Intelligente Textanalyse
Sensorische Produktforschung
Automatisierte Textanalysen sind ein Anwendungsgebiet künstlicher Intelligenz (KI). Sie haben in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Warum und wie können diese Methoden Fachkräfte in der Marktforschung unterstützen? Welche Möglichkeiten bieten die Fortschritte der Sprachverarbeitung im digitalen Zeitalter? Ein Blick in die Kosmetikbranche zeigt, wie es auch im Foodbereich funktionieren könnte.
Ziel der KI-basierten automatisierten Textanalyse mittels spezifischer Algorithmen ist es, über eine automatische Kodierung und Systematisierung, strukturierte und wertvolle Erkenntnisse aus Massentextdaten zu extrahieren. Das sind unstrukturierte Big Data in Konsumentensprache. Zu den üblichen Textanalysefunktionen in der Marktforschung gehört die Extraktion von Produktinformationen mittels Textkategorisierung und Themenmodellierung. Unter dem Oberbegriff „Natural Language Processing“ (NLP) nutzen neuere Systeme eine Deep Learning-Technologie, d.h. ein ausgefeiltes maschinelles Lernen, um Sprache in ähnlicher Weise wie der Mensch zu „verstehen“. Über eine Sentimentanalyse wird eine Filterung von Emotionen, Stimmungen und Meinungen ermöglicht, die mit den Produktinformationen verknüpft werden können.
Dabei zielen die Modelle nicht nur auf einzelne Wörter ab, sondern entschlüsseln die komplexe Satzstruktur, die semantischen Beziehungen zwischen Wörtern und die „Metadaten“ des Textes, was im Ergebnis zu einer höheren Vielfalt und Genauigkeit (kontextuelles Verständnis) führt. „Ich kann nicht mehr warten, es dauert zu lange.“, wird vom Deep Learning Emotionsmodell als Mischung aus „TRAURIGKEIT“ und leichtem „ÄRGER“ klassifiziert. Ändert man den Satz in „Ich kann nicht mehr warten, dich wieder zu sehen“, klassifiziert das Modell „LIEBE“. Die Vielfalt in der Sprachauswertung wird durch verschiedene Trainingsdaten erreicht. Machine-Learning Modelle erkennen die für jede Klasse (Label) einzigartigen Muster und finden diese in neuen Daten wieder. Dies ermöglicht es, eine Vielzahl von Modellen wie Kaufabsicht, Motivation, Persönlichkeitsmerkmale u.a. zu etablieren. Über ein systematisches Training können maschinelle Lernalgorithmen initiiert und eine sukzessive Verbesserung der Genauigkeit erreicht werden.
Anwendungen
Anwendungsbereiche KI-basierter Textanalysen sind:
- Brand-Monitoring: Überwachung der Markengesundheit und Bewertung des Markenwertes durch Erfassung der Emotionalität bei Konsumenten, Partnern und im Vergleich mit der Konkurrenz.
- Innovations-Management: Analyse von Konsumtrends, Erfassung von Deskriptoren und Zusammenstellung von Produktkonzepten und Produktprofilen. Beispielsweise: Was bedeutet „natural“?
- Optimierung der Kommunikation: Persönlichkeitsprofilierung und Segmentierung der Nutzer und Kunden durch psycholinguistische Analysen, Eruierung und Definition treffender „Claims“.
- Kundenzufriedenheits-Analyse: Gewinnung kontextueller Erkenntnisse über Treiber und Barrieren der Kundenzufriedenheit aus Kundenfeedback sowie Messung von Motivationen und tieferen detaillierteren Beweggründen.
Ein Fallbeispiel liefert ein in 2019 bei Symanto im Kundenauftrag durchgeführtes Projekt im Bereich der Kosmetika. Hierbei ging es darum, im deutschsprachigen Raum die vielfältigen online verfügbaren Informationen und Verbraucherkonversationen in Diskussionsforen und Chats rund um Parfüm zu analysieren. Aus der maschinellen KI-basierten Auswertung von 11.546 Kommentaren und offenen Umfrageergebnissen ließen sich innerhalb kurzer Zeit Schlüsselinformationen (Themen, Sentiment, Emotionen) erkennen und extrahieren. Die Technik beschleunigte das, was der Mensch bisher manuell oder noch gar nicht untersucht hat. Dadurch konnten bei den Nutzern von Parfüm zwei Persönlichkeitsprofile identifiziert werden: Die emotionalen und die rationalen Nutzer. Während die emotional getriebenen Verbraucher ihre Gefühlsaussagen und die Geruchsempfindungen auf das Produkt selbst bezogen (z. B. „Ich liebe es“), fokussierten die rationellen User die Gründe, warum sie das betreffende Parfüm mögen oder ablehnen (z. B. „Es riecht sehr gut“). Aus sprachlich-linguistischer Sicht verwendeten die emotionalen Nutzer ein größeres und facettenreicheres Vokabular bei der Beschreibung von Düften, welches teilweise auch mit Gefühlen und subjektiven Eindrücken gespickt war, z. B. „es macht mich verrückt“, „magisch“, „frisch“. Rational getriebene Konsumenten hingegen setzten dabei eher auf einfache und greifbare Worte wie „super“, „gut“, „Waldbeereneis“ o. ä.. Ein Auszug der Beschreibungen ist den Wordclouds in Abbildung 1 zu entnehmen.
Vorteile und Grenzen
Automatische Textanalysen leiten innerhalb von Sekunden bis Minuten strukturierte Erkenntnisse aus großen Textdatenmengen ab. Dennoch benötigt man den Sachverstand von Experten und deren Erfahrung, um die maschinell generierten Informationen weiter zu strukturieren und zu abstrahieren, die Ergebnisse mit anderen Marktforschungsmethoden zu kombinieren, Erklärungen aus kultureller und gesellschaftlicher Perspektive zu finden, und zuletzt, um dieses komplexe Wissen durch eine „(Marketing-)Geschichte“ bzw. eine Story hinter dem Produkt, zu vermitteln. Während die Technik die „einfache“ und „standardisierbare“ Arbeit übernimmt, können sich Marktforscher auf kreative und wertschöpfende Tätigkeiten konzentrieren. Eine Voraussetzung dafür ist jedoch, dass Marktforscher die Ergebnisse aus der maschinellen Textanalyse auch gut in ihren Arbeitsprozess integrieren können; sei es in Verbindung mit Datenquellen beim Export auf die unternehmenseigene Berichtsplattform oder bei der Datenvisualisierung in den spezifischen Reports.
Die Grenzen der Textanalyse durch Maschinen bzw. KI liegen somit in der mehrdimensionalen Verknüpfung von Ergebnissen aus verschiedenen Analysetools und der intelligenten Ableitung eines Gesamtbildes sowie daran anschließender praktischer Entscheidungsprozesse. Maschinen sind gut darin, Muster zu identifizieren, Daten zu strukturieren und Verzerrungen zu beseitigen. Da die durch Textanalysen gewonnenen Erkenntnisse eindimensional sind, bleibt, um den Markt oder Verbraucher in seiner Komplexität zu verstehen, der Marktforscher weiterhin selbst und damit der Faktor Mensch unersetzbar in einer zunehmend digitalisierten Welt.
Der Bogen zur Lebensmittelsensorik ist schnell gespannt, denn sensorische Prüfungen sind Attributprüfungen, wobei wesentliche Eigenschaften von Produkten zunächst mit Worten beschrieben und dann in ihrer Ausprägung und Intensität ermittelt werden. Geschmack ist ein wesentliches Qualitätsmerkmal von Lebensmitteln und Getränken. Gerade in den Sozialen Netzen tauschen sich Konsumenten diesbezüglich intensiv aus. Eine KI-basierte Textanalyse lässt sich hier einsetzen, um wertvolle Insights zu gewinnen.
Details zu dem spannenden Thema gibt die Symanto Research GmbH auf dem DLG-Lebensmitteltag Sensorik, der am 19. August 2020 im DLG-Haus in Frankfurt stattfindet.
Zur Interpretation der Beobachtungen wurde die Tatsache genutzt, dass eine starke Abnahme der spezifischen Eiskristallgrenzfläche der Bildung von großen Kristallen entspricht. Die Lösung mit Fisch-ESP zeigte dabei die geringste Abnahme der spezifischen Grenzfläche, was sich mit kleinen Eiskristallen, einem geringen Kristallwachstum und so mit einer hohen Proteinaktivität gleichsetzen ließ. Während die Molkenproteinlösung wie erwartet eine Abnahme bewirkte, erreichten einzelne Fraktionen aus dem Roggengras immerhin 50 Prozent der Aktivität der Fisch-ESP.
Realbedingungen als Herausforderung
Inwiefern verändern Zucker, Fett und Emulgatoren in einem typischen Eismix die Strukturbildungsprozesse der Mikrosperrschichten? Zur Klärung dieser wichtigen Frage stellte das DIL-Team einen einfachen Standardmix her, den sie pasteurisierten und mit den ESP versetzten. Der Vergleich des Kristallwachstums über die spezifischen Grenzflächen ergab das gleiche Bild wie im Vorversuch. Demnach wirken die Roggen-ESP tatsächlich auch in einem realen Milieu. Damit nicht genug, denn es blieben auch negative Begleiterscheinungen wie eine höhere Eishärte aus. Offenbar können die ESP sogar die Sensorik verbessern. Dafür spricht eine weitere Untersuchung, bei der das Team den Proben zusätzlich pflanzliches oder tierisches Fett zusetzte und diese dann sensorisch bewerteten. Dabei erwies sich das Eis mit Roggen-ESP als deutlich cremiger als die Vergleichsprobe.
Die vielversprechenden Ergebnisse und die wirtschaftliche Bedeutung für die Tiefkühlkostindustrie haben dazu geführt, dass mit Unterstützung des europäischen EIT FoodKIC bereits ein Folgeprojekt läuft. Unter anderem soll darin untersucht werden, welche Roggenart sich unter welchen Anbau-, Ernte- und Gewinnungsbedingungen am besten zur Gewinnung von aktiven ESP eignet. Des Weiteren könnte es interessant sein, die Wirkung bei anderen Lebensmitteln zu testen − einerseits bei den vielen neuen veganen Eisalternativen und andererseits bei Backwaren und weiteren TK-Produkten.