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Zart durch Zellaufschluss

PEF-Technologie

aus: DLG-Lebensmittel 4/2021

Innovative Technologien finden immer mehr Anwendungsgebiete in der Lebensmittelindustrie. Eingesetzt werden diese, um beispielsweise die Produktqualität zu verbessern, Produktions­prozesse effizienter und nachhaltiger zu gestalten oder auch um neue Produkte herstellen zu können. Eine der wichtigsten Technologien ist die der gepulsten elektrischen Felder (Pulsed Electric Fields – PEF). In der kartoffelverarbeitenden Industrie ist der PEF-Prozess bereits fest etabliert, in der Fleischbranche hält er Einzug.

Bekannt ist die PEF-Technologie schon seit Ende des 19. Jahrhunderts. Die Behandlung von Lebensmitteln mit elektrischem Strom zeigte eine Veränderung der Zellstruktur. Die Neugierde der Wissenschaftler war geweckt, sodass im Laufe der Zeit viele Anwendungsbereiche im Lebensmittelsektor analysiert, Einflussparameter bestimmt und passende Anlagen entwickelt worden sind. Die Forschungsergebnisse stießen auch bei der Industrie auf reges Inte­resse, sodass die Anlagenentwicklung rasch vorangetrieben wurde und 2012 die erste industrielle Anlage installiert werden konnte. Seitdem verbreitet sich der Einsatz der PEF-Technologie immer weiter auf dem Lebensmittelmarkt. Derzeit industriereif und fest im Markt etabliert sind vor allem die Anwendungen im Snackbereich, in der Saftproduktion und der Extraktion.

Porenbildung

Der sogenannte PEF-Effekt beruht auf der induzierten Porenbildung in der Zelle. Jede Zelle ist von einer Mem­bran umgeben, die die natürliche Begrenzung der Zelle darstellt.

Durch das Anlegen einer externen Spannung in pulsierender Form kommt es zu einer Polarisierung der Zelle, da sich die Ionen entlang des elektrischen Feldes bewegen.

Diese Ionenbewegung bewirkt eine Kompression der Zellumrandung, die schließlich zu einer Porenbildung führt. Das Prinzip der Porenbildung durch PEF wird auch als Elektroporation bezeichnet.

Vorteile

In vielen Bereichen der Lebensmittelindustrie ergibt sich durch die Anwendung von PEF eine Vielzahl von prozess- und produktspezifischen Vorteilen. Auch im Bereich Fleisch zeigen sich viele Vorteile, angefangen von der Fleischzartmachung und Verbesserung des Schnittbildes über Pökellaken- und Marinadenaufnahme samt Injektion bis hin zur Prozessoptimierung bei der Herstellung von Rohwürsten und -schinken. Grundsätzlich kann jedes Teilstück des Fleisches sowie jede Tierart jeglichen Alters mit PEF behandelt werden. Der richtige Zeitpunkt für die erfolgreiche PEF-Behandlung im bestehenden Prozessablauf wird durch das Behandlungsziel festgelegt. Zum Zerlegen beispielsweise sollte die PEF-Behandlung früh im Prozess erfolgen, wobei für die Zartmachung einiger Teilstücke die Behandlung etwas später stattfinden sollte.

Bei bisherigen PEF-Anwendungen wurden die Produkte, wie z. B. Kartoffeln, in einem Wasserbad behandelt. Dieses ist nötig, um den Strom über das Wasser in die Kartoffel zu leiten. Bei der Anwendung von Fleisch ist eine Behandlung im Wasser aufgrund der möglichen Kontamination undenkbar. Aus diesem Grund wurde eine PEF-Behandlungseinheit mit andrückenden Elektroden entwickelt, bei der das Fleisch kontinuierlich ohne Wasser behandelt werden kann. Die Behandlungseinheit ist verbunden mit einem Generator, der bis zu 500 Hochspannungsimpulse pro Sekunde erzeugt. Je nach gewünschter Kapazität sind unterschiedliche Generatoren und Behandlungseinheiten verfügbar, sodass eine PEF-Anlage in nahezu allen Produktionen implementiert werden kann. Für kleinere Versuchszwecke steht ein diskontinuierliches Gerät zur Verfügung.

Die PEF-Systeme erfüllen alle erforderlichen Standards eines HACCP-Konzepts und sind nach natio­nalen und internationalen Standards zertifiziert. Die Steuerung kann zentral über eine Prozessleitwarte erfolgen und Prozessbedingungen dokumentieren.

Zartmachung

Einer der Hauptvorteile, die durch eine PEF-Behandlung von Fleisch erzielt werden kann, ist die Zartmachung von Fleisch. Beispielsweise eignet sich ein Stück Semerrolle oder generell kollagenhaltige Fleischsorten nicht als kurzgebratenes Stück Fleisch. Durch die Behandlung mit PEF können diese Fleischstücke zart und weich gemacht werden – ohne das Fleisch optisch zu verändern! Hervorzuheben ist hierbei, dass dieser Effekt ohne den Zusatz von Zartmachern, Chemikalien oder mechanischen Zartmachern erreicht werden kann. Die Texturanalyse verdeutlicht, dass die Schneidkraft, die benötigt wird, um ein Stück rohes Rindfleisch zu schneiden, bei einem PEF-behandelten Stück um 17 Prozent geringer ist als bei einem unbehandelten Stück Fleisch. Auch mikroskopische Aufnahmen stützen diesen Effekt und zeigen eine deutlich veränderte Struktur durch die Behandlung mit PEF.

Zurückzuführen ist dieser Effekt auf die Elektroporation. Durch die Poreninduktion wird die proteolytische Aktivität, die maßgeblich für die Zartmachung des Fleisches verantwortlich ist, positiv beeinflusst. Der durch PEF erzielte Zellaufschluss führt zu einer allgemeinen Verbesserung aller Massentransportprozesse. Ein Prozessschritt, bei dem der Massentransport eine wichtige Rolle spielt, ist das Tumbeln. Bei Versuchen mit Hähnchenbrust zeigte sich eine Zeitersparnis von 50 Prozent .

Die verbesserte Pökellakenaufnahme (auch nach Injektion) ermöglicht eine frühere Wiederbefüllung der Anlagen und eine damit einhergehende Erhöhung der Kapazität. Gleiches gilt in diesem Fall auch für die Auf- oder Einbringung von Marinaden jeglicher Art und Viskosität. Ziel dieser Anwendung ist, die Diffusion in das Fleisch zu beschleunigen. Es ist durch die PEF-induzierte Strukturveränderung aber auch möglich, die Diffusion aus dem Produkt zu beschleunigen. Dieser Prozess ist von Bedeutung bei der Herstellung von Rohwurst, um eine schnelle und auch gleichmäßige Abtrocknung des Produktes zu erzielen.

Bei der Rohwurstherstellung ergeben sich aber auch noch weitere Vorteile. Die Fermentation ist bei der Herstellung von Salami ein wichtiger Prozessschritt. Eine vorherige PEF-Behandlung der Starterkultur kann in diesen Stress induzieren, wodurch eine Stoffwechsel­aktivierung hervorgerufen wird. Diese Aktivierung bewirkt einen schnelleren pH-Abfall und somit eine beschleunigte Fermentation.

Bei der Verwendung von PEF zur Rohwurstherstellung werden Geschmack und Farbe nicht beeinflusst. Wie bei gepolterten und zusammengesetzten Erzeugnissen kann auch bei der Rohwurst ein bruchfreieres Schnittbild und ein verbessertes Schneiden beobachtet werden.

Fazit

Insgesamt betrachtet bietet die PEF-Technologie eine Vielzahl an Möglichkeiten für den gesamten Fleischbereich. Es gibt derzeit mehrere Ansatzpunkte für die Herstellung eines neuen, schnelleren und prozesseffizienteren Fleischproduktes. Beispiele sind hierbei die Verkürzung von Tumblingzeiten oder das Zartmachen von zähen Teilstücken. Aber auch die Verkürzung der Prozesszeiten bei der Herstellung von Rohwurst bietet die Möglichkeit einer Energieeinsparung. Die Darstellung der Einsatzmöglichkeiten der PEF-Technologie für die Fleischindustrie zeigt, wie wichtig diese ist, und stellt einen wegweisenden Schritt für die Zukunft dar.

Kontakt:
Dr. Claudia Siemer, Biotechnologin
Johannes Pfeiffer Sales Manager, Elea Technology GmbH, Quakenbrück
info@elea-technology.com
www.elea-technology.de