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Bereich Ökonomie und Innovation

DLG-Nachhaltigkeitsbericht 2016

Erläuterung:

Eine Überprüfung der Zeitreihe „Nettoanlageinvestitionen“ (Indikator 14) zeigt, dass die Daten der ausgewählten Zeitreihe aus dem Statistischen Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft und Forsten eine ähnliche Entwicklung zeigt wie die Daten aus der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) des Statistischen Bundesamts. Nettoinvestitionen stellen eine Erweiterung des Kapitalstocks bzw. des volkswirtschaftlichen Produktionspotenzials dar. Dabei wird unterstellt, dass Ersatzinvestitionen (= Abschreibungen) getätigt werden, um den Kapitalstock zu erhalten. Denn in der Produktion verschlissene Anlagen müssen laufend ersetzt werden, wenn das Produktionsniveau in der Zukunft nicht sinken soll (HENRICHSMEYER et al., 1977). Daraus wird deutlich, dass ein wachsender Wirtschaftssektor in der Regel Nettoinvestitionen tätigt. Im Umkehrschluss sind negative Nettoinvestitionen als ein Indikator fehlender Existenz- und Entwicklungsfähigkeit von landwirtschaftlichen Betrieben anzusehen. Schmitt (1996) weist in einer Analyse der Vollerwerbsbetriebe darauf hin, dass kleinere Betriebe in Unsicherheit über die Betriebsweiterführung oder auch in Erwartung der Betriebsaufgabe oftmals negative Nettoinvestitionen aufweisen. Dies trifft insbesondere für ältere Betriebsinhaber (> 45 Jahre) zu, die bei einer ungeklärten Betriebsweiterführung (Nachfolge, Nebenerwerb) zu einer geringeren Nettoinvestition neigen. Hinzu kommt die in der Regel niedrigere Investitionstätigkeit von Nebenerwerbsbetrieben, die im Agrarbericht ebenfalls negative Nettoinvestitionen ausweisen. Auch bei dieser Bewirtschaftungsform ist zu vermuten, dass vielfach die unsichere Weiterführung des Betriebs in der Zukunft verantwortlich für ein zurückhaltendes Investitionsverhalten der Betriebsleiter ist. Da in Deutschland 50 % der landwirtschaftlichen Betriebe im Nebenerwerb produzieren und einen Flächenanteil von 26 % bewirtschaften, haben diese einen erheblichen Einfluss auf den Gesamtwert der Nettoinvestitionen der deutschen Landwirtschaft.

Zudem verzeichnet die Betriebsstatistik erst ab der Größenklasse 100 – 200 ha LF eine wachsende Zahl von Betrieben. Von insgesamt 300.000 landwirtschaftlichen Betrieben verfügen derzeit nur 10 % über mehr als 100 ha bewirtschaftete Fläche. Allerdings bewirtschaften diese 10 % der Betriebe rund 55 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland. Aber auch die Zahl der Betriebe mit > 1.000 ha LF ist im Jahr 2010 um 3,4 % gegenüber dem Jahr 2007 zurückgegangen. Diese Zahlen verdeutlichen einen ausgeprägten Strukturwandel in der Landwirtschaft mit einer hohen Zahl auslaufender Betriebe, unabhängig von der sozio-ökonomischen Betriebsstruktur.

Erst eine gesonderte Auswertung der Buchführungsergebnisse des BMEL zum Investitionsverhalten von Landwirten sowie eine Analyse der Entwicklung der sozio-ökonomischen Struktur und des Strukturwandels kann eine umfassendere Erklärung zu den Nettoinvestitionen des Agrarsektors geben.

Indikator 14: Anlageinvestitionen

Bei Investitionen handelt es sich in der Regel um Erweiterungen und/oder qualitative Verbesserungen des vorhandenen Kapitalstocks in Form von Maschinen, Geräten und Bauten. Sie sind langfristig angelegt und erhöhen die Arbeitsproduktivität und das Realeinkommen der investierenden Wirtschaftsbereiche. Solche Investitionen werden vorgenommen, wenn die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung der Branche als positiv eingeschätzt wird und genügend Liquidität zur Beschaffung von Investitionsgütern zur Verfügung steht. Von diesen Erweiterungsinvestitionen zu unterscheiden sind die reinen Erhaltungsinvestitionen, bei denen gerade so viel investiert wird, um die Abschreibung an Maschinen, Geräten und Bauten auszugleichen. Fallen die Abschreibungen sogar höher aus als die Bruttoinvestitionen, ergeben sich negative Nettoinvestitionen, wie sie in Abbildung 14.1 in zehn von zwölf Jahren seit 2002 zu beobachten sind. Diese Aussage gilt für die Landwirtschaft insgesamt, also für aufstockende, abstockende und aufgebende Betriebe. Insbesondere Letztere nehmen bis zur Aufgabe häufig keine Investitionen in Gebäude und Maschinen mehr vor, so dass sich für diese Gruppe der Kapitalstock verringert. Im Gegensatz dazu gilt für die verbleibenden und in der Regel aufstockenden Haupterwerbsbetriebe, dass sich ihre Nettoanlageinvestitionen positiv darstellen und seit der Jahrtausendwende mit kurzen konjunkturbedingten Einbrüchen sogar deutlich wachsen (Abb. 14.2). Bezieht man den Kapitaleinsatz auf die Zahl der Erwerbstätigen (= Kapitalintensität), gehören Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei zu den kapitalintensivsten Sektoren der deutschen Volkswirtschaft.

Kontakt

DLG-Fachzentrum Landwirtschaft • Erik Guttulsröd • Tel.: +49(0)69/24788-302  e.guttulsroed@dlg.org