Weniger Ausschuss
Movi-Q
Zur Erforschung einer mobilen und visuellen Qualitätserkennung startet am Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik (DIL) in Quakenbrück ein neues Forschungsprojekt: „Mobile visuelle Qualitätserkennung durch Künstliche Intelligenz für die Ernährungsindustrie“ (Movi-Q).
In der Ernährungsindustrie wird eine Vielzahl an Naturprodukten verarbeitet, die durch Fehlstellen für die Weiterverarbeitung oder den Verkauf nicht verwendet werden. Die äußeren Schadstellen werden dabei mit dem menschlichen Auge erfasst und händisch aussortiert. Die ressourcenintensive Sortierung ist anfällig für Fehlsortierungen und führt zu hohen Ausschüssen, um Qualitätsansprüche sicherzustellen. Zur Erforschung einer mobilen und visuellen Qualitätserkennung durch Künstliche Intelligenz startet am DIL Deutsches Institut für Lebensmitteltechnik e. V. in Quakenbrück aktuell ein Forschungsprojekt, bei dem geeignete Prototypen sowie entsprechende Leitfäden für Unternehmen der Ernährungsindustrie entwickelt werden, mit denen das Innovationspotenzial von Künstlicher Intelligenz
für die Qualitätssicherung in Betrieben demonstriert und erforscht werden soll.
In allen Bereichen der Produktion von Lebensmitteln nimmt die Erkennung von fehlerhaften oder mit Fehlstellen versehenen Rohwaren, Zwischen- und Endprodukten einen entscheidenden Faktor in der Qualitätskontrolle und -sicherstellung ein. Produkte, die durch Fehlstellen für die Weiterverarbeitung, den Verkauf oder in einer minderen Qualitätsklasse vertrieben werden, müssen gezielt ermittelt und aussortiert werden. In einem Großteil der Anwendungsfälle lassen sich die äußeren Schadstellen durch das menschliche Auge erfassen und werden manuell sortiert. Verfärbungen, Verformungen und Druckstellen bei Produkten sowie Stücke mit Hautresten, größere Fett- oder auch Knorpelbereiche an Fleischstücken speziell in der Fleischwirtschaft sind Sortierfaktoren. Auch bei den speziell geschulten Mitarbeitenden erfolgt die händische Sortierung subjektiv und ist anfällig für Fehlsortierungen. Fehlendes Know-how, ungenügende Datenlage und die schlechte Übertragbarkeit von Hardware und Software-Prototypen verhindern aktuell den flächendeckenden Einsatz von Technologien.
Nachhaltige Qualitätskontrolle
Während der Projektlaufzeit soll ein Soft- und Hardware-Prototyp entwickelt werden. Durch den Einsatz moderner Bildaufnahmetechnologien soll das gezielte Erkennen von Fehlstellen erfolgen. Mit der sogenannten Hyperspektralsensorik soll gegenüber klassischen Kameras eine höhere Erkennungsgenauigkeit für unterschiedliche Produkte erzielt werden. Die entsprechende Software soll dabei mit Künstlicher Intelligenz und Machine-Learning-Verfahren sowie modernen Transfer-Learning-Modellen entwickelt werden. Hierdurch wird eine Klassifizierungssystematik angestrebt, die in unterschiedlichen Bereichen der Lebensmittelindustrie und darüber hinaus einsetzbar sein soll. Der Prototyp soll eine mobile und modulare Einheit darstellen, die an unterschiedliche Produktionsprozesse eines Unternehmens angeschlossen werden kann.
Relevanz für die Wirtschaft
Nach der Anpassung des KI-Modells auf die spezifische Produktgruppe kann das System im Betrieb zur Fehlstellenerkennung im laufenden Prozess verwendet werden, sodass unterschiedliche Schadstellen klassifiziert werden und eine gezielte Prozesssteuerung vorgenommen werden kann. Für die größtenteils mittelständisch geprägte Lebensmittelindustrie hätte eine solche Anwendung ein großes Potenzial, da sie in nahezu allen Bereichen von der Fleischverarbeitung bis zur Obst- und Gemüseverarbeitung einsetzbar wäre. Derartige Anwendungen existieren derzeit nur in Form von Prototypen und spezifischen Insellösungen, sind in der Breite derzeit faktisch jedoch nicht vorhanden. Es fehlen überzeugende Demonstrationen der technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit in den Betrieben vor Ort, ebenso wie Vorreiter-Unternehmen und Best-Practice-Beispiele.
Das Forschungsprojekt Movi-Q
Das Projekt „Mobile visuelle Qualitätserkennung durch Künstliche Intelligenz für die Ernährungsindustrie“ (Movi-Q) wird finanziert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Das Projekt verfügt über eine Laufzeit von drei Jahren mit einer Fördersumme von mehr als einer Million Euro. Partner sind neben dem DIL, als Koordinator, das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH, die sionn. engineering GmbH. Weitere industrielle Partner sind die Sola Bonum GmbH, die Heidemark Mästerkreis GmbH sowie die Wernsing Feinkost GmbH.