Beurteilung des Genusswertes in den DLG-Qualitätsprüfungen
DLG-Expertenwissen 10/2015
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Autoren:
Prof. i.R. Dr. Goetz Hildebrandt, Institut für Lebensmittelhygiene
Goetz.Hildebrandt@fu-berlin.de
Jörg Jacob, Leipzig
H.JoergJacob@t-online.de
Bianca Schneider-Häder, DLG-Fachzentrum Lebensmittel
Sensorik@DLG.org
Britta Loewe-Stanienda, DLG-Testzentrum Lebensmittel
B.Loewe-Stanienda@DLG.org
Einleitung
Seit der ersten Lebensmittelprüfung im Jahr 1891 hat das DLG-Prämierungssystem einen hohen Bekanntheitsgrad in der Verbraucherschaft erworben. Hieraus resultiert die Verpflichtung, dass sich sowohl die theoretische Grundlage als auch die praktische Durchführung der DLG-Qualitätsprüfungen einer kritischen Öffentlichkeit stellen müssen. Bei entsprechenden Diskussionen werden gerade hinsichtlich der sensorischen Untersuchung und Bewertung immer wieder die gleichen Fragen angesprochen. Diese Punkte werden im Folgenden als in sich abgeschlossene Themenkomplexe formuliert und abgehandelt. Zugleich sind die einzelnen Abschnitte in einer logischen Reihenfolge geordnet und bauen aufeinander auf.
Sinnenprüfung/Verkostung als neutrale Orientierungshilfe für den Verbraucher
Nach naturwissenschaftlichen Kriterien dient ein Lebensmittel sowohl der Ernährung als auch dem Genuss. Ob uns ein Lebensmittel Genuss bereitet, wird überwiegend durch die Merkmale Aussehen, Konsistenz, Geruch und Geschmack bestimmt. Wegen der intensiven Eigen- und Fremdkontrollen erfüllen Lebensmittel im Allgemeinen die Anforderungen an die Produktzusammensetzung und -sicherheit, doch kann der Verbraucher nicht davon ausgehen, dass sie ihm zugleich auch schmecken, oder anders ausgedrückt, ihr Genusswert seinen Ansprüchen genügt. Hier greift die amtliche Überwachung nur bei erheblichen Abweichungen ein, geringere Mängel bleiben unbeanstandet. Die Qualitätstests von NGOs, Zeitschriften, TV-Sendern oder Verbraucherorganisationen schließen zwar eine sensorische Prüfung oftmals ein, doch beschränken sie sich nur auf einzelne Erzeugnisse. Es fehlt demnach eine Instanz, die den Konsumenten objektiv über den für ihn so wesentlichen Genusswert einer Vielzahl von Lebensmittelsorten möglichst vieler Hersteller informiert und auf diese Weise bei seiner Kaufentscheidung unterstützt. Durch die Verbindung eines leicht verständlichen Prämierungssystems mit einer Kernkompetenz bei der sensorischen Prüfung hat sich die DLG als traditionsreiches Test-Institut dieser gemeinnützigen Aufgabe angenommen. Dabei testet die DLG im Rahmen der jährlichen Internationalen DLG-Qualitätsprüfungen verarbeitete Lebensmittel aus allen Bereichen der konventionellen Herstellung, aber auch Bioprodukte und Seniorenverpflegung.
Objektivität, Sachkunde und innerer Standard
Trotz aller Bemühungen mit elektronischen Nasen und Zungen sowie anderen Analysegeräten kann eine authentische und ganzheitliche Beurteilung des Genusswertes allein vom Menschen selbst auf Grund einer Sinnenprüfung erfolgen. Das Erfassen, Beschreiben und Bewerten des sensorischen Profils wäre demnach durch geeignete Prüfpersonen vorzunehmen. Um einen möglichst neutralen und zugleich sachgerechten Befund einschließlich seiner Auswertung zu gewährleisten, bedient sich die DLG ausgewiesener Experten. Derartige Experten müssen nicht nur geübte, in Theorie und Praxis der Sinnenprüfung versierte Spezialisten sein (= Sensoriker), sondern sie sollen sich auch durch eine produktbezogene Sachkunde auszeichnen (= Sachverständige). Diese Kenntnisse definieren sich als profundes Wissen über die Herstellung, Eigenschaften und Marktfähigkeit der getesteten Erzeugnisse. Wie eine DIN-Norm formuliert, soll sich hieraus ein – überwiegend durch Berufserfahrung, Schulung und Weiterbildung erworbener – repräsentativer und aktueller, verinnerlichter Standard hinsichtlich der allgemeinen Verkehrsauffassung der sensorischen Qualität der zu prüfenden Lebensmittel ergeben. Durch diesen „Inneren Standard“ wird dem Experten ein objektiver Vergleich zwischen Qualitätsanspruch und dessen Realisation ermöglicht. Dass die Überprüfung von Lebensmitteln auf Genussfähigkeit durch die staatlichen Untersuchungsämter nach dem gleichen Prinzip, nämlich der Beurteilung anhand eines fachlich fundierten „Inneren Standards“, abläuft, bestätigt die wissenschaftliche Seriosität der DLG-Methode.
Ist es nicht wider die menschliche, emotionsbestimmte Natur, von einem Experten absolute Neutralität bei der Bewertung des Genusswertes zu verlangen? Die Antwort lautet „nein“, denn die Fähigkeit zur Objektivität resultiert aus dem wesentlichen Merkmal unserer Intelligenz, persönliche Impulse zu hemmen und sich in die Perspektive anderer hineinzuversetzen (sog. Theorie des Geistes). Und nichts weniger als eine Anwendung der menschlichen Intelligenz, nämlich der kulinarischen Intelligenz, wird beim sensorischen Experten-Gutachten gefordert. Neben der Wahrnehmung und Berücksichtigung üblicher Konsumgewohnheiten verlangt Neutralität auch die Bereitschaft, aus sich selbst herauszutreten und die eigene Auffassung gegebenenfalls zu relativieren oder gar den persönlichen „Inneren Standard“ zu korrigieren.
Förderung der Vielfalt von Lebensmitteln
In einer freien Marktwirtschaft gehört eine gewisse Variabilität der sensorischen Merkmale innerhalb einer Lebensmittelsorte zum Wettbewerb, denn nur Differenzierung ermöglicht dem Verbraucher eine gezielte, auf seine Bedürfnisse zugeschnittene Auswahl. Deshalb soll ein Experte bei der Prüfung auch die eigenen, konkreten Vorlieben unterdrücken. Sein „Innerer Standard“ muss vielmehr die gesamte „hedonische Bandbreite“ als Maßstab berücksichtigen. Diese Bezugsgröße lässt sich definieren als zutreffende Vorstellung von der Gesamtheit (Cluster) einwandfreier, in sämtlichen sensorischen Eigenschaften der allgemeinen Verkehrsauffassung genügenden Proben einer Sorte. Da es nicht das einzig wahre Produkt für alle Konsumenten gibt, wird beispielsweise ein DLG-Experte auch nie die Frage beantworten, welchen der zwei Marktführer coffeinhaltiger Erfrischungsgetränke er dem Verbraucher aus sensorischer Sicht empfiehlt. Ohne objektivierbare Mängel erfüllen offenbar beide Varianten den allgemeinen Sortenstandard für derartige Lebensmittel und haben trotz sensorischer Unterschiede in der Qualitätsprüfung als gleichwertig zu gelten. Entsprechendes gilt für die Ausprägungen „zart schmelzend“ oder „bissfest“ als Alleinstellungsmerkmale bei Milchschokolade, während Bitterschokolade nicht sofort im Mund zergehen darf. Somit hängt die Eignung einer Prüfperson entscheidend von ihrer Fähigkeit ab, zwischen erwünschter Vielfalt und unerwünschter Abweichung von der Verbrauchererwartung unterscheiden zu können.
Mehr als eine Sinnenprüfung
Bei einer Sinnenprüfung fallen nicht nur Informationen über den Genusswert eines Lebensmittels an, auch andere Merkmale lassen sich ohne analytischen Aufwand erfassen. So werden über die Ermittlung des sensorischen Profils hinaus auch die Kennzeichnung hinsichtlich ihrer Rechtskonformität, der Zustand der Verpackung sowie die Plausibilität von Zubereitungshinweisen simultan überprüft. Weiterhin werden bei bestimmten Lebensmittelsorten begleitende obligatorische Laboruntersuchungen durchgeführt. Unabhängig davon werden entsprechende Analysen vorgenommen, falls sich beim sensorischen Test einer Probe der Verdacht auf Gesundheitsgefährdung oder Täuschung ergibt. Sofern es sich dabei um komplizierte Verfahren handelt, werden geeignete Vertragspartner beauftragt.
Gemäß Zulassungsbestimmungen dürfen nur Erzeugnisse eingesendet werden, die den einschlägigen nationalen sowie EU-Bestimmungen sowie den DLG-Prüfauflagen genügen. Somit erfolgt die Prämierung unter Vorbehalt, und bei Verstößen gegen die genannten Vorgaben können die Preise aberkannt werden.
Einheitliche Regeln für die Vergabe von DLG-Medaillen
Der Maßstab, an dem die Beschaffenheit einer Lebensmittelprobe bei der DLG-Qualitätsprüfung gemessen wird, ist die Vorstellung („Innerer Standard“) von einem in Aussehen, Konsistenz, Geruch und Geschmack abgerundeten und stimmigen Produkt. Abweichungen vom Bereich der handwerklichen Perfektion, der sog. hedonischen Bandbreite, gelten als Fehler. Eine solche Ausrichtung auf Negativabweichungen vom optimalen Qualitätsstandard ist konkreter und objektiver als der Versuch, eine Bewertung teilweise oder gar ausschließlich über Positiv-Attribute (z. B. „ansprechende Aufmachung, „sortenspezifische Textur“ oder „fein-herbes Aroma“) abzuleiten.
Im Rahmen einer DLG-Qualitätsprüfung müssen also bestehende Produktmängel von den Prüfpersonen erkannt und exakt benannt werden. Wegen dieser konkreten Fehleransprache fällt der DLG-Test unter die Kategorie der „beschreibenden Prüfungen“. Weist ein Produkt sensorisch manifeste Normabweichungen auf, werden von der für einwandfreie Erzeugnisse vorgegebenen Maximalpunktzahl (5 Punkte) nach verbindlichen Rechenregeln Punkte abgezogen. Dabei erfolgt eine Gewichtung des Fehlers nach seiner Bedeutung einerseits (Abweichungen im Geschmack sind z. B. gravierender als solche im äußeren Erscheinungsbild) sowie nach der Intensität seiner Ausprägung („Skalierung“) andererseits. Aus der erzielten Gesamtpunktzahl ergibt sich dann die Qualitätseinstufung Gold, Silber, Bronze oder „nicht prämiert“. So würde eine geringfügige Abweichung im Geschmack (z. B. etwas „fettig“) oder ein merklicher Konsistenzmangel (z. B. „gummiartig“) bei einer Bockwurst zur Silbermedaille führen, während ein merklicher Fehler im Aussehen (z. B. „vergrauend“) einen Bronzenen Preis bedingt. Weil eine solche Medaillenvergabe eine Güteklassifizierung bedeutet, gehört der DLG- Test gemäß wissenschaftlichem Sprachgebrauch zu den „beschreibenden Prüfungen mit integrierter Bewertung“.
Prüfbefunde als Grundlage der Produktoptimierung
Für jeden Einsender bildet eine Gold-Medaille die Bestätigung seiner fachlichen Qualifikation, die er mit der entsprechenden Urkunde für ein fehlerfreies Erzeugnis auch dem Kunden gegenüber dokumentieren kann. Wurden jedoch Produktmängel festgestellt, kann er selbst bei einer Silbernen Medaille (= geringfügige Abweichung) nicht zur Tagesordnung übergehen, sondern sollte sich mit dem Prüfbericht, der den Rang eines Experten-Gutachtens besitzt, intensiv auseinandersetzen. Zum Verständnis des Befundes hilft ihm die Normierung der Fehleransprachen, d. h. die für ein Lebensmittel möglichen Mängel wurden definiert und im DLG-Prüfprotokoll als Liste zusammengestellt. Bei der Prüfung müssen dann die Experten nur noch den angemessenen Ausdruck für eine identifizierte Abweichung auswählen. Durch dieses Standardvokabular („wording“) soll erreicht werden, dass alle Beteiligten unter dem gleichen Begriff das Gleiche verstehen. Natürlich können die Juroren auch ergänzende oder präzisierende Anmerkungen vornehmen.
Werden im Experten-Gutachten Mängel aufgezeigt, muss sich der Einsender zunächst entscheiden, ob er dennoch bei seiner Linie bleibt oder ob er die Beanstandung akzeptiert. Will er den Mangel beheben, ermöglicht ihm die klare und eindeutige Fehlerbeschreibung, gezielt in den Herstellungsprozess oder die Rezeptur einzugreifen. Bei dieser Korrektur steht die gesamte Konzeption des Lebensmittels auf dem Prüfstand, weil sich die Sinnenprüfung nicht nur auf Geruch und Geschmack beschränkt, sondern auch die Konsistenz sowie das äußere und innere Erscheinungsbild einschließlich der Zusammensetzung umfasst und sich diese Merkmale oft gegenseitig beeinflussen. Ohne Zweifel enthalten auch chemische, physikalische oder mikrobiologische Analysen wesentliche Informationen, aber kein anderes Untersuchungsverfahren liefert für verkehrsfähige Lebensmittel einen derart komplexen Befund wie die Sensorik. Deshalb lässt sich der Genusswert auch als „die Seele eines Erzeugnisses“ bezeichnen.
Die Frage nach dem „gewissen Extra“
Immer wieder hat es Bestrebungen gegeben, nicht nur das fehlerfreie Produkt mit Gold zu prämieren, sondern darüber hinaus Proben mit dem „gewissen Extra“ zusätzlich auszuzeichnen. Ihre Einzigartigkeit könnte aus einer besonderen Rohstoffauswahl, Rezeptur, Herstellungsweise oder Präsentation resultieren. So spektakulär und publikumswirksam Preise wie „best of the show“ oder „Spitze der Spitze“ auch sein mögen, ließe sich im normierten DLG-Bewertungssystem jedoch eine „mehr als einwandfreie“ Beschaffenheit zu selten für den Konsumenten und die Mitbewerber nachvollziehbar begründen. Leicht wäre die Grenze zur individuellen Beliebtheitsprüfung überschritten, was umso mehr gilt, als die übliche Definition des Experten keinen objektiven „Inneren Standard“ für das „als außergewöhnlich positiv Empfundene“ verlangt und auch nicht verlangen kann. Bei deutschem Wein mit seiner oft sinnbildhaften Merkmalsansprache werden Sonderpreise durch ein eigenes Prüferpanel vergeben, um eine Vergleichbarkeit mit anderen Gütesiegeln zu gewährleisten.
Ein Experte reicht nicht
Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit eines sensorischen Prüfergebnisses stehen und fallen mit der Güte des „Inneren Standards“ der Experten. Diese Personen müssen objektive Kriterien für das sensorische Profil eines Lebensmittels, das die allgemeinen Ansprüche erfüllt und nicht nur den jeweiligen persönlichen Präferenzen genügt, besitzen. Allerdings wäre die Forderung, dass die Vorstellungen vom Cluster fehlerfreier Produkte bei sämtlichen Experten absolut deckungsgleich sind, völlig unrealistisch. Der „Innere Standard“ besitzt vielmehr eine individuelle Variation, die um so größer ausfällt, je komplexer ein Lebensmittel zusammengesetzt ist. Solche Divergenzen verlieren an Bedeutung, wenn mehrere Experten für die Beschreibung und Bewertung einer Probe eingesetzt werden. In Abhängigkeit von der Art des Lebensmittels und der Verfügbarkeit von Prüfern arbeiten 3, 5 oder 10 Personen in einer Gruppe zusammen. Unabhängig von den anderen beurteilt jeder Experte zunächst das Lebensmittel für sich allein. Ergibt die Auswertung der Prüfbögen keine Übereinstimmung der Befunde, tritt die Gruppe zusammen und diskutiert strittige Punkte mit dem Ziel einer Konsensfindung. Im Vergleich zu einer völlig getrennten Einzelbewertung lässt sich auf diese Weise das Prüfergebnis stabilisieren.
Erwartungen der Verbraucher und ihre Bedeutung für die DLG-Qualitätsprüfung
Die Objektivität der DLG-Qualitätsprüfungen wird durch den Einsatz von Experten als Prüfer gewährleistet. Neben ihren sensorischen Fähigkeiten definieren sich diese Personen durch einen repräsentativen und aktuellen, verinnerlichten Standard hinsichtlich der allgemein üblichen Anforderungen an den Genusswert eines Lebensmittels. Ein solches produktbezogenes Idealbild wird überwiegend durch Berufserfahrung, Schulung und Weiterbildung erworben und umfasst die Bandbreite perfekter Erzeugnisse. Im Gegensatz zu Sachverständigen aus Herstellung, Handel, Überwachung und Wissenschaft besitzt der „Normalverbraucher“ dieses Hintergrundwissen nicht. Er folgt vielmehr seinen eigenen, subjektiven Vorstellungen und kann deshalb nur für Beliebtheitsprüfungen eingesetzt werden, bei denen mit Hilfe großer Probandenzahlen die Marktchancen von Erzeugnissen getestet werden. Aber auch ohne konkretes Einbeziehen ungeschulter Konsumenten in die DLG-Prüfung steht deren Erwartung im Fokus. Denn nur ein Experte, der die Präferenzen der Kundschaft repräsentativ einzuschätzen vermag und danach seine Bewertung ausrichtet, verdient diese Bezeichnung.
Maßnahmen zur Sicherung der Qualität des Prüfgeschehens
Freiwillige Prüfungen, wie die DLG-Qualitätsprüfungen, können nur erfolgreich sein, wenn sowohl ihre Kunden, d. h. die einsendenden Hersteller, als auch die Adressaten, d. h. die Verbraucher, dem Untersuchungs- und Bewertungssystem vertrauen. Um Glaubwürdigkeit zu erreichen, werden die organisatorischen Strukturen ständig überarbeitet, die Prüferschulung und -auswahl perfektioniert sowie die wissenschaftlichen Grundlagen neuen Erkenntnissen angepasst. Als Beleg für diese Bemühungen gelang es, die DLG-Prüfmethodik nach ISO und DIN zu zertifizieren. Die Ausbildung und Berufung geeigneter Personen zum zertifizierten DLG-Experten liegt im Eigeninteresse vieler Betriebe und Untersuchungsstätten einschließlich der amtlichen Überwachung.
Eine ganz wesentliche organisatorische Maßnahme betrifft das Anonymisieren der Proben, d. h. die Lebensmittel werden ohne Kenntnis des Herstellers, der Marke oder des Preises geprüft. Weitere wichtige Management-Elemente sind u. a. die Verwendung normierter Protokolle mit definierten Fehleransprachen, die Prüfereinweisung und Untersuchung von Ausrichteproben zu Beginn der Veranstaltung, die Überprüfung von Reserveproben in Zweifelsfällen sowie die Supervision durch Prüfgruppenleiter und Prüfungsbevollmächtigte einschließlich einer Prüferbewertung. Darüber hinaus findet eine stichprobenartige Nachprüfung von Produkten durch Vertragslabore statt, um möglichen Sonderanfertigungen auf die Spur zu kommen. Dass es hierbei kaum Anzeichen für Manipulationen gibt, ist insoweit plausibel, als solche Täuschungen einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordern und zudem aus Mangel an entsprechender Erfahrung eher misslingen. Während zu Beginn der DLG-Qualitätsprüfungen allein die individuelle Berufserfahrung der Experten zur Legitimation ihrer Bewertungen ausreichte, verlangt die moderne Sensorik eine Absicherung in Form eines soliden wissenschaftlichen Fundaments. Als angemessene Lösung für eine beschreibende Prüfung mit integrierter Bewertung, wie sie vergleichende Qualitätstests verlangen, wurde ein zweistufiges Vorgehen aus Einzelprüfung und anschließender Gruppenkonsensfindung entwickelt. Zahlreiche DLG-Experten aus der Wissenschaft, ein eigener Sensorik-Ausschuss, die Veranstaltung wissenschaftlicher Seminare und Kongresse sowie die Vergabe von Forschungsaufträgen gewährleisten, dass dieses Konzept ständig auf dem Prüfstand steht.
Alleinstellungsmerkmale der DLG-Qualitätsprüfung
Ursprünglich zur Verbesserung der Qualität deutscher landwirtschaftlicher Produkte geschaffen, haben die DLG-Qualitätsprüfungen nicht nur wachsenden Zuspruch bei heimischen Produzenten zu verzeichnen, sondern sie gewinnen auch außerhalb der Bundesrepublik an Bedeutung. Diese internationale Anerkennung manifestiert sich einerseits in der Einsendung von Proben ausländischer Hersteller, andererseits in der Durchführung von Qualitätsprüfungen vor Ort, z. B. in Tschechien oder Japan. Ein solcher Erfolg motiviert zur Nachahmung, meist auf regionaler Ebene und ohne Zertifikat der Veranstalter. Die kaum überschaubare Zahl an Produktwettbewerben bedient sich stets des Konzepts, der Organisationsprinzipien und möglichst auch der Mitbeteiligung von Experten der DLG. Selbst wenn vereinzelte Modifikationen vorgenommen werden (Einsatz von Laienprüfern oder Pokale statt Medaillen), findet keine eigenständige Weiterentwicklung des Prüfwesens statt. Nur bei der DLG sorgt ein Stamm hauptamtlicher Mitarbeiter im ständigen Dialog mit zahlreichen ehrenamtlichen Experten aus Wirtschaft, Überwachung und Forschung dafür, dass neue Erkenntnisse bei den sensorischen Qualitätsprüfungen aktuell und praxisgerecht umgesetzt werden. Durch diese ständige Verbesserung wird die DLG auch weiterhin den Standard für Qualitätsprüfungen vorgeben.
Weiterführende Literatur
Hildebrandt, G., Jacob, J., Loewe-Stanienda, B., Oehlenschläger, J. und Schneider-Häder, B. (2012): Descriptive sensory analysis with integrated quality rating as a tool for quality testing of commercial food products. Journal of Food Safety and Food Quality 63 (5), 155-162