vor der Besamung gefordert werden, können die Sauen nach der Insemination in einen anderen Stallbereich umgestallt werden. In größeren Betrieben kann das im Wochen-Rhythmus erfolgen. Ähnlich wie bei der Gruppenbildung kann auch die Gruppenhaltung im Besamungsstall erfolgen – sofern genügend Platz vorhanden ist. Die Sauen werden dort bis zur Umrauscherkontrolle in der 4. Woche nach der KB gehalten, bevor sie als tragend getestet in den Wartestall umziehen.
Für die Betriebe bedeutet das, dass nicht nur der Stall, in dem die Besamungen stattfinden, mit Blick auf die geforderten 5 m2 je Sau umgebaut werden muss, sondern auch die Stallabteile baulich verändert werden müssen, in denen die Sauen bis zur Umstallung in den Wartestall gehalten werden.
Steht im Besamungsstall genügend Platz zur Verfügung, kann die Gruppenhaltung der belegten Sauen auch
dort ohne große Umbauarbeiten stattfinden. Vorhandene Kastenstände müssen aber stets geöffnet bleiben, am besten werden sie baulich verändert. Es empfiehlt sich, bei großen Gruppen eine Unterteilung in 8er bis maximal 16er Gruppen zu schaffen, um kurze Wege zum Fressplatz und eine ausreichende Übersichtlichkeit zu gewährleisten.
In vielen Betrieben wird jedoch nicht genügend Platz für eine Gruppenhaltung im Besamungsstall vorhanden sein. Dort muss zusätzliche Stallfläche durch einen Auslauf oder Anbau geschaffen werden. Falls keine Tür aus dem Besamungsstall ins Freie oder in ein Altgebäude führt, muss der Stall geöffnet werden. In jedem Fall wird auch diese Maßnahme zu erheblichen Mehrkosten führen.
6.2.1 Umgang mit Problemtieren
Auseinandersetzungen zwischen den Sauen bei der Gruppenbildung oder Gruppenhaltung sind aus den oben beschriebenen Gründen normal. Wenn einzelne aggressive Sauen identifiziert werden, sollten diese aus der Bucht genommen werden. Die Sauen können bei der nächsten Gruppenbildung integriert werden, müssen aber gekennzeichnet werden, da sie zu einer anderen Wochengruppe gehören. Kranke oder verletzte Sauen müssen aus der Gruppe genommen und in einer Krankenbucht aufgestallt werden. Laut den Ausführungshinweisen sind daher für alle Gruppenhaltungsverfahren ca. 5 % an Einzelbuchten vorzuhalten. Um Schlachtsauen und Tiere, die aus gesundheitlichen Gründen ausfallen, ersetzen zu können, müssen immer ausreichend viele Jungsauen verfügbar sein. Die Remontierungsrate eines Betriebes sollte zwischen 30 und 35 % liegen. Bei einer durchschnittlichen Herdenleistung von 6 Würfen muss etwa jede 6. Sau die Gruppe nach dem Absetzen verlassen und wird durch eine Jungsau ersetzt.
6.2.2 Jungsaueneingliederung
Wichtig für die Jungsaueneingliederung ist zunächst eine ausreichende Eingewöhnungsphase. Während dieser Zeit, die in der Regel 6 Wochen dauert, sollte die Sau mit dem Keimspektrum des Betriebes vertraut gemacht werden. Ziel ist es, die Immunisierung bis zur ersten Belegung weitgehend abzuschließen. Die ersten zwei bis drei Wochen nach der Anlieferung verbringen die Jungsauen in einer Isolierphase. Diese Phase dient dem Schutz des Betriebes vor Krankheitserregern, die die Tiere mitbringen. Jeder Kontakt mit dem Altsauenbestand muss in dieser Zeit vermieden werden. Erst anschließend kann man in der Akklimatisationsphase die zugekauften Jungsauen in Kontakt mit den betriebsspezifischen Erregern bringen. Danach bleiben die Jungsauen noch weiter unter sich, um mögliche Erkrankungen durch die betriebseigenen Keime auszuheilen. Wichtig ist, dass sich der Sauenhalter während der Eingewöhnungsphase regelmäßig im Isolierstall aufhält und sich Zeit für die Tiere nimmt, damit ein gutes Mensch-Tier-Verhältnis aufgebaut werden kann.
Frühestens ab der 6. Woche nach dem Zukauf werden die Zuchtläufer in den Besamungsstall umgestallt. Die erste Belegung der Jungtiere erfolgt frühestens zur zweiten Rausche und sobald die Sauen mindestens 220 Tage alt sowie 130 kg schwer sind. Nach dem Belegen kommen die Tiere dann wieder zurück in eine Jungsauengruppe. Es hat sich bewährt, sie erst nach dem ersten Wurf in die Altsauengruppe zu integrieren. Die Tiere sind dann schon wesentlich größer und können sich besser gegenüber den Altsauen behaupten. Während dieser Phase können sich die Jungsauen auch eingehend mit dem Fütterungsverfahren vertraut machen.
Im Idealfall steht der Jungsauengruppe bei der Abruffütterung in der ersten Woche eine eigene Futterstation zum Lernen zur Verfügung. Bei kleineren Herden sollte zumindest eine separate Bucht für die Jungsauen vorhanden sein.
Nach der Eingewöhnungszeit können die Jungsauen dann in die Großgruppe integriert werden. Bei der Dribbelfütterung, bei Selbstfang-Fressständen und bei Kurzstand-Systemen werden die Sauen in Konditionsgruppen zusammengestallt, sodass die Jungsauen eine eigene Gruppe bilden oder mit gleich stark entwickelten Sauen zusammentreffen. In dieser Gruppe bleiben die Sauen während der gesamten Trächtigkeit zusammen.
6.3 Wechselgruppen oder stabile Gruppen
Nach der Gruppenhaltung im Besamungsstall werden die Sauen in den Wartestall umgestallt. Ob der Betrieb mit Wechselgruppen oder stabilen Sauengruppen arbeitet, hängt im Wesentlichen von der Herdengröße und dem Fütterungssystem im Wartestall ab. Je nach Haltungsverfahren im Wartestall kann eine zweite Gruppenbildung notwendig sein (bei einer Wechselgruppe). Die kritische Phase der Eieinnistung ist zu beachten (siehe Kapitel 5).
Die Novellierung der TierSchNutztV hat an der Haltung der tragenden Sauen nichts geändert.
7. Verfahrensbeschreibung
Die Sauen werden aus dem Abferkelstall direkt in den Besamungsstall umgestallt. Während der Trächtigkeit und durch die Geburt sowie in der Geburts- und Laktationsphase haben die Sauen hohe Leistungen vollbracht. In dem neuen Stallbereich ist die Sau nun wieder mit anderen abgesetzten Sauen in einer Gruppe zusammen.
Der Besamungsstall muss folglich verschiedene Funktionen erfüllen:
- Gruppenfindung mit den einhergehenden Rangkämpfen
- Gewährleistung des Verhaltens in den verschiedenen Stadien der Rausche und
- eine sichere Durchführung der Besamung.
7.1 Bedeutung der Buchtenstrukturierung
Mit der Einführung der Gruppenhaltung im Besamungszentrum und der Fixierung maximal zur Belegung bzw. während einer Behandlung kommt auch die Forderung nach einer Fläche von mindestens 5 m² je Sau auf. Die Fläche ist gekennzeichnet durch drei getrennte Funktionsbereiche:
- Fressbereich, z. B. Fressplätze mit Sichtblenden oder Fress-/Liege-/Besamungsstände
- Aktivitätsbereich und
- Liegebereich, z. B. Liegebuchten für gemeinsames Liegen der Sauen.
Die Fläche der Fress-/Liege-/Besamungsstände zählt selbstverständlich ohne die Trogfläche mit zur erforderlichen Gesamtfläche. Die Buchten ermöglichen durch Strukturelemente, dass rangniedere Sauen vor ranghohen Sauen flüchten können. Strukturelemente können einfache Wandelemente oder Abtrennungen sein, an denen z. B. auch Versorgungseinrichtungen montiert werden können.
Im DLG-Merkblatt 458 sind Strukturelemente für Ferkelaufzucht und Schweinemast beschrieben. Hilfreiche Tipps für die Umstrukturierung und die Buchtenstruktur sind auch über das Netzwerk Fokus Tierwohl kostenlos abrufbar:
- https://www.fokus-tierwohl.de/de/schwein/fachinformationen-muttersau/gruppenhaltung-von-sauen-im-deckzentrum
- https://www.fokus-tierwohl.de/de/schwein/fachinformationen-muttersau/buchtenstruktur-im-deckzentrum-darauf-kommt-es-an
- https://www.fokus-tierwohl.de/de/mediathek/videos/schwein/vodcast-herausforderung-deckzentrum-tipps-fuer-die-umstrukturierung-und-buchtenstruktur
Mit einer entsprechenden Strukturierung der Bucht und dem Einhalten der Funktionsmaße von Laufgangbreiten und -längen lassen sich baulich die Anforderungen der TierSchNutztV erfüllen.
7.2 Rutschfester Boden
Ideal ist ein Boden, der für Flüssigkeiten und Kot aus dem Laufbereich gut durchlässig ist. Denn wichtig ist ein trockener, rutschfester Boden, der die entsprechenden Bewegungsabläufe ohne Verletzungsgefahr ermöglicht. Eine gewisse Strohauflage kann die Scharfkantigkeit des Bodens und die Gefahr der Klauenverletzungen vermindern.
Das bedeutet aber auch, dass diese Haltungsverfahren Einfluss auf die Entmistungssysteme haben werden. Bei Neubauten sollte unterhalb des Spaltenbodens eine Schiebertechnik eingeplant werden, die das Kot-Harn-Stroh-Gemisch entsprechend aus dem Stall befördern kann.
In der Phase der Rausche ist das Verhalten der Tiere anders als während der Gruppenfindung bzw. des Aufbauens einer Rangordnung. Die Tiere einer Absetzgruppe durchlaufen nicht synchron die verschiedenen Phasen der Rausche. Nicht nur der Beginn der Vor-, Haupt- und Nachbrunst ist individuell bei jedem Tier unterschiedlich, sondern auch die Dauer. Darüber hinaus sind die Brunstphasen auch von unterschiedlichen Verhaltensweisen geprägt (siehe Kapitel 4).
Deshalb ist es auch für diesen Haltungsabschnitt wichtig, eine entsprechende Bodengestaltung und Strukturierung der Bucht anzubieten. Die Fütterung in diesem Haltungsabschnitt sollte einzeln erfolgen.
7.3 Verschiedene Aufstallungsvarianten
Die Aufstallung erfolgt idealerweise in Fressbuchten. Sind diese als Selbstfang-Besamungs-Fressbuchten ausgeführt, ergibt sich im Prinzip eine dreigeteilte Bucht. Fressen und Belegen erfolgen in den Selbstfang-Buchten. Nachteil dieser Anordnung ist, dass der Laufgang zwischen Fressstand und Liegebereich angeordnet ist. Eine klassische Strukturierung der Bucht – Koten weit entfernt vom Fressen – ist damit nicht möglich. Fress- und Liegebereich werden quasi durch den Kotbereich getrennt. Bei dieser Form der Dreiflächenbucht ist diese Anordnung aber unumgänglich. Durch entsprechende Gestaltung des Liegebereiches mit einem schlitzreduzierten Boden kann aber eine trockene Liegefläche erreicht werden. Diese Form der Aufstallung hat den Vorteil, dass der Liegebereich als Bewegungsbereich für den großen Platzanspruch nach dem Absetzen für Rangkämpfe und beim Rauscheverhalten genutzt werden kann.
Denkbar ist, den Liegebereich an einem Ende der Bucht anzuordnen. Bei dieser Variante müssten die Laufgangbreiten bei einer doppelreihigen Aufstallung vergrößert werden. Wenn der Liegebereich von 1,3 m² in der Fress-Liegebucht angeordnet sein soll, benötigt man ein lichtes Maß von mindestens 0,65 m, da ansonsten die Fläche nicht ausreicht. In der Praxis findet sich eine Vielzahl von Varianten, für die keine allgemeingültigen Aussagen getroffen werden können. Es bleibt aber allgemeingültig, dass bei der Gruppenhaltung breitere Laufgänge als 2 m wünschenswert sind.
In der Gruppenhaltung von Sauen können auch Selbstfang-Fressbuchten mit zum Beispiel 0,55 m lichter Breite eingebaut werden. Entscheidend ist die verfügbare Fläche nach dem Absetzen von 5 m² pro Sau. Die Abbildungen 8 – 14 im Anhang sind als Beispiele gedacht und sind jeweils mit diesem Flächenanspruch ausgestattet.
7.4 Verletzungsgefahr minimieren
Die Gruppenhaltung im Besamungsstall wird in der Gesellschaft die größere Akzeptanz als die Einzelhaltung finden. Grundsätzlich kann eine Gruppenhaltung mit oder ohne Fixierung der Sau während der Belegung erfolgen. Für die Aufstallung und Belegung von rauschenden Sauen in Gruppen, ohne die Möglichkeit der Fixierung, ist die Gefahr der Verletzung der Sauen und des Tierbetreuers erhöht. Hierfür müssen adäquate Lösungen gefunden werden.
8. Fazit
Im Besamungsstall muss bei bevorstehenden Planungen die Gruppenhaltung berücksichtigt werden. Eine kurzzeitige Fixierung der Sau ist zur Behandlung, Rauschekontrolle oder Belegung möglich. Der Stallbereich muss dann auch die Anforderungen der Gruppenbildung mit den unvermeidbaren Rangkämpfen erfüllen sowie die natürlichen Verhaltensweisen in jedem Haltungsabschnitt ermöglichen.
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Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. August 2006 (BGBl. I S. 2043), zuletzt geändert durch Artikel 1a der Verordnung vom 29. Januar 2021 (BGBl. I S. 146)
www.fokus-tierwohl.de/de/schwein/fachinformationen-muttersau/gruppenhaltung-von-sauen-im-deckzentrum
Anhang
Im Folgenden wird eine Lösung von einem Betrieb vorgestellt, welcher eine Arena in einem Neubau umgesetzt hat. Eine Stahlhalle von 47 x 20 m wurde dazu zwischen zwei schon vorhandenen Stallgebäuden errichtet. Neben einer Arena mit den Abmaßen von 17 x 20 m und einem Bereich mit Besamungsständen zur Rauschekontrolle und Belegung wurden in dieser Halle noch Eber- und Genesungsbuchten sowie zwei Wartebuchten mit Fressplatzteilern und Liegekesseln untergebracht.
Der Betrieb arbeitet im Wochenrhythmus und besamt jede Woche 60 Altsauen. Für die Jungsauen steht eine separate Arena zur Verfügung sowie auch separate Wartebuchten, welche jedoch genauso gestaltet sind wie die der Altsauen. Auch der Ablauf der Rauschekontrolle und Besamung ist gleich. Ziel war es, dass es ein durchgängiges Haltungskonzept gibt und die Jungsauen das System direkt kennenlernen.
Die Arena kann für die gesamte Besamungsgruppe genutzt werden, sie kann aber auch in zwei Gruppen á 30 Sauen unterteilt werden. So kann die Sauengruppe in zwei Konditionsgruppen unterteilt werden.
Zur Fütterung stehen den Sauen Einzelfressplätze mit kurzen Fressplatzteilern zur Verfügung. Die Wasserversorgung wird über einen Aqualevel im Trog sowie zwei Kipptränken an der Betonwand zu den Besamungsständen, sichergestellt.
Als Rückzugsmöglichkeit gibt es Liegekessel mit einer Tiefe von 2 m und einer Breite von ca. 3 m. Diese Trennwände können bei Reinigung der Arena an die Mittelwand geklappt werden. Die Liegekessel liegen gegenüber den Fressständen.
Wird die Gruppe nicht unterteilt, können die Sauen um diese Insel aus Liegekesseln herumlaufen, das hat den Vorteil, dass Sauen sich noch besser aus dem Sichtfeld bringen können.
Mittig der Arena befindet sich ein durchgehender Spaltenbereich, sodass es auch in den Liegekesseln einen Spaltenbereich gibt. Die restliche Arena ist planbefestigt und muss eingestreut werden. Alle anderen Stallbereiche sind unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben mit einem Spaltenboden ausgestattet.
Direkt an den Arenabereich schließt sich der Besamungsbereich an. Dieser kann über zwei Stufen erreicht werden, damit die Sauen nicht zu viel Stroh mit heraustragen. Grundsätzlich kann eine solche Arena aber auch strohlos betrieben werden. Wichtig ist, dass die Bodenqualität in Ordnung ist.
Zur Besamung stehen 22 Besamungsstände zur Verfügung. Die Anzahl war durch die Breite des Gebäudes vorgegeben. Diese sind mit einem Frontaustrieb ausgestattet, sodass die Sauen den Stand nach vorne verlassen können, um in die Arena zurückzukehren bzw. nach Abschluss der Besamung direkt in die Wartebuchten umgestallt zu werden.
Ablauf der Besamung:
- Eber wird vor die Sauen getrieben.
- Sauen werden auf eine Seite getrieben.
- 22 Sauen werden in die Besamungsstände getrieben.
- Nach Rauschekontrolle und Belegung gehen Sauen auf die andere Seite.
Dann werden die nächsten Sauen in die Besamungsstände getrieben.
Wichtig ist, dass der Zugang – Arena zu den Besamungsständen – blickdicht ist, damit die Sauen den Eber nicht zu früh sehen. Ansonsten bleiben sie schon in der Arena oder im Türbereich stehen und laufen nicht in die Besamungsstände.
Autoren
- Prof. i. R. Dr. Steffen Hoy, Justus-Liebig-Universität Gießen
- Dipl.-Ing. agr. Bernhard Feller, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen
- Dr. Jörg Bauer, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen
- Dr. Anne Elkmann, Big Dutchman International GmbH, Vechta
- Sven Häuser, DLG-Fachzentrum Landwirtschaft, Frankfurt a. M.
- Unter Mitwirkung der Mitglieder des DLG-Ausschuss Schwein sowie
Isabell Faroß (DLG-Fachzentrum Landwirtschaft, Bernburg)