Provisorium (1884/1885)
In Bonn verwandelte sich Eyths Wohnung in eine Geschäftsstelle. Hilfskräfte wurden zur Bewältigung der Korrepondenz eingestellt und von Eyth aus eigener Tasche bezahlt. Im November 1884 war das tausendste Mitglied gewonnen, und wo andere sich zurückgelehnt hätten, intensivierte Eyth die aufklärende Arbeit. Er wandte sich an alle landwirtschaftlichen Hochschulen des Reichs und bat, ihm die Namen der Absolventen aus den Jahren 1860 bis 1880 mitzuteilen. Was heutzutage aus Datenschutzgründen unmöglich ist, bereitete 1884 keine Probleme. Bereitwillig öffneten die Hochschulen ihre Karteien, so konnten die Absolventen persönlich angeschrieben und zur Mitgliedschaft eingeladen werden.
Zu einem der wichtigsten Mitstreiter Eyths wurde 1884 Albert Schultz-Lupitz, einer der bekanntesten Landwirte jener Zeit. Als rigoroser Streiter für eine sachgerechte mineralische Düngung hatte er sich einen Namen gemacht. Nun stellte er sich an die Seite Eyths und verschaffte der Gesellschaft bereits vor der Gründung Kompetenz auf einem schwierigen Feld, das die Landwirte sehr beschäftigte. Hier wie auch sonst zeigte sich Eyth als Meister, wenn es darum ging, anerkannte Persönlichkeiten für seine Sache zu gewinnen. Bundespräsident Theodor Heuss sah darin den Schlüssel für Eyths Erfolg. 1956, anlässlich des 50. Todestags von Eyth, formulierte Heuss dies so: „Seine Meisterschaft liegt nicht in dem, was er mit Eisen und Dampf, mit Pflügen und Pumpen, mit Schrauben und Kolben, mit Scheiben und Bolzen fertig bringt, sondern darin, wie er einen viel schwierigeren Stoff als Stahl, Wasser und Bodenkrume, wie er Menschen, und zumal deutsche Menschen, modeln, zu seinem Willen gewinnen, überreden, fast zwingen kann.“
Einige Male gelang es Eyth, ältere andere landwirtschaftliche Vereine zum kollektiven Beitritt zu veranlassen. Der „Kongress der Landwirte“ und die „Ackerbaugesellschaft“ schlossen sich mit ihren Mitgliedern „seiner“ Gesellschaft an, darunter zahlreiche renommierte Landwirte. Am 28. September 1885 war das Ziel, 2500 Mitglieder, erreicht. Statt in zwei Jahren konnte das Provisorium in exakt 16 Monaten und 14 Tagen für beendet erklärt werden und auch diesmal hatte Eyth die passende Losung parat: „Das ist’s, keine Ruhe darf man der trägen Menschheit lassen.“
(kh)
Kapitelübersicht:
- Die Vorgeschichte der DLG-Gründung
- Die Gründung der DLG (1885) und erste Aktivitäten
- Die ersten Jahre nach der Gründung
- Die Logos der DLG
- Die ersten Abteilungen und Ausschüsse (ab 1886)
- Die Ausstellungen der DLG - Motor des technischen Fortschritts
- Das Jahrzehnt des Um- und Aufbruchs (1890-1900)
- Die Anfänge der DLG-Lebensmittelprüfungen