Demonstrationsbetriebe
Im Rahmen der Dialogforen Primärproduktion und Verarbeitung haben sich seit November 2021 viele Betriebe zur Durchführung eines Demonstrationsprojektes entschlossen. Sie unterziehen bereits umgesetzte oder geplante Maßnahmen zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen einer fachlichen Bewertung durch die Spezialisten des Thünen-Instituts. Die Teilnahme ist freiwillig, und die Betriebe profitieren in vielfältiger Weise davon. Die Maßnahmen selbst werden in enger Abstimmung zwischen den Betrieben, der DLG und dem Thünen-Institut ausgewählt bzw. geplant, erfasst, bewertet und bilanziert.
Bewertung der Maßnahmen
- Im ersten Schritt wird die Effektivität berechnet, nämlich wie viele Lebensmittelabfälle durch die Maßnahme eingespart wurden. Darüber hinaus kann die Menge an Produkten oder Nebenprodukten berechnet werden, die einer höheren Wertschöpfungsstufe als bisher zugeordnet werden.
- Im zweiten Schritt wird die Ressourceneffizienz quantifiziert. Hierzu wird eine klassische Kosten-Nutzen-Analyse entlang der drei Nachhaltigkeitsdimensionen (ökonomisch, ökologisch und sozial) durchgeführt.
Auf Basis der ermittelten Daten (Kosten und Nutzen) kann der Netto-Nutzen berechnet werden. Der so ermittelte Business Case zeigt das Einsparpotential von Lebensmittelabfällen, den Netto-Nutzen sowie die Umweltauswirkungen einer Maßnahme (z. B. hinsichtlich eingesparter CO2-Emissionen).
Auch qualitative Faktoren fließen mit in die Bewertung ein, z. B. die Auswirkungen der Maßnahme auf das Arbeitsumfeld, der Umsetzungsaufwand und die Übertragbarkeit auf andere Betriebe.
Zero Waste
Wurden bereits in der Vergangenheit Maßnahmen zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen erfolgreich umgesetzt, eignen sich diese als Best-Practice-Beispiele.
Unser Netzwerk + Ihr Engagement
Sie möchten auch Demonstrationsbetrieb werden? Oder fragen sich, wohin mit Lebensmitteln, die nicht über die üblichen Absatzwege zu den Verbraucher:innen gelangen? Wie kann überschüssige Ware kurzfristig über andere Wege abgesetzt werden?
Impulsgeber für die Weiterverwertung: Start-ups und Initiativen
Für Erzeuger:innen und Verarbeiter:innen von Lebensmitteln lohnt sich ein Blick in die deutsche Start-up-Szene: Hier entstehen stetig neue „out of the box“-Ansätze, wie mit krummem Gemüse oder nicht vermarktbarem Obst neue Produkte kreiert werden können. Eine Auflistung regionaler Start-ups mit frischen Ideen zum Retten von Lebensmitteln ist in der Übersicht zusammengefasst.
Ein Ansatz sind auch die überregionalen Plattformen, die Rohstoffe vermitteln oder eine Suchanfrage nach bestimmten Produkten ermöglichen. Diese agieren vor allem auf B2B-Ebene. Aber auch auf Verbraucherebene gibt es Angebote wie Boxen mit überschüssigen Lebensmitteln aus Primärproduktion, Verarbeitung und Gastronomie, die vergünstigt zu erwerben sind – ganz einfach über eine App.
Ihr Vorteil und eine 2. Chance für Lebensmittel
Mithilfe unserer Übersicht „2. Chance für Ihre Lebensmittel“ finden Sie einfach und schnell Unternehmen, die Ihnen die überschüssigen Produkte abnehmen. Knüpfen Sie Kontakte mit alternativen Abnehmer:innen und helfen Sie so, Lebensmittelverluste zu reduzieren.
Die Projekte der Dialogforen Primärproduktion und Verarbeitung leben vom Austausch und der gegenseitigen Inspiration. Bei Interesse, als Demonstrationsbetrieb oder Start-up beim Projekt dabei zu sein, melden Sie sich gerne beim Projektteam für das Dialogforum Primärproduktion unter difo-pp@dlg.org und für das Dialogforum Verarbeitung unter difo-v@dlg.org.
Aktuell sind bereits folgende Unternehmen mit Demonstrationsprojekten beteiligt:
(Stand: April 2022)
Maßnahme | Beschreibung | Runder Tisch | Unternehmen |
Digitalisierung | Zentralisierung zur Optimierung der Mengen-/ Lieferplanung für die Filialen mit Hilfe einer KI-gesteuerter Software | Backwaren | Foodtracks Antegon, Münster & Bäckerei Heitzmann, Bad Krozingen |
Proteinproduktion via Insekten | Insektenzucht (Mehlwürmer) auf Basis von Brotresten. | Backwaren | Alpha Protein, Bruchsal & Badische Backstub, Ettlingen |
Verwertung | Verwertung von Wertstoff aus Brühwürstchen mit Schönheitsfehlern | Fleisch-verarbeitung | Wolf Wurstspezialitäten, Schwandorf |
Verwertung | Einsatz von Kochpökelmaterial als Einlage bei Brühwurst | Fleisch-verarbeitung | N.N. |
Task Force innerhalb des Unternehmens | Task Force gegen Lebensmittel-Verschwendung (auf Commerce-Ebene). | Molkerei | Arla Foods Deutschland, Düsseldorf |
Personal- und Nachwuchssensibilisierung | Praktikumsprojekt zur Identifikation und Weiterverwertung von LM-Verlusten an einer Molkerei-Fachschule. | Molkerei | Lehr-, Versuchs- und Fachzentrum für Molkereiwirtschaft, Kempten |
Verwertung | Rework von Rohstoff-Resten und Rohwaren mit kleineren optischen Qualitätsmängeln: Verarbeitung von Frischkäse bei der Herstellung von gefüllten Peperoni und von Kirschtomaten, die nicht zum Füllen geeignet sind | TK, Fisch, Feinkost, Süßwaren | Grossmann Feinkost, Reinbeck |
Verwertung | Verwertung von Fisch-Nebenprodukten zur Produktion von Fischöl und -Protein in Lebensmittelqualität. | TK, Fisch, Feinkost, Süßwaren | Lipromar, Cuxhaven |
Verwertung | Herstellung von Bier unter Verwendung von Brotresten | Obst Gemüse Getränke | Knärzje, Frankfurt a.M. & biokaiser GmbH, Mainz-Kastel |
Verwertung | Einsatz einer mobilen Pressstation für Obst und Gemüse zur Resteverwertung direkt vor Ort | Obst Gemüse Getränke | Forschungsnetzwerk 2 + 12, Aulendorf |
Digitalisierung | Aufbau einer Online-Plattform und eines Netzwerks als regionales Pilotprojekt zur ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft von Obst und Gemüse | Obst Gemüse Getränke | Forschungsnetzwerk 2 + 12, Aulendorf |
Vermittlung u. Verteilung von geretteten Lebensmitteln und Überschüssen | Digitale Überschussbörse als „ebay für Überschüsse und Rohstoffe“. | übergreifend | Leroma, Düsseldorf |
Maßnahme | Beschreibung | Runder Tisch | Unternehmen |
Proteinproduktion via Insekten | Insektenzucht (Schwarze Soldatenfliege) auf Basis von Gemüseresten. | Gemüse | TH Bingen & FarmInsect |
Vermarktung | Verkauf von Gemüse mit Schönheitsfehlern | Gemüse | A.Ware Regional & Die Gemüsegärtner |
Herdenmangement | Verringerung des Anteils von Sperrmilch im Betrieb durch den Verzicht auf antibiotische Medikamente bei der Behandlung von Euterentzündungen (Mastitis) und Gebärmutterentzündungen (Metritis) | Tier | Milchviehbetrieb, NRW |
Qualitätsstandards | Einfluss von Qualitätstandards für Möhren, Kohlrabi und Radieschen. Fokus auf Anforderungen zu Größe, Form und Optik der Produkte. | Gemüse | Landgard „IssSo“, Straelen |
Veredlung | Dörren von nicht vermarkteten/überschüssigen Erdbeeren zu Erdbeerchips | Obst | Beeren & Spargel v. Mentzingen, Neuenstadt |
Sortierung | Untersuchung des Effekts von verschiedenen Sortierweisen bei Bio-Äpfeln. | Obst | Hof Bentele, Tettnang |
Lagerung | Lagerverluste reduzieren, die durch Pilzkrankheiten verursacht werden | Obst | Hof Erbenheim, Wiesbaden |
Lagerung | Verlustreduzierung: Status Quo in der gewerblichen Lagerhaltung | Getreide | Gesellschaft für Lagereibetriebe mbH (GfL) |
Lagerung | Substanzverluste in der Lagerung von Weizen bei unterschiedlicher Behandlung der Rohware im Lager | Getreide | Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main eG |
Lagerung | Verlustreduzierung: Status Quo in der landwirtschaftlichen Lagerhaltung | Getreide | Gut Derenburg, Derenburg |
Qualitätsmanagement Aquakultur | Vakzinierung von Regenbogenforellen gegen Rotmaulseuche (ERM), zur Erhöhung der Überlebensrate und Verringerung des Medikamenteneinsatzes | Tier | Heidefisch, Wietzendorf |
Die Inhalte der Demonstrationsprojekte und die Bewertungen der Ergebnisse durch das Thünen-Institut haben wir für Sie in Factsheets zusammengefasst:
Thünen Working Paper zur Nachhaltigkeitsbewertung
Das Thünen Institut hat zu den Ergebnissen der Demonstrationsprojekte ein Working Paper veröffentlicht. Es fasst die Nachhaltigkeitsbewertungen aller Demonstrationsprojekte zusammen, die in den Dialogforen 2021-2022 durchgeführt wurden, und steht hier zum Download bereit.
Reduzierungsmaßnahmen im Fokus: Interviews mit den Demonstrationsbetrieben
Kontakte und weitere Informationen:
Dialogforum Verarbeitung: • difo-v@dlg.org • Tel.: 069 24788 333
Dialogforum Primärproduktion: • difo-pp@dlg.org • Tel.: 069 24788 333
Maßnahmenbewertung Primärproduktion und Lebensmittelverarbeitung
Thünen-Institut: Dr. Friederike Lehn • friederike.lehn@thuenen.de